Liebe Mitbürgerinnen und Mitbürger,
es ist eine Szene, die sich jedes Jahr am 8. Juli wiederholt, und doch hat sie nichts von ihrer Dringlichkeit verloren: Vor dem Staufenberger Rathaus wurde die FRIEDENSFLAGGE der internationalen Initiative Mayors for Peace gehisst. Was wie ein schlichtes Ritual anmutet, ist in Wahrheit ein eindrucksvolles Zeichen - für Frieden, für Abrüstung, für Verantwortung. Diese Aktion erinnert an das Gutachten des Internationalen Gerichtshofs in Den Haag, das am 8. Juli 1996 veröffentlicht wurde. Darin heißt es unmissverständlich, dass die Staaten dieser Welt völkerrechtlich verpflichtet sind, ernsthafte Verhandlungen zur vollständigen nuklearen Abrüstung zu führen - unter strikter, internationaler Kontrolle.
Mayors for Peace wurde 1982 vom Bürgermeister der japanischen Stadt Hiroshima gegründet, die wie keine andere für die verheerenden Folgen eines Atomwaffeneinsatzes steht. Heute gehören dem Bündnis mehr als 7.500 Städte weltweit an, darunter rund 700 Kommunen in Deutschland - Staufenberg ist seit 2013 eine davon.
Was verbindet Bürgermeisterinnen und Bürgermeister aus aller Welt in diesem Bündnis? Es ist das gemeinsame Bewusstsein, dass sie für die Sicherheit und das Leben ihrer Bürgerinnen und Bürger verantwortlich sind. Und genau deshalb haben sie auch eine Stimme, wenn es um globale Fragen wie Abrüstung und Frieden geht. In Zeiten wachsender Spannungen in Europa und darüber hinaus, ist es alles andere als selbstverständlich, dass Kommunen Haltung zeigen - umso wichtiger ist es, dass Staufenberg sich klar positioniert: Für eine Welt ohne Atomwaffen.
Archäologische Arbeiten an der Oberburg - Die Vergangenheit wird sichtbar
Während wir uns für eine friedliche Zukunft einsetzen, blicken wir gleichzeitig tief in unsere Vergangenheit - wortwörtlich. Am vorletzten Samstag konnten am TAG DER OFFENEN GRABUNG die zwischenzeitlich abgeschlossenen archäologischen Grabungen im sogenannten Palas, dem Hauptgebäude unserer Oberburg Staufenberg besichtigt werden. Das Landesamt für Denkmalpflege Hessen koordinierte die Arbeiten, unterstützt von der Heimatvereinigung Staufenberg e.V., der Archäologischen Gesellschaft in Hessen e.V. sowie engagierten Studierenden der Universität Marburg.
Was dort ans Tageslicht kam, ist nicht nur für Fachleute spannend. Bereits jetzt deuten die Funde auf die Überreste einer hochmittelalterlichen Befestigungsanlage hin - und das lange vor der ersten urkundlichen Erwähnung der Burg im Jahr 1233. Unter den Fundstücken befindet sich auch eine seltene Sperrspitze.
Bei einem gut besuchten öffentlichen Rundgang erläuterte Lokalhistoriker Volker Hess die bisherigen Erkenntnisse. Sein Vortrag zur Geschichte der Burg - von ihrer Gründung bis zur Zerstörung im Jahr 1647 - verdeutlichte, wie tief unsere Region in die Geschichte Mitteleuropas eingebunden ist. Der Rundgang über das Gelände zeigte zudem eindrucksvoll die Baugeschichte der Burg und machte einmal mehr deutlich, welch kulturhistorischen Schatz wir hier vor Ort bewahren.
Doch die große Frage bleibt: Wie geht es weiter mit der Sanierung? Geplant war, in diesem Jahr mit der Instandsetzung der sogenannten Palas-Wand zu beginnen - der eindrucksvollen, hohen Mauer zum Burghof. Leider fehlen uns derzeit die notwendigen Fördermittel von Bund und Land, weshalb die Arbeiten in diesem Jahr ausgesetzt werden müssen. Eine provisorische Netzsicherung soll zumindest verhindern, dass sich der Zustand weiter verschlechtert.
Wir hoffen, 2026 mit der eigentlichen Sanierung starten zu können. Und dann Stück für Stück, Jahr für Jahr, die Mauern dieser einzigartigen Anlage zu sichern. Es ist - da machen wir uns nichts vor - eine Mammutaufgabe. Aber es ist auch eine Verpflichtung: gegenüber der Geschichte, gegenüber unserer Region, gegenüber den Generationen, die nach uns kommen.
Die „Schamott“ - ein schmerzhaftes Ende, aber keine verlorene Zukunft
Nicht minder bewegt hat uns in den letzten Monaten die endgültige Nachricht über die Schließung der „Schamott“, des RHI Magnesita-Werks in Mainzlar. Noch 2022 war der Standort nach großem Engagement von Politik, Gewerkschaften, Betriebsrat und Mitarbeitenden gerettet worden. Es wurde sogar weiter investiert. Doch im November 2024 kam der überraschende Rückschlag: Der Konzern verkündete, den Standort aus wirtschaftlichen Gründen bis Ende 2025 schließen zu wollen.
Im Rahmen der Tage der Industriekultur lud der Deutsche Gewerkschaftsbund (DGB) in das Kulturcafé „Wohnzimmer“ in Daubringen ein. In einer guten PODIUMSDISKUSSION wurde die Geschichte des Werks beleuchtet, der Arbeitskampf reflektiert und über Perspektiven für die Industrie in unserer Region gesprochen.
Volker Hess eröffnete den Abend mit einem spannenden Vortrag über 175 Jahre Industriegeschichte in Oberhessen - eine Geschichte, die nicht nur aus Zahlen und Maschinen besteht, sondern aus Menschen, Schicksalen, Entwicklungen. Anschließend diskutierten auf dem Podium Landrätin Anita Schneider, DGB-Kreisvorsitzender Klaus Zecher, Betriebsratsvorsitzender Michael Schwarz, Kurt Hillgärtner vom Verein Region GießenerLand - und auch ich durfte meine Perspektive als Vertreter der Stadt einbringen.
Ein zentrales Thema war die Frage: Welche politischen Rahmenbedingungen brauchen die Unternehmen heute? Landrätin Schneider betonte die Bedeutung bezahlbarer Energiepreise, gerade für die energieintensive Produktion. Michael Schwarz unterstrich zusätzlich die Notwendigkeit, Bürokratie abzubauen, um Unternehmen nicht durch Auflagen und Anträge zu lähmen. Kurt Hillgärtner forderte schließlich eine aktive Standortpolitik, die auch den ländlichen Raum einbezieht - nicht alles könne sich in und um Frankfurt konzentrieren.
Für uns in Staufenberg ist die Schließung der „Schamott“ ein schwerer Schlag - menschlich, wirtschaftlich und emotional. Aber wir müssen jetzt nach vorn schauen. Auf dem Gelände sollen möglichst bald neue Unternehmen angesiedelt werden, die wohnortnahe Arbeitsplätze schaffen. Die Infrastruktur ist da, die Standortfaktoren stimmen. Jetzt braucht es gezielte Unterstützung und eine gemeinsame Anstrengung von Stadt, Wirtschaft und Politik.