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Germersheimer Stadtanzeiger
Ausgabe 40/2025
Germersheim aktuell
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25-jähriges Jubiläum des Kinder- und Jugendtelefons beim Kinderschutzbund Kreisverband Germersheim

Erster Kreisbeigeordneter Christoph Buttweiler (1.v.l.) und Bürgermeister Marcus Schaile (2.v.r.) gratulieren Projektleiterin Katja Pilling (2.v.l.) und Michael Brilla (1.v.r.), Mitglied des Teamvorstandes, ganz herzlich zum 25-jährigen Jubiläum des Kinder- und Jugendtelefons. Foto: Lena Brückom

Sorgen dafür, dass junge Menschen nicht mit ihren Sorgen alleine bleiben: Das hervorragende Team des Kinder- und Jugendtelefons des Kinderschutzbundes Kreisverband Germersheim. Foto: KSB Germersheim

Der Kinderschutzbund feierte am 27. September mit seinen Gästen das 25-jährige Jubiläum des Kinder- und Jugendtelefons in seinen Räumlichkeiten in der Waldstraße in Germersheim. Das Angebot ist Teil des bundesweiten Vereins „Nummer gegen Kummer“, der 1980 gegründet wurde. Unter der kostenfreien Nummer 116 111 können Kinder und Jugendliche kostenlos und anonym Hilfe bei ehrenamtlichen Telefonberatenden suchen.

Begrüßung und Auftakt

Zum Auftakt sprach das Vorstandsmitglied Michael Brilla, der die Bedeutung der Ehrenamtlichen hervorhob. Ohne sie gäbe es keine Telefonberatung für Kinder und Jugendliche.

Zur Entstehung des Kinder- und Jugendtelefons führte er aus, dass vor fast genau 55 Jahren, am 26. September 1970, in Köln das sogenannte „Sorgentelefon“ entstand. Es wurde von drei Personen im Kinderschutzbund initiiert, die den Bedarf bei den Kindern und Jugendlichen erkannten. Damals entschieden sich zwei Frauen und ein Mann, telefonische Hilfe über ihre Privatnummern anzubieten, und das rund um die Uhr. Sie hängten handgemalte Plakate in den Schulen in Köln auf. Damals war das Ganze noch kostenpflichtig, Flatrates wie heute gab es ja damals noch nicht.

Das Ganze organisierte sich weitere 10 Jahre und 1980 gründete sich dann ein Dachverband, der heute Nummer gegen Kummer e.V. heißt und immer noch Mitglied des Kinderschutzbundes ist.

Und mit der Bundespost als Partner wurde 1991 dann endlich eine kostenlose bundesweite Rufnummer eingerichtet; und siehe da: Die Anrufzahlen stiegen innerhalb eines Jahres um das Fünffache! Die Gesprächsgebühren übernimmt bis heute deren Nachfolgeunternehmen Deutsche Telekom, der wir hierfür sehr danken.

Es kam die Beratung über Mail, dann über Chats dazu. Heute können samstags Kinder und Jugendliche auch von geschulten Jugendlichen selbst beraten werden. Inzwischen gibt es auch für die Sorgen der Eltern das Elterntelefon. Und heute gibt es natürlich Leitlinien für die Ausbildung, Supervisionen und die Fortbildungen der Telefonberatenden. Der Standort Germersheim finanziert das Kinder- und Jugendtelefon zum größten Teil selbst, bis auf Zuschüsse des Bundesministeriums. Die Kosten für Ausbildung, Fortbildungen, Supervisionen, Koordination und Fahrtkosten belaufen sich jährlich auf um die 18.000 Euro, ohne Verwaltungskosten. Damit man einfach mal eine Vorstellung davon hat, welche Kosten sich dahinter verbergen.

Grußworte des Bürgermeisters

Bürgermeister Marcus Schaile drückte seinen Stolz aus, dass der Kinderschutzbund nun schon seit einem Vierteljahrhundert die Nummer gegen Kummer in Germersheim anbietet. Dabei betonte er, wie wichtig hierbei die ehrenamtlichen Telefonberaterinnen und -berater seien. Mit einem offenen Ohr und viel Einfühlungsvermögen könnten Probleme bewältigt und vielleicht Schlimmeres abgewendet werden.

Er ging in seiner Rede auf die zunehmenden Herausforderungen für Kinder und Jugendliche ein. „Die Welt hat sich verändert – sie ist herausfordernder geworden und Kinder und Jugendliche geraten zunehmend unter Druck. Umso wichtiger ist es, dass sie die Nummer gegen Kummer wählen können“, sagte Schaile.

Er hofft, dass das Angebot noch viele weitere Generationen erreichen kann, mindestens weitere 100 Jahre.

Was ist das Kinder- und Jugendtelefon – die Projektkoordinatorin berichtet

Projektkoordinatorin Katja Pilling nutzte die Feier, um den aktuell 16 aktiven Ehrenamtlichen zu danken. Sie haben bis 2024 rund 13.564 Stunden am Telefon verbracht.

Ein kurzweiliges Video der Nummer gegen Kummer gab Einblick in das, was die Kinder- und Jugendlichen erwartet: https://www.bing.com/videos/riverview/relatedvideo?q=video+nummer+gegen+kummer&&mid=F348208EF3B536CA8A2DF348208EF3B536CA8A2D&FORM=VAMGZC

Das Durchschnittsalter der Anrufer liegt zwischen 10 und 20 Jahren. Themen sind häufig Trennung & Scheidung, Krankheit & psychische Probleme, selbst verletzendes Verhalten, Einsamkeit und Isolation, Partnerschaft, Liebe & Sexualität, Schule, Ausbildung und Beruf bis hin zu Gewalt & Missbrauch

Sie betonte: „Am Kinder- und Jugendtelefon lernt man: Es ist so wichtig, einfach da zu sein und in Ruhe zuzuhören.“ Manchmal fallen dann Sätze wie:

• „Danke, dass Sie mir einfach zugehört haben.“

• „Endlich konnte ich das mal jemandem erzählen.“

• „Sie sind die Einzige, die mich nicht gleich bewertet hat.“

„Jeder Anruf zählt, jedes Gespräch kann für ein Kind oder einen Jugendlichen einen Unterschied machen – manchmal sogar einen entscheidenden!“, sagte Pilling.

Neben den Ehrenamtlichen dankte sie dem Kooperationspartner, dem Kinderschutzbund Speyer, der durch Martina Schall vertreten wurde, sowie den Förderern und politischen Vertreter*innen, die dieses Angebot seit vielen Jahren mittragen und unterstützen. Einen besonderen Dank sprach sie dem Lions Club Wörth-Kandel aus, der durch Anett & Richard Peters sowie Frau Dr. Anne Hämmerlin-Schulz und Dr. Wolfram Schulz vertreten waren. Sie unterstützen das Kinder- und Jugendtelefon des Kinderschutzbundes in Germersheim schon seit einigen Jahren mit den Erlösen aus dem Bücherregal im Edeka-Markt in Kandel. Hier können gut erhaltene Bücher für eine Spende entnommen werden. Und die Spenden fließen dann dem Kinder- und Jugendtelefon zu. Pilling dankbar: „Eine großartige Initiative!“

„Nur mit ehrenamtlicher und finanzieller Unterstützung können wir bei der Nummer gegen Kummer noch weitere 25 Jahre für Kinder und Jugendliche da sein“, so Pilling.

Wertschätzende Kommunikation im Kinder- und Jugendtelefon und im Alltag

Einer der ehrenamtlichen Telefonberater Uwe Schneider, der beruflich auch als Mentor und Coach aktiv ist, stellte das Modell der wertschätzenden Kommunikation und seinen hilfreichen Einsatz im Kinder- und Jugendtelefon vor. Das Vorgehen basiert auf vier Schritten, die Vertrauen schaffen und Klarheit fördern sollen:

1. Beobachtung: die Situation wahrnehmen, ohne zu bewerten oder zu interpretieren

2. Gefühl: die eigene unmittelbare Empfindung erkennen

3. Bedürfnis: das grundlegende Bedürfnis hinter dem Gefühl benennen

4. Bitte: eine konkrete Handlungsaufforderung im Hier und Jetzt formulieren

Schneider betonte, dass gerade in der telefonischen Beratung diese Art der Kommunikation entscheidend sei, um als Angerufener nicht gleich in Ratschläge zu verfallen. Stattdessen sei es wichtig, zunächst Verständnis für das Anliegen der Kinder und Jugendlichen aufzubauen. Er veranschaulichte die Anwendung des Modells aber auch an einer Alltagssituation. Es hilft einem dabei, ein Problem strukturiert und klar ohne Anschuldigungen und Interpretationen zu formulieren.

Ehrungen für 100 Dienste

Im Rahmen des Jubiläums wurden diejenigen Ehrenamtlichen geehrt, die bereits 100+ Dienste absolvieren konnten, in der Regel werden dafür ca. 7 Jahre benötigt: Stefanie Fuhr absolvierte 113 Dienste, Dieter Herberger wurde für 139 geleistete Dienste in nur vier Jahren ausgezeichnet, Uwe Schneider erbrachte mit 152 Diensten eine stolze Zahl; Alev Ucaner ehrte man nicht nur für ihre 117 Dienste, sondern auch für ihr 30-jähriges Engagement im Kinderschutzbund – nicht nur beim Kinder- und Jugendtelefon, sondern auch im begleiteten Umgang ist sie seit vielen Jahren eine nicht mehr wegzudenkende Stütze.

„Allein diese vier ehrenamtlichen Berater*innen haben in ihrer Zeit im Kinderschutzbund zusammen ganze 1042 Stunden telefoniert und so vielen Kindern und Jugendlichen ein offenes Ohr geschenkt“, sagte Pilling nicht ohne Stolz.

Grußworte des Ersten Kreisbeigeordneten

Christoph Buttweiler schloss sich seinen Vorrednern an: Auch für ihn sei das Kinder- und Jugendtelefon weit mehr als ein Beratungsangebot: Man könnte mit Fug und Recht sagen: „Die Mitarbeitenden retten täglich Leben. Sie beeinflussen Entwicklungen, einfach nur durchs Zuhören. Auch künftig bleibt es für Kinder und Jugendliche notwendig.“

Dank für die Spenden

Im Rahmen des Jubiläums gab es auch finanzielle Unterstützung für die künftige Arbeit des Kinder- und Jugendtelefons. Der Lions Club Wörth-Kandel spendete 1.200 Euro, Irmtraud Purr vom Katholischen Deutschen Frauenverbund (KDFB) Bellheim e.V. übergab einen Spendenscheck in Höhe von 400 Euro, die Stadt unterstützt die Nummer gegen Kummer mit 200 Euro. Nur durch Spenden ist das Angebot des Kinder- und Jugendtelefons in Germersheim weiterhin möglich.

Die Jubiläumsfeier endete mit viel Applaus und dem Gefühl großer Dankbarkeit gegenüber denen, die seit einem Vierteljahrhundert ein offenes Ohr für Kinder und Jugendliche in der Region haben.