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Ausgabe 4/2024
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Aktuelles

Thüringen und die Via Regia

Mehr als 100.000 Fahrzeuge rauschen täglich übers Hermsdorfer Kreuz. Thüringen ist aber nicht erst mit den Autobahnen zum Transitland im Herzen Europas geworden. Die A 4 verläuft ungefähr dort, wo die älteste Ost-West-Verbindung des Kontinents einst von Kiew nach Santiago de Compostela führte. Rund 4.500 Kilometer ist diese Via Regia lang. Heute zwar nicht mehr durchgängig befahrbar, prägt die „königliche Straße“ dennoch die Topografie von acht benachbarten Staaten. Die Via Regia sorgte für Handel und Kontakte zwischen den Völkern - und machte sogar Siedlungen zu zentralen Marktorten, die fernab schiffbarer Flüsse lagen. So wie Gotha, eine der ältesten Städte Mitteldeutschlands, die später als Residenz (siehe Nr. 39) weiterblühte. Auch Eisenach und Erfurt verdanken ihre mittelalterliche Bedeutung weniger der Werra beziehungsweise der Gera. Eisenach entstand im 12. Jahrhundert aus drei Siedlungen, in deren Nähe die Via Regia andere Handelswege kreuzte. Als Wächterin über den Verkehrsknoten wurde die Wartburg errichtet (siehe Nr. 37). In Erfurt kreuzte die Via Regia die Nürnberger und die Böhmische Straße. Nicht von ungefähr liegt einen Steinwurf entfernt die Krämerbrücke (siehe Nr. 40), auf der Handwerker ihre Waren feilboten. Hinter Erfurt bog die königliche Straße gen Leipzig ab. Dieser Tatsache verdankt Buttelstedt eine Blütezeit als Marktort, denn das Städtchen lag auf der Route. Ganz im Gegensatz zu Weimar, Apolda und Jena. Diese Städte wurden erst im 19. Jahrhundert an das uralte Wegesystem der Via Regia angebunden. Verantwortlich dafür war der Wegebaudirektor des Herzogtums Sachsen-Weimar-Eisenach, ein gewisser Johann Wolfgang von Goethe. Heute steht die Via Regia sinnbildlich für die Einigung Europas. Ein internationales Netzwerk, das die alte Straße wiederbeleben will, trägt seit 2006 den Ehrentitel „Große Kulturstraße des Europarates“.

Weimar und die Gedenkstätte Buchenwald

Das hellste und das dunkelste Kapitel der Geschichte eines Volkes - an keinem anderen Ort der Welt prallen sie so sichtbar aufeinander wie in Weimar, urteilt Professor Dr. Volkhard Knigge. Für den Direktor der Stiftung Gedenkstätten Buchenwald und Mittelbau-Dora gehören zur Erinnerungskultur der Deutschen nicht nur die Schauplätze, an denen um 1800 die europäische Aufklärung ihren Höhepunkt erreichte (siehe Nr. 67, 70, 82). Das ehemalige Konzentrationslager auf dem Ettersberg sei als Bildungsort genauso wichtig.Herr Professor Knigge, wieso sollten Weimar-Besucher eine Fahrt nach Buchenwald einplanen?

Bis heute erschüttert die Tatsache, dass Weimar - einst Zentrum der deutschen Klassik - und Buchenwald so dicht beieinander liegen. Gerade in Weimar fand der Nationalsozialismus viele Befürworter. Deshalb kann man am Doppelort Weimar-Buchenwald besonders konkret in Erfahrung bringen, warum und wie es zu Krieg und Verbrechen kam.

Führt man eine solche Auseinandersetzung nicht besser in Schulen und Parlamenten?

Dort natürlich auch. Aber der authentische Ort mit seinen historischen Spuren, den Sammlungen und Ausstellungen fördert die Auseinandersetzung: Wie entsteht Menschenfeindlichkeit politisch und gesellschaftlich? Was sind ihre Folgen? Wie kann man solchen Entwicklungen widerstehen? Außerdem werden Fragen nach dem gerechten Umgang mit verbrecherischer Geschichte aufgeworfen. Buchenwald wurde ja nach 1945 als sowjetisches Speziallager Nr. 2 genutzt und war ab 1958 das erste Nationaldenkmal der DDR.

Viele Ihrer Historikerkollegen bezweifeln, dass wir aus der Geschichte lernen können.

Richtig ist, dass Geschichte nicht einfach Rezepte für unser Handeln heute gibt. Die Vergegenwärtigung menschenfeindlicher Vergangenheit trägt aber entscheidend dazu bei, zu verstehen, was man besser nicht tut, als Einzelner oder als Gruppe, damit Gesellschaften ihre Menschlichkeit nicht verlieren. Menschlichkeit zu zerstören, geht schnell. Sie wieder herzustellen, ist schwer. Hier liegen die zukunftsrelevanten Orientierungspotenziale der Gedenkstätte. Wer die Gifte der Vergangenheit kennt, lässt sie sich nicht mehr als Heilmittel aufschwatzen.

