„Was ist des Lebens Sinn? Sag an!“
sprach einst ein Jüngling zu dem Mann.
„Du musst es wissen, denn Du hast
getragen des Soldaten Last.
Du hast gesehen manchen Toten,
manch schrecklich Bild hat Dir geboten,
der Tod mit seinem Sensenschnitt.
Sag, nimmt der alle Hoffnung mit?“
„Ich weiß es nicht,“
sagt ihm der Mann nach kurzem Überlegen dann,
„ich halte mich nur an das Leben,
möcht gerne Dir ein Trostwort geben.
Zum Pfarrer geht der Junge dann
und fängt dort auch zu fragen an:
„Wohin, o Herr, geht diese Zeit?“
„Mein Sohn“, spricht der, „zur Ewigkeit.“
„Doch sag, was ist des Lebens Ziel?“
„Mein lieber Freund, Du fragst gar viel,
Gott ist Dein Ziel nach dieser Zeit,
dem Leben folgt die Ewigkeit.“
Zur Mutter geht der Junge nun:
„Sag, Mutter, was soll ich denn tun,
damit ich nach dem Leben hier,
gelange zu des Himmels Tür?“
„Tue was Dir Dein Gewissen sagt,
und Dich nicht mehr mit Fragen plag.
Ich hab Dich lieb, das glaube mir,
lieb so auch Gott, er geht mit Dir,
dann wirst Du niemals irre gehn
und mich im Himmel wiedersehn.
Mit Freude nimmt der Jüngling dann,
die alte Mutter in den Arm,
sinkt ruhig an die treue Brust,
welch Seligkeit, welch edle Lust.
Die Mutter kennt stets Deine Sorgen,
sie kennt das Gestern und das Morgen,
dem Rat der Mutter kannst Du trauen,
dann wirst Du Deinen Himmel schauen,
nimm ihn in Einfalt ruhig hin,
denn er zeigt Dir des Lebens Sinn.
Gedicht von Walter Bier
(Briefbot Walter)
1967-68