Es liegt ein Ahnen über´m Land
wie Nebel überm Wiesengrund,
das Herz dem Herzen zugewandt,
ein schelmisch Lächeln um den Mund.
Die Kinder staunend stehenbleiben,
wenn sie marschieren durch die Stadt,
an hell erleuchtet großen Scheiben,
da drücken sie die Näschen platt.
Sieh da, ein arbeitsamer Mann
geht schweren Sinnes durch die Straßen,
der keine Lust empfinden kann,
weil man ihn gerade jetzt entlassen,
als er im Hinblick auf das Fest
sich nach Geschenken schaute um,
die Lippen er zusammenpreßt
und immer fragt er barsch: „Warum
verlor gerade ich die Arbeit?
Ich habe nie den Dienst versäumt.
Ich hatte nie mit jemand Streit.
Nie hätte ich mir das geträumt.“
Da klopft ihm jemand auf den Rücken.
Er dreht sich um, gedankenschwer.
Erstaunt und dennoch mit Entzücken
fragt er dann lächelnd: „Wo kommst Du her?“
Vor ihm da steht sein Jugendfreund,
den er seit langem nicht gesehn,
mit dem´s das Schicksal gut gemeint,
der weiß bald, was mit ihm geschehn.
Als würde ihn sein Leid nicht kümmern,
so scheidet bald sein Freund von hinnen,
noch trüber wird´s dem Mann im Innern.
Was soll der Arme nun beginnen?
Drei Tage vor dem Weihnachtsfest
erhält er eine kurze Post,
die ihn den Schmerz vergessen läßt
und seinem Herzen spendet Trost.
Der Freund teilt mit, daß Arbeit er
für ihn schon hat gefunden.
Der Mann erwidert: Danke sehr,
bleib immer Dir verbunden.
Doch der schreibt schelmisch ihm zurück:
Was ist denn schon geschehen,
Du hast beim Christkind eben Glück,
zu ihm mußt Du jetzt gehen.
Wir alle sind in seiner Hand
und wenn wir ihm vertrauen
wird nie ein Menschenaug´ im Land
zur Weihnacht Tränen schauen.
Gedichte von Walter Bier
(Briefbot Walter)
1967-68