Das Ekhof-Theater

Um die Führungsrolle im Theater wetteiferten im 17. Jahrhundert vor allem Frankreich und Italien. Doch wer heute erleben möchte, zu welcher Blüte Singspiel, Oper und Drama im Barock gelangten, muss das Gothaer Schloss Friedenstein besuchen. In dessen Westturm befindet sich das älteste Barocktheater mit einer hölzernen Bühnenmaschinerie, die noch funktioniert und manuell betrieben wird. Herzog Friedrich I. von Sachsen-Gotha-Altenburg ließ das Kleinod zwischen 1681 und 1687 errichten und leistete sich eine Kulissenbühne nach italienischem Vorbild - mit sämtlichen Finessen der damaligen Zeit. Beispielsweise befinden sich unter der Bühne 18 Wagen, mit deren Hilfe ganze Landschaften ein- und ausfahren. Ein raffiniertes System aus Wellbäumen und Seilen ermöglicht es, die Kulissen gleichzeitig und geräuscharm zu verschieben. Den Höhepunkt seiner Bedeutung erlebte das Theater in der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts, als Herzog Ernst II. ein festes Schauspielensemble engagierte - ein Novum an deutschen Höfen. Die Leitung übernahm 1775 Conrad Ekhof, einer der berühmtesten Schauspieler seiner Zeit. Nach ihm ist das Barocktheater heute benannt. Zudem findet jeden Sommer das Ekhof-Festival statt mit Opern, Schauspielproduktionen, Lesungen und Konzerten.

Die Erfurter Krämerbrücke

Nur gut, dass Erfurt am Ende des 19. Jahrhunderts knapp bei Kasse war. Die Stadt hätte sonst die Krämerbrücke abgerissen, die einzige bebaute Brücke nördlich der Alpen. Als „pons rerum venalium“ im Jahr 1156 erstmals urkundlich er wähnt, gehört das Ensemble von Fachwerkhäusern heute zu den Wahrzeichen Thüringens. Doch die Brücke ist nicht nur eine viel besuchte Sehenswürdigkeit. Sie ist ein Ort der „Krämer“ und Kunsthandwerker geblieben. Zu den Mietern zählen ein Buchhändler, ein Puppenmacher, eine Holzbildhauerin - und ein Landschaftsarchitekt, der Schokolade verkauft: Dirk Fromberger zog 1999 auf die Brücke und arbeitet dort für die Manufaktur Goldhelm.Herr Fromberger, wie lebt es sich in einem Denkmal? Es ist schon etwas Besonderes - und das nicht nur wegen bestimmter Details wie meiner massiven, handgeschnitzten Wohnzimmertür. Vielmehr hält so ein Fachwerkhaus immer wieder Überraschungen bereit. Beispielsweise stellte sich erst bei einer Restaurierung heraus, dass es viel älter ist als bis dahin gedacht. Frühes 15. Jahrhundert. Auch die spätbarocke Stuckdecke hat regelrecht Geschichten erzählt: Die Restauratoren haben sagenhafte 26 Farbschichten abgetragen. Aber es gibt auch ein paar Eigenheiten, die andere Menschen sicher gewöhnungsbedürftig fänden. Welche Eigenheiten sind das?Im Winter klemmen die Türen, die Dielen knarzen wie in einem Heimatmuseum, und wenn ich vom Schreibtisch aufstehe, rollt der Stuhl ans andere Ende des Zimmers. Unter meinem Bett beträgt das Gefälle des Fußbodens stolze sechs Zentimeter. Aber das alles stört mich nicht. Meine Wohnung und das Milieu der Krämerbrücke gehören zu den Gründen, wieso ich nach wie vor in Erfurt lebe. Was verstehen Sie unter Milieu?

Die Krämerbrücke ist keine Touristenfalle, wo Scharen von Besuchern tagsüber Nippes kaufen und wo abends nichts los ist. Vielmehr mischen sich in den Läden und Restaurants Touristen und Einheimische, oft bis spät in die Nacht. Außerdem bilden die Mieter eine Gemeinschaft. Gäbe es die nicht, würde ich selbst beispielsweise in meinem ursprünglichen Beruf und in einer anderen Stadt arbeiten. Ich bin von Haus aus Landschaftsarchitekt. Vor ein paar Jahren hat mir aber ein Nachbar angeboten, in seinem Laden auf der Brücke auszuhelfen. Dieser Nachbar ist der Gründer der Schokoladenmanufaktur Goldhelm. Mittlerweile bin ich stellvertretender Manufakturleiter und reise bis nach Vietnam, um die Qualität von Kakaobohnen zu prüfen. Ich kann also ganz ohne Übertreibung behaupten, dass die Krämerbrücke mein Leben verändert hat.

Der Erfurter Schatz

Erfurt 1349: Bewaffnete Bürger fallen im jüdischen Viertel ein, brennen die Häuser nieder, erschlagen sämtliche Bewohner. „Die Juden“, so ihr tödliches Fehlurteil, „haben die Pest gebracht.“ Beinahe 650 Jahre später, im Jahr 1998, wird bei Bauarbeiten in der Nähe der Alten Synagoge ein Schatz gefunden: Unter einer Kellertreppe liegen rund 3.000 französische Silbermünzen, Silberbarren und mehr als 700 Einzelstücke gotischer Goldschmiedekunst, darunter ein goldener Hochzeitsring aus dem frühen 14. Jahrhundert. Historiker vermuten, dass vermögende Juden diese Wertgegenstände vor dem Pogrom versteckt haben. Der Fund gilt als Sensation: Zwar haben sich Schätze der Gotik in Kirchen und Klöstern erhalten - aber Schmuck und Kunstgegenstände aus wohlhabenden Privathaushalten kannten Wissenschaftler bisher nur aus Beschreibungen. Wegen seiner kunsthistorischen Bedeutung reiste der „Erfurter Schatz“ bereits bis nach Paris, London und New York. Heute hat er seinen Platz im Museum der Alten Synagoge.

Der Erfurter Domberg

Wenn die Gloriosa ertönt, ist Festtag. Dieser Satz gilt in doppelter Hinsicht: Zum einen wird die berühmte Glocke im Mittelturm des Erfurter Doms nur zu besonderen Anlässen geläutet. Zum anderen gilt ihr Klang als so einzigartig, dass sich viele die acht Termine im Jahr in den Kalender eintragen. Ein Fest ist aber nicht nur das tiefe E der weltweit größten frei schwingenden Glocke des Mittelalters. Das Bauensemble auf dem Erfurter Domberg - der Dom St. Marien, die Pfarrkirche St. Severi und die imposante Freitreppe mit ihren 70 Stufen - bildet eine optische Einheit, die zum Wahrzeichen Erfurts geworden ist. Die Größe von St. Marien und der reiche Fassadenschmuck demonstrieren die Bedeutung der Stadt im Mittelalter. Zu den Schätzen im Innern des Doms gehören neben dem Wolframleuchter, einer Bronzeskulptur aus dem 12. Jahrhundert, vor allem die Chorfenster, das Gestühl und der Hochaltar. Die Glasmalereien der beinahe 19 Meter hohen Fenster wurden zwischen 1370 und 1420 geschaffen. Das Gestühl gilt als eines der besterhaltenen und hochwertigsten des 14. Jahrhunderts. Der prächtige Altar von 1697 unterstreicht die Bedeutung der katholischen Liturgie in jener Region, von der Luthers Reformation ausging.

Die Saalfelder Feengrotten

„Lägen diese Grotten nicht in Deutschland, sondern etwa in Amerika, wäre man längst aus aller Welt dorthin gepilgert.“ Dieser Satz über die Feengrotten in Saalfeld stammt nicht etwa aus einem aktuellen Reiseführer. Der Naturforscher Ernst Haeckel formulierte ihn 1914. Damals wurde das ehemalige Bergwerk, das zwischen 1530 und 1850 Alaunschiefer geliefert hatte, zu Schauzwecken geöffnet. Der Bergbau und die Natur haben in Saalfeld Grotten von einzigartiger Schönheit geschaffen: Noch während die Bergleute in den von ihnen geschlagenen Höhlen arbeiteten, bildeten sich erste Tropfsteine. Innerhalb weniger Jahrhunderte entwickelten sich daraus die Gebilde, die 1993 für einen Eintrag ins Guinness-Buch der Rekorde sorgten: die farbenreichsten Tropfsteinformationen der Erde. Die rund 100 Farbtöne von Blau und Grün über Gelb und Rot bis hin zu zahlreichen Braunnuancen sind mehr als 45 Mineralen zu verdanken. Viele der schillernden Tropfsteine sind so fein, dass sie an langes Frauenhaar erinnern. Sie inspirierten einen Geologen zu dem Namen „Feengrotten“. Auch die Namen „Märchendom“ und „Gralsburg“ gehen auf diesen Wissenschaftler zurück. Sie bezeichnen die berühmtesten Formationen der Saalfelder Unterwelt.

Das UNESCO-Weltnaturerbe

Hainich Zwischen Eisenach, Mühlhausen und Bad Langensalza liegt der größte zusammenhängende Laubwald Deutschlands, der Hainich. Knapp die Hälfte der insgesamt 16.000 Hektar gehört zum gleichnamigen Nationalpark. Diese Fläche ist weitgehend unberührte Natur, in einem Wort: Urwald. Wegen seines großen Buchenbestands hat die UNESCO den Nationalpark Hainich zum Weltnaturerbe erklärt. Er steht damit auf einer Stufe mit Landschaften wie dem Yellowstone-Nationalpark und den Galapagosinseln. Neben der Buche gedeihen im Nationalpark Hainich zahlreiche andere Laubbaumarten wie Esche, Ahorn, Linde und die seltene Elsbeere. Ähnlich reich ist die Tierwelt. Im Hainich leben zum Beispiel Wildkatzen, Baummarder, 15 Arten Waldfledermäuse sowie Käfer, die bereits als ausgestorben galten. Durch die Wipfel des Urwalds führt ein Baumkronenpfad. Auf diese Weise können Besucherinnen und Besucher auch die unzugänglicheren Bereiche des Urwalds entdecken.

Die Steinrinne Bilzingsleben

Sieben Milliarden Menschen gibt es und doch ist der Homo sapiens einsam auf der Welt. Er ist der einzige Überlebende einer Gattung, die noch vor wenigen Zehntausend Jahren mehrere Arten umfasste. Dazu zählte unser Vetter Homo erectus. Dessen Hinterlassenschaften sind umso wertvoller, je älter und je vollständiger sie sind. Eine wahre Pilgerstätte für Paläontologen ist deshalb Bilzingsleben. In einem ehemaligen Steinbruch, der Steinrinne, finden Wissenschaftler Werkzeuge und Fossilien, die bis zu 400.000 Jahre alt sind. Auch Reste von Mahlzeiten gehören dazu, zum Beispiel Knochen von Nashörnern.

Natur und Geschichte am Kyffhäuser Felsen und Höhlen, Feuchtwiesen und Magerrasen, Wald und Streuobsthaine - das ist der Naturpark Kyffhäuser. 30 verschiedene Orchideenarten blühen in diesem Paradies für Wanderer und Radfahrer, und im Herbst rasten hier Tausende Kraniche auf ihrem Weg nach Süden. Überregional bekannt ist die Kyffhäuserregion aber wegen der Barbarossahöhle bei Rottleben. Die bizarren Steinstrukturen in der riesigen Höhle beeindrucken den Besucher, und die dazugehörige Sage ist legendär. Demnach schläft hier Kaiser Friedrich I., genannt Barbarossa. Er soll eines Tages er wachen, das Reich retten, es zu neuer Herrlichkeit führen und in einer letzten Schlacht das Böse besiegen. Die Sage wurde in der Literatur vielfach aufgegriffen. Heinrich Heine etwa persiflierte die Barbarossa-Sehnsucht in „Deutschland. Ein Wintermärchen“. Neben Barbarossa haben Kaiser Wilhelm I. und das Adelsgeschlecht von Schwarzburg-Sondershausen die Geschichte der Region geprägt. Deren Wahrzeichen, die Reichsburg, thront inmitten des Kyffhäusergebirges. Hier steht auch das imposante, 81 Meter hohe Kyffhäuserdenkmal mit dem Reiterstandbild von Kaiser Wilhelm I. und der in Stein gehauenen Figur Barbarossas.

„Rococo en miniature“ in Rudolstadt

Ist der Alltag grau, schaffen sich manche Jugendliche eine Fantasiewelt. So auch Gerhard Bätz und Manfred Kiedorf in den 1950er-Jahren. Das Besondere: Die beiden blieben ihren Luftschlössern als Erwachsene treu - und bauten sie mit Pappmaché, Gips und Holz nach. Für ihre Rokoko-Königreiche Dyonien und Pelarien, zwischen denen der Grenzfluss Dempa verläuft, schufen die Künstler Tausende Figuren und Gebäude im Maßstab 1:50. Jede Treppe ist stilecht. Jede Schublade lässt sich öffnen. Jedes Gesicht zeigt eine unverwechselbare Mimik. So wie das von Bombastus der aus Igelshieb. Dieser Hofdichter lässt sich für Verse wie diese rühmen: „Perückenmacher Taubennest / Verdeckt mit Kunst der Haare Rest.“ Kiedorf und Bätz, die von ihren Kreaturen als Gott Manfred und Gott Gerhard verehrt werden, treiben das Spiel sogar noch weiter: Prinzessin Talophé besitzt ein Puppenhaus - und damit Miniaturen von Miniaturen. „Absolute Perfektion“, schwärmte die Süddeutsche Zeitung über die Ausstellung auf der Heidecksburg.

Moderne auf der Leuchtenburg

Bei Kahla steht der Himmel offen. Die Leuchtenburg hat im Jahr 2014 einen Skywalk erhalten, einen Steg aus Glas und Stahl knapp zwanzig Meter über der Erde. Wer ihn begeht, schwebt gleichsam über dem Saaletal und genießt Ausblicke bis nach Jena. Mit dem Skywalk setzt die Stiftung, der die Leuchtenburg gehört, erneut ein Zeichen: Das ehr würdige Gemäuer ist keine Konserve der Mittelalterromantik, sondern lebt. So wie die acht Jahrhunderte zuvor hinterlässt auch das 21. Jahrhundert Spuren. Die Leuchtenburg war Verwaltungssitz der Wettiner, Gericht, Zuchthaus und Jugendherberge. Heute ist sie Veranstaltungsort und Museum. Die Stiftung bewahrt Altes und schafft zugleich Neues. Dazu gehört neben dem Skywalk das Besucherzentrum. Das moderne Gebäude folgt in seinem Grundriss der historischen Wehrmauer. Innen erlauben Panoramafenster ein packendes Landschaftskino.

Besuch im Lindenau-Museum

In Altenburg steht „ein Schatzhaus der Kunst, das einem wie ein Wunder vorkommt“, schwärmt die Wochenzeitung „Die Zeit“ vom Lindenau-Museum. Dass sich der Stellenwert des Hauses weiter herumspricht, möchte auch Angelika Wodzicki. Sie leitet die Öffentlichkeitsarbeit und Museumspädagogik des Lindenau-Museums. Frau Wodzicki, weshalb nennen Kenner das Lindenau-Museum in einem Atemzug mit den bedeutendsten Kunstsammlungen Deutschlands? Unser Museum besitzt eine der umfangreichsten Spezialsammlungen früher italienischer Tafelmalerei. Das sind 180 auf Pappelholz gemalte Altarfragmente aus dem 13. bis 16. Jahrhundert, unter anderem von Sandro Botticelli, Fra Angelico und Luca Signorelli. Welche weiteren Schwerpunkte möchten Sie hervorheben? Eindrucksvoll ist unsere Kollektion griechischer und etruskischer Keramiken. Diese edlen Gefäße sind etwa 2.500 Jahre alt. Lehrreich ist auch unsere Gipsabguss-Sammlung nach berühmten Bildwerken der Antike und der Renaissance. Es gibt eine wunderbare historische Kunstbibliothek, eine Vielzahl von Plastiken und Gemälden des 19. bis 21. Jahrhunderts. Vor allem aber verfügen wir über eine der größten musealen Sammlungen des 1989 verstorbenen international renommierten Künstlers Gerhard Altenbourg. Das Museum ist nach seinem Gründer benannt. Blieb von Bernhard August von Lindenau mehr als der Name? Wir verdanken Lindenau nicht nur einen großen Teil unserer Bestände, sondern stehen auch museumspädagogisch in seiner Tradition. Lindenau war ein universell gebildeter Naturwissenschaftler und Staatsmann, der zwölf Jahre an der Spitze der Regierung Sachsens stand. In seine Heimatstadt Altenburg zurückgekehrt, eröffnete er 1848 ein Museum. Integriert war von Beginn an eine Lehranstalt zum Malen, Zeichnen und Töpfern. Die jungen Leute der Stadt sollten in einer Zeit, in der öffentliche Museen noch selten waren, den unmittelbaren Umgang mit originalen Kunstwerken erleben. Diesem Ideal fühlen wir uns bis heute verpflichtet: Zu den Abteilungen unseres Hauses gehört eine Jugendkunstschule. Das ist in der deutschen Museumslandschaft einzigartig.

Arnoldi erneuert das Versicherungswesen

Was haben Versicherungen mit den Abenteuern der drei Musketiere gemein? Den Leitsatz „Einer für alle, alle für einen!“ Das gilt zumindest für jene Unternehmen der Branche, die in der Tradition von Ernst Wilhelm Arnoldi stehen. Dieser Spross einer Gothaer Kaufmannsfamilie beschäftigte sich im Jahre 1818 eingehend mit der Frage, wie sich Fabriken und Manufakturen besser gegen Feuer versichern könnten. Die Lösung: Alle gemeinsam gründen eine Bank und zahlen als Miteigentümer Beiträge. Im Falle eines Brandes würde der Geschädigte finanziell unterstützt. Die Idee machte Furore, und 1820 riefen Arnoldi und seine Mitstreiter die „Feuerversicherungsbank des Deutschen Handelsstandes“ ins Leben. Nur sieben Jahre später übertrug der Visionär aus Gotha das Konzept der gegenseitigen Hilfe von der Wirtschaft ins private Leben. Er gründete die Gothaer Lebensversicherungsbank, um beispielsweise Witwen und Waisen besser vor Armut zu schützen. An den Erneuerer des Versicherungswesens erinnert in Gotha das einzige firmenunabhängige versicherungsgeschichtliche Museum Deutschlands.

Willy Brandt in Erfurt

Brandt wird empfangen! So deutlich ist die Weisung aus Moskau, dass die Führung in Berlin spuren muss. Nach zähen Verhandlungen über das Wie und das Wo begrüßt der Ministerpräsident der DDR, Willi Stoph, den Bundeskanzler der BRD, Willy Brandt, am 19. März 1970 „in der Blumenstadt Erfurt“. Brandt bedankt sich für das gute Wetter und lässt sich über den nagelneuen roten Teppich führen. Die Agenda ist genau festgelegt. Zu brisant ist das Treffen, um Details dem Zufall zu überlassen. Und dennoch gerät dieser Vormittag für einen der Namensvettern zum Desaster, für Willi Stoph. Etliche Bürger des „Arbeiter- und Bauernstaates“ haben Willy Brandt bereits entlang der Bahnstrecke zugewinkt. Nun sind mehr als 2.000 Menschen auf den Bahnhofsvorplatz geströmt, um den Repräsentanten des angeblichen Klassenfeinds zu bejubeln. Volkspolizei und Staatssicherheit können sie nicht zurückhalten. Vor dem Tagungshotel „Erfurter Hof“ durchbricht die Masse immer wieder die Absperrungen und ruft „Willy Brandt! Willy Brandt!“ Kaum haben der Kanzler und der Ministerpräsident im Konferenzsaal Platz genommen, verlangen die Menschen mehr: „Willy Brandt ans Fenster!“ Brandt weiß, was auf dem Spiel steht. Er darf Stoph nicht düpieren, indem er sich feiern lässt. Er kann die Situation auf dem Platz aber auch nicht eskalieren lassen, indem er sich verweigert. Also geht Brandt ans Fenster, lächelt zaghaft und hebt einmal die Hand. So kurz dieser Moment ist - die Fotos, die ihn festhalten, gehen ins kollektive Gedächtnis ein. Sie stehen für den einzigen Tag zwischen dem Arbeiteraufstand von 1953 und den Montagsdemonstrationen von 1989, an dem Bürger der DDR gemeinsam zeigen konnten: Wir wollen eine andere Regierung.

Benedikt XVI. in St. Marien Etzelsbach

Einst fand ein Bauer beim Pflügen ein hölzernes Bildnis der Mutter Gottes. Er wusste, dass es nur aus einem Kirchlein stammen konnte, das im Bauernkrieg niedergebrannt war. Der Mann ließ das Gnadenbildnis wieder aufstellen. Als 1625 in der Gegend eine Pferdeseuche ausbrach, schickte der Pfarrer die Bauern zum Gnadenbild, um die Mutter Gottes um Hilfe zu bitten - und die Tiere wurden gesund. So will es die Legende, auf der der Ruf der Kapelle St. Marien Etzelsbach beruht. Noch heute heißen die Pilgerfahrten zu dem kleinen Gotteshaus, das in seiner heutigen Gestalt aus dem 19. Jahrhundert stammt, „Pferdewallfahrten“. Seit dem 23. September 2011 ist St. Marien Etzelsbach auch weltweit bekannt: Papst Benedikt XVI. machte während seines Deutschlandbesuchs im Eichsfeld Station. Mit dem Besuch der Wallfahrtskapelle aus rotem Klinker habe er sich einen Wunsch erfüllt, so Benedikt. Seit seiner Jugend habe er viel vom Eichsfeld gehört und schon immer an diesem Ort mit den Thüringern beten wollen. Und die wollten das ebenfalls: Rund 90.000 Gläubige kamen, um mit dem Papst eine Marienvesper zu feiern - viel mehr als erwartet.

Müntzer und der Bauernkrieg

Ob Cromwell in England, Robespierre in Frankreich oder Che Guevara in Lateinamerika - wer Freiheit gewaltsam erzwingen will, bleibt umstritten. Nicht anders ist das mit dem berühmtesten Freiheitskämpfer Thüringens, Thomas Müntzer. Der Pfarrer der Marienkirche in Mühlhausen predigte nicht nur gegen das Papsttum, wie es sein Zeitgenosse Luther tat. Vielmehr entwickelte er sich zum Sozialrevolutionär, der den Reformator als „das geistlose, sanftlebende Fleisch zu Wittenberg“ schmähte. Das gemeine Volk sollte sich mit dem Schwert von der gottlosen, raffgierigen Obrigkeit befreien. Bei Worten blieb es nicht. Müntzers Anhänger wüteten in Kirchen und Klöstern, zum Beispiel in Volkenroda (siehe Nr. 33). Und 1525 führte der Prediger ein Heer von Mühlhäuser Bürgern sowie Bauern der Umgebung in eine der bedeutendsten Schlachten des Deutschen Bauernkriegs. Bei Frankenhausen unterlag Müntzer den Söldnern der Fürsten und wurde kurz darauf hingerichtet.

Bernd das Brot

Bernd das Brot ist ein Kastenbrot mit viel zu kurzen Armen und einer ganz eigenen Sicht der Dinge. Lautstarker Spaß und Frohsinn sind ihm ein Gräuel. Seine Freizeit verbringt Bernd am liebsten in seinem schalldichten Zimmer. Dort starrt er die Raufasertapete an oder sammelt Testbilder aus dem Fernsehen. Seine Lieblingsvokabel: Mist. Dennoch ist Bernd das Brot Kult. Im Jahr 2004 wurde der Antiheld mit dem Adolf-Grimme-Preis ausgezeichnet, weil er nach Ansicht der Jur y bei KiKA „das Recht auf schlechte Laune“ vertritt. Seit 1997 hat der Kinderkanal von ARD und ZDF seine Heimat in Erfurt und unterstützt mit den Angeboten das

Das erste Reinheitsgebot für Bier

Das Jahr 1998 bescherte dem Städtchen Weißensee bei Sömmerda eine kleine Sensation. Im Archiv fand sich eine Wirtshausverordnung aus dem Jahr 1434, aus der hervorgeht: Das älteste Reinheitsgebot für Bier stammt aus Thüringen. Die „Statutathaberna“ schrieb unter Strafandrohung vor, dass zum Brauen nur „hophin, malcz und wasser“ verwendet werden dürfen. Bis dahin hatten die bayerischen Bierbrauer die Erfindung des ältesten Lebensmittelgesetzes der Welt für sich beansprucht - aufgrund eines Dokumentes von 1516. In der „Ratsbrauerei“ im historischen Rathaus von Weißensee erzählt der Braumeister persönlich gern von der Kunst des Bierbrauens - und schenkt sein „Weißenseer Ratsbräu“ mit dem Gütesiegel „Original Thüringer Qualität“

aus.

Spielkarten aus Altenburg

Richard Strauss war ein schlitzohriger Gegner beim Skat. Seine Leidenschaft für das Spiel war so groß, dass er in seiner Oper „Intermezzo“ sogar eine Skatpartie komponierte. Übrigens lagen die thüringischen Wirkungsstätten des Komponisten, Meiningen und Weimar, gar nicht so weit von der Stadt entfernt, aus der das Skatspiel stammt: Altenburg. In dem Ort am Ostzipfel Thüringens werden seit 1509 Spielkarten hergestellt. 1813 begannen spielfreudige Bürger in den Kneipen, aus älteren Kartenspielen den Skat zu entwickeln. Schon bald wurde er deutschlandweit bekannt. An die legendären ersten „Skat-Brüder“ erinnert der Skatbrunnen, das weltweit einzige Skat-Denkmal. Altenburg ist der Nabel der Skatwelt. Hier gründete sich 1899 der Deutsche Skatverband. Und hierhin kehrte der Verband nach der Wiedervereinigung aus Bielefeld zurück, wo er seit dem Zweiten Weltkrieg seinen Sitz gehabt hatte. Seit 2001 entscheidet das Internationale Skatgericht in Altenburg strittige Fälle im Skatspiel. Mit der Geschichte des Skats und des Kartenspiels im Allgemeinen beschäftigt sich das Spielkartenmuseum im Residenzschloss Altenburg, das weltweit älteste seiner Art.

Mit dem Mountainbike zum Höhenweltrekort

Türkisblaues Meer und Hängematte? Guido Kunze kennt bessere Gründe, in ferne Länder zu reisen: Wüstensand, Schotterpisten und körperliche Leistungen am Rande des Möglichen. Guido Kunze ist Extremsportler. 2010 durchquerte er mit dem Fahrrad den gesamten australischen Kontinent, in sieben Tagen, 19 Stunden und fünf Minuten. So steht es im Guiness-Buch der Rekorde. 2013 nahm sich der Mühlhäuser die Chinesische Mauer vor und bezwang sie ebenfalls mit dem Rad. Und 2014 flog er nach Chile, um sich auf den höchsten Vulkan der Erde quälen. Der Ojos del Salado, so der Name des Bergs, erhebt sich aus der glutheißen Atacamawüste und gipfelt in eiskalter, sauerstoffarmer Luft bei knapp 6.900 Metern. Guido Kunze über wand mit seinem Mountainbike exakt 6.233 davon - Weltrekord. Noch auf dem Vulkan kommentierte der 49-Jährige seine sportliche Glanztat trocken: „Das war echt ’ne Hausnummer.“

Freizeitparadies Rennsteig

„Die Gegend ist herrlich, herrlich“, schrieb Johann Wolfgang von Goethe einst aus llmenau. Kein Wunder, dass der Thüringer Wald das meistbesuchte Urlaubsgebiet im Freistaat ist. Wanderer schätzen vor allem den 169 Kilometer langen Rennsteig. Stets im Mai wird dieser berühmte Höhenwanderweg beim traditionellen Rennsteiglauf zur großen Laufstrecke (siehe Nr. 59). Als Wanderweg hat er auch eine große symbolische Bedeutung: Das Rennsteiglied gilt als „heimliche Hymne“ Thüringens. Im Winter verwandelt sich der Thüringer Wald in ein Paradies für Skifahrer. Mehr als 1.800 Kilometer Skiwanderwege und rund 74 Kilometer Loipen durchziehen hier tief verschneite Höhenlagen und Täler. Besonders beliebt ist der Wintersportort Oberhof, wo Weltcups in Biathlon, Bob, Skilanglauf und der nordischen Kombination stattfinden.

Rennsteiglauf zu Ehren GutsMuths’

Die Schnellsten schaffen die 72,7 Kilometer in gut fünf Stunden: Wer sich beim GutsMuths-Rennsteiglauf für den Supermarathon entscheidet, spurtet von Eisenach bis Schmiedefeld. Doch es sind vor allem die anderen Distanzen, die den Crosslauf zum größten in Mitteleuropa machen. Rund 15.000 Menschen jeden Alters zieht es alljährlich im Mai an den Rennsteig, um an Marathon, Halbmarathon, Kindercrossläufen oder am Nordic Walking teilzunehmen. Benannt ist die Veranstaltung, die erstmals 1973 stattfand, nach Johann Christoph Friedrich GutsMuths. Der Turnlehrer veröffentlichte 1793 in Schnepfenthal das Buch „Gymnastik für die Jugend“ und trug so dazu bei, dass der Sport ein Teil der Erziehung geworden ist.

Helden des Sports

Wenn zu wenig Schnee liegt, rauschen Skispringer auf einer speziellen Plastikmatte in die Tiefe. Entwickelt wurde sie in Thüringen. Eine stolze Wintersportregion lässt sich schließlich nicht von Tauwetter den Erfolg verderben. Thüringer steigen regelmäßig aber auch in Disziplinen aufs Siegertreppchen, die nichts mit Schnee und Eis zu tun haben. Zu den Helden des Sports gehören unter anderem: > Ronny Ackermann, Nordische Kombination, 3x Silber bei Olympischen Spielen, 4x Gold bei Weltmeisterschaften > Daniela Anschütz-Thoms, Eisschnelllauf, 2x Gold bei Olympischen Spielen, 1x Gold bei Weltmeisterschaften > Maximilian Arndt, Bobsport, 1x Gold im Viererbob bei Weltmeisterschaften, 2x Gold bei Europameisterschaften > Stephanie Beckert, Eisschnelllauf, 1x Gold und 2x Silber bei Olympischen Spielen > Heike Drechsler, Weitsprung und Sprint, 2x Gold bei Olympischen Spielen, 2x Gold bei Weltmeisterschaften > René Enders, Bahnradsport, 2x Bronze bei Olympischen Spielen, 2x Gold bei Weltmeisterschaften > Sven Fischer, Biathlon, 4x Gold bei Olympia, 7x Weltmeister, mehrfacher Sieg im Gesamtweltcup > Clemens Fritz, Fußball, Vize-Europameister 2008, DFB-Pokal-Sieger 2009 mit Werder Bremen > Silvio Heinevetter, Handball, Torwart der deutschen Nationalmannschaft, DHB-Pokalsieger mit Füchse Berlin > Andrea Henkel, Biathlon, 2x Gold bei Olympischen Spielen, 8x Gold bei Weltmeisterschaften > Wolfgang Hoppe, Bobsport, 2x Gold bei Olympischen Spielen, 8x Gold bei Weltmeisterschaften > Marcel Kittel, Radsport, acht Etappensiege Tour de France, zwei Etappensiege Giro d’Italia > André Lange, Bobsport, 4x Gold bei Olympischen Spielen, 8x Gold bei Weltmeisterschaften > Erik Lesser, Biathlon, 2x Silber Olympischen Spielen > Olaf Ludwig, Radsport, 1x Gold bei Olympischen Spielen, zwei Gesamtsiege bei der Friedensfahrt, drei Etappensiege bei der Tour de France > Roland Matthes, Schwimmen, 4x Gold bei Olympischen Spielen, 3x Gold bei Weltmeisterschaften > David Möller, Rennrodeln, 1x Silber bei Olympischen Spielen, 4x Gold bei Weltmeisterschaften > Gunda Niemann-Stirnemann, Eisschnelllauf, 3x Gold bei Olympischen Spielen, 19x Gold bei Weltmeisterschaften, „Eisschnellläuferin des Jahrhunderts“ > Maria Seifert, 100 und 200 Meter Lauf, 3x Bronze bei Paralympischen Spielen, 2x Gold bei Europameisterschaften > Bernd Schneider, Fußball, deutscher Nationalspieler von 1999 bis 2008, Vizeweltmeister 2002, 2x Vizemeister der Bundesliga mit Bayer 04 Leverkusen > Axel Teichmann, Skilanglauf, 2x Silber bei Olympischen Spielen, 2x Gold bei Weltmeisterschaften > Sabine Thies, geborene Völker, Eisschnelllauf, 1x Gold bei Olympischen Spielen, 1x Gold bei Weltmeisterschaften > Kristina Vogel, Bahnradsport, 1x Gold bei Olympischen Spielen, 5x Gold bei Weltmeisterschaften > Kati Wilhelm, Biathlon, 3x Gold bei Olympischen Spielen, 5x Gold bei Weltmeisterschaften. Die Liste zählt jeweils die größten Erfolge auf.

Tanz- und Folkfestival, Kulturarena und Weimarer Sommer

Es trommelt und pfeift, es rasselt und fiedelt, und auf Straßen und Plätzen feiern Menschen aus aller Welt: Das Tanz- und Folkfestival Rudolstadt ist Deutschlands größtes Fest der Weltmusik. An den vier Veranstaltungstagen im Juli strömen jeweils bis zu 30.000 Fans in die ehemalige Residenz am Saalebogen mit ihren kaum 23.000 Einwohnern. Rund 30 Bühnen und Podien verteilen sich über die Heidecksburg, die Altstadt und den Heinrich-Heine-Park. Bis zu 1.000 Künstler treten auf. Und das Ereignis, das 2015 zum 25. Mal stattfinden wird, wirkt nach: Das Deutschlandradio sendet oft noch Monate später Konzertmitschnitte vom „TFF“, wie Kenner das Festival nennen. Ein weiteres Großereignis mit überregionaler Anziehungskraft ist die Kulturarena Jena. Zwei Jahre nach der Wiedervereinigung stellten Theatermacher und Kultur verantwortliche vor dem Jenaer Theaterhaus ein Zelt auf und veranstalteten 22 Konzerte. Der Erfolg des Experiments übertraf die Erwartungen. In den gut zwei Jahrzehnten, die seitdem vergangen sind, hat sich die Kulturarena Jena zu einem Festival des Theaters, des Films und der Musik entwickelt. Stars der Pop- und Rockmusik wie Travis, 2raumwohnung und Patti Smith traten ebenso auf wie der englische Geiger Nigel Kennedy oder der norwegische Saxofonist Jan Garbarek. „Weimar im Sommer ist eine überwältigend attraktive Stadtgestalt, deren Aura durchaus mit der anderer urbaner Kostbarkeiten wie etwa Salzburg verglichen werden kann“, schwärmt Professor Dr. Christoph Stölzl, der Präsident der Hochschule für Musik Franz Liszt. Was lag also näher, als den „Weimarer Sommer“ ins Leben zu rufen. Unter diesem Namen sind seit 2012 traditionsreiche und erfolgreiche Veranstaltungsreihen gebündelt. Dazu zählen unter anderem die Bach Biennale, die Weimarer Meisterkurse, das Trekoulor-Filmfest, die Bauhaus-Sommeruniversität und das Festival der Projektionskunst Genius Loci.

Queen Victoria in Gotha

Die Familie des Gatten zu besuchen, gehört für manche zu den lästigen Seiten des Ehelebens. Nicht so für Queen Victoria. Die Königin von Großbritannien und Irland reiste mit ihrem Gemahl Albert von Sachsen-Coburg und Gotha regelmäßig und gern an den Gothaer Hof. „Ich fühle mich hier so zu Hause“, heißt es 1845 im Tagebuch. Darin schwärmt Victoria unter anderem von Schloss Friedenstein. Auch Alberts früher Tod setzte den Besuchen kein Ende. Im September 1862 kehrte die Queen an die Orte Thüringens zurück, die sie mit ihrem geliebten Mann oft besucht hatