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Amtsblatt Staufenberg
Ausgabe 33/2022
Seite 2 - AB
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KOLUMNE DES BÜRGERMEISTERS

Liebe Mitbürgerinnen und Mitbürger,

sicher werden einige von Ihnen in der letzten Zeit Post bekommen haben, bei der es um einen Termin für den Zensus ging. Von Mitte Mai bis Mitte August werden Daten für den Zensus 2022 erhoben. Zensus hört sich möglicherweise in Ihren Ohren seriöser an als Volkszählung. Auf die Proteste gegen die Volkszählung in den 1980er Jahren werde ich noch zu sprechen kommen. Nun aber erstmal zum Zensus 2022. Mit ihm werden Bevölkerungszahlen aber auch Gebäude- und Wohnungszählungen ermittelt.

Seit Menschengedenken versucht die „Obrigkeit“, Daten zu erheben. Schon in den Hochkulturen der Sumerer in Mesopotamien, in Ägypten, China, Babylon und Assyrien finden sich beispielsweise auf Tontafeln Belege dafür. Der Censor war im Römischen Reich eine Person in hohem Staatsamt, hatte er doch die Zählung der Bürger und die Feststellung ihres Vermögens mit allen sich daraus ergebenden Konsequenzen vorzunehmen. In unserer Region entwickelte sich die Erfassung der einzelnen Personen langsam. Der heute so selbstverständliche Nachname entstand erst im 12. Jahrhundert, die Kirchenbücher, die Aufschluss über die Geburten, Hochzeiten und Sterbefälle geben, sind relativ kontinuierlich erst seit dem Ende des Dreißigjährigen Krieges erhalten. Sie lassen Menschen und Familien in der Ahnenfolge lebendig werden. Mit der Einführung der Standesämter in den 1870er Jahren wurde schließlich die Namensführung in ihrer Schreibweise endgültig festgelegt.

In Zusammenhang mit dem zentralen Melderegister bietet dieser Datenbestand eine gute Basis für die Kenntnis über die Bevölkerungszahlen. Doch Papier ist geduldig - das gilt auch für digitale Register. Nicht alles, was dort erfasst ist, entspricht der Realität. Zudem werden dort Daten zum Bildungsstand, der Berufstätigkeit und der Personengröße des Haushalts nicht oder nicht vollständig erfasst. Der Einzelne betrachtet diese „Durchleuchtung“ seiner Person vielleicht misstrauisch, für die Verwaltung und die Politik sind die erfassten Zahlen die Grundlage für planvolles Handeln - um Steuermittel zu verteilen, um Wahlkreise einzuteilen oder um die Wohnraumbewirtschaftung zu entwickeln. Die vorhandenen Register ermöglichen es heute, sich auf Stichproben bei der Erfragung der Daten zu beschränken. Die Teilnahme am Zensus bleibt dennoch verpflichtend und eine Weigerung führt zu Bußgeldern.

Die Älteren unter Ihnen werden sich vielleicht noch an die Auseinandersetzungen um die geplanten Volkszählungen in den 1980er Jahren erinnern. Die Gegnerinnen und Gegner fürchteten eine Durchleuchtung, Überwachung und Verplanung des einzelnen Bürgers. Das Schreckgespenst war der „gläserne Mensch“ im Überwachungsstaat. Die lückenlose Erfassung der jüdischen Bevölkerung in der NS-Zeit, die letztlich die Deportationen und Ermordungen „technisch“ erst möglich gemacht haben, war eine Mahnung für alle. Heute muss der Einzelne eher die Datensammelwut der Privatwirtschaft fürchten, weniger die des Staates. Google, Facebook und Co. lassen an dieser Stelle grüßen.

Als Bürgermeister von Staufenberg schaue ich regelmäßig interessiert auf die Halbjahresstatistiken zur Staufenberger Bevölkerungsentwicklung. Die wichtigste Frage ist natürlich: Wächst unsere Kommune oder schrumpft sie? Aber auch die Weltpolitik wirkt sich bis in die Kommunen aus. So zeigt sich der Krieg Russlands gegen die Ukraine auch in den Zahlen der Staufenbergerinnen und Staufenberger mit ukrainischer Staatsangehörigkeit. Lebten am Jahresende 2021 acht Personen mit ukrainischem Pass in Staufenberg, sind es zum 30. Juni 2022 101 Personen, darunter 37 Menschen unter 16 Jahren. Bei aller kontroversen Diskussion: Dass es eine humanitäre Selbstverständlichkeit sein muss, Kriegsflüchtlinge aufzunehmen, hat sich in der öffentlichen Meinung durchgesetzt. Erinnern wir uns: Mitte 2016 lebten 96 Menschen aus Syrien in Staufenberg, heute sind es 71.

Die Einwohnerzahl Staufenbergs bewegt sich, wenn auch in kleinen Schritten, weiterhin stetig aufwärts. Mit Hauptwohnung oder mit alleiniger Wohnung sind Mitte diesen Jahres 8.579 Einwohnerinnen und Einwohner in Staufenberg gemeldet. Zum Vergleich: 2010 waren es „nur“ 8.239.

Nur mit Nebenwohnung sind aktuell 284 Personen in Staufenberg registriert. Gerade bei den Erfassungen der Nebenwohnungen gibt es jedoch mitunter „Karteileichen“, denn die Nebenwohnung muss eigeninitiativ abgemeldet werden; ein Vorgang, der leicht in Vergessenheit gerät. Auch solche Fehler sollen übrigens durch den Zensus behoben werden.

Die diesjährige Halbjahresstatistik zeigt: Die Einwohnerzahl 10.000 hat Staufenberg noch lange nicht erreicht. Aber zu bedenken gilt gleichzeitig: Die Ressourcen an Bauland sind natürlich beschränkt und ein Zuwachs an Bevölkerung sollte stets in guter Beziehung zu den vorhandenen Strukturen und der Umwelt stehen.

Lassen Sie mich zum Schluss meiner heutigen Kolumne noch einen Blick auf die demografische Entwicklung Staufenbergs werfen. Wie das Bundesinstitut für Bevölkerungsforschung festgestellt hat, altert unsere Bevölkerung. Diese augenscheinliche Entwicklung wird durch die Zuwanderung in unsere Stadt abgemildert. Das Durchschnittsalter in Staufenberg liegt bei den Frauen bei 46,7 Jahren, bei den Männern bei 44,6 Jahren. Bei den Einwohnerinnen und Einwohnern mit nicht-deutscher Staatsangehörigkeit ist das Durchschnittsalter 37,4 Jahre. Mehr als ein Viertel der Bevölkerung in Deutschland hat einen so genannten Migrationshintergrund. Das heißt, bei der Geburt der Person hatte sie oder mindestens ein Elternteil nicht die deutsche Staatsangehörigkeit.

Diese Entwicklung muss jedoch niemanden ängstigen. Seit Anbeginn der Geschichte ziehen Menschen auf der Suche nach guten oder besseren Lebensbedingungen, auf Grund familiärer Verbindungen oder auf der Flucht vor Krieg oder Naturkatastrophen auf unserer Erde hin und her. Trotz der dadurch temporär entstandenen oder entstehenden Probleme muss festgehalten werden: Nur durch diesen ständigen Austausch waren und sind die großen Innovationen der früheren oder heutigen Zeit möglich geworden. Mit Blick auf diese Erfahrung dürfte es auch in der Zukunft so bleiben.

Es grüßt Sie herzlich

Ihr
Peter Gefeller
Bürgermeister