Liebe Mitbürgerinnen und Mitbürger,
heute möchte ich Sie noch über die vor Kurzem vollzogene Einweihung des HOCHWASSERRÜCKHALTEBECKENS TREIS (HRB) informieren. Dieses Becken ist nicht nur ein technisches Meisterwerk, sondern auch ein Symbol des Einsatzes aller Kommunen des Lumdatals, unsere Region vor den Auswirkungen extremer Wetterlagen und des Klimawandels zu schützen.
Die Notwendigkeit solcher Maßnahmen wird durch die jüngsten Ereignisse eindrücklich unterstrichen. Im Jahr 2024 führten extreme Unwetter zu Gesamtschäden von etwa 320 Milliarden Euro. Solche Zahlen machen deutlich, dass der Klimawandel nicht nur in ferner Zukunft, sondern bereits heute unsere Lebenswirklichkeit bestimmt. Die Hessenschau erinnerte uns kürzlich an das verheerende Jahrhunderthochwasser, bei dem fünf Menschen ihr Leben verloren - eine Tragödie, die uns alle mahnt, wachsam zu bleiben.
Gerade im Lumdatal kennen wir die zerstörerische Kraft von Hochwasser allzu gut. Viele von Ihnen erinnern sich sicher an das verheerende Hochwasser von 1966, das Straßen und Häuser unter Wasser setzte und nachhaltige Schäden hinterließ. Diese Katastrophe lehrte uns, dass eigenständige Schutzmaßnahmen in einzelnen Gemeinden nicht ausreichen, da sich Hochwasser nicht an Gemarkungsgrenzen orientiert. So wurde 1997 der Wasserverband „Lumdatal“ gegründet - ein Verbund, der seither kontinuierlich daran arbeitet, unsere Region umfassend zu schützen. Bereits zwischen 2002 und 2006 wurden vier Rückhaltebecken - Weidwiesengraben, Hammerlochbrücke, Rüddingshausen und das Becken in Odenhausen - errichtet, die zusammen ein Stauvolumen von rund 300.000 cbm bieten und einen wesentlichen Beitrag zum Schutz des oberen Lumdatals leisten.
Das neue HRB Treis ist ein weiterer Meilenstein in dieser Schutzstrategie. An einem strategisch günstigen Punkt zwischen Treis und Allendorf errichtet, bietet es mit einem Stauvolumen von über 100.000 cbm - das entspricht etwa 600.000 gefüllten Badewannen - einen effektiven Schutz für die Siedlungsgebiete im unteren Lumdatal. Diese Kapazität stellt sicher, dass auch bei extremen Hochwasserereignissen die gefährdeten Bereiche weitgehend verschont bleiben.
Ein herausragendes Merkmal des HRB Treis ist seine innovative Bauweise als überströmbarer Damm. Anders als klassische, hoch aufragende Dämme wurde hier ein relativ flacher Damm errichtet - ähnlich denen, die man von den Nordseedeichen kennt. Mit einer Länge von etwa 400 Metern und einer maximalen Höhe von 1,80 Metern ist dieser Damm so konzipiert, dass er im Extremfall überströmt werden kann, ohne dabei seine Funktion zu verlieren. Auf einer angelegten Höhe von exakt 191,60 Metern über Normalnull ermöglicht er zudem flexible Nachjustierungen, um Setzungen zu korrigieren und seine Schutzwirkung langfristig zu sichern. Dieses technische Konzept minimiert das Risiko unkontrollierter Dammbrüche und passt sich optimal der örtlichen Topographie an.
Der Weg zur Fertigstellung des HRB Treis war nicht frei von Herausforderungen. Bereits 2010 begannen die Planungen aber erst 2020 fiel die endgültige Entscheidung zum Bau. Die spezielle Bauweise erforderte zahlreiche statische Nachweise und intensive Prüfungen.
Zudem verzögerte sich der Baubeginn im Februar 2021 aufgrund ungünstiger Bodenverhältnisse und wechselhafter Wetterbedingungen. Dank der innovativen Mischfertigteilbauweise konnten diese Schwierigkeiten jedoch überwunden werden.
Der Klimawandel zwingt uns, stets neue und kreative Lösungen zu finden. Zunehmende Starkregenereignisse und extreme Wetterlagen machen es unerlässlich, dass wir unsere Schutzmaßnahmen kontinuierlich anpassen. Das HRB Treis ist ein essenzieller Bestandteil dieser Strategie, denn es kann auch seltene, statistisch alle 80 Jahre eintretende Hochwasserereignisse abfangen. Gleichzeitig trägt es zur naturnahen Umgestaltung des Gewässers bei - unterstützt durch umfassende Renaturierungsmaßnahmen ober- und unterhalb des Rückhaltebeckens.
Ein solch umfassendes Projekt wäre ohne die enge Zusammenarbeit zahlreicher Partner nicht möglich gewesen. Die Baukosten belaufen sich auf rund 4,5 Millionen Euro, wovon etwa 69 Prozent durch das Land Hessen gefördert wurden.
Hierfür gilt mein Dank dem Land Hessen. Seine großzügige Förderung ermöglichte es, dass das HRB Treis realisiert werden konnte - ein klares Zeichen, dass der Schutz unserer Heimat auf höchster Ebene Priorität genießt.
Weiter spreche ich meinen Dank allen beteiligten Planungsbüros, Bauunternehmen, politischen Vertretern und der Flurbereinigungsbehörde aus. In Zeiten weltweiter Krisen und angesichts der Folgen des russischen Angriffskrieges auf die Ukraine appelliere ich aber auch an die Landesvertreter, den Antrag des Wasserverbandes „Lumdatal“ auf Kompensation der entstandenen Mehrkosten wohlwollend zu prüfen.
Auch wenn das HRB Treis ein großer Erfolg ist, bedeutet dies nicht das Ende unserer Anstrengungen. Seit November 2024 ist die Automatisierungstechnik des Rückhaltebeckens vollständig implementiert und über Fernwirktechnik rund um die Uhr erreichbar. Ein Probestau zur wasserrechtlichen Abnahme wird in enger Abstimmung mit den zuständigen Behörden bei geeigneten Bedingungen durchgeführt - das wird sicher ein spektakulärer Anblick, wenn der Damm zur „Feuertaufe“ vollständig überströmt wird.
Abschließend möchte ich betonen, dass das HRB Treis eindrucksvoll zeigt, was wir als Gemeinschaft erreichen können. Es steht für Fortschritt, Innovation und den festen Willen, unsere Region auch in Zeiten des Klimawandels zu schützen. Lassen Sie uns diesen Erfolg als Ansporn nehmen, auch weiterhin in den Hochwasserschutz zu investieren und unser Lumdatal sicher und lebenswert zu gestalten.
Ihre Unterstützung und Ihr Engagement sind der Grundstein für eine sichere Zukunft in unserem Tal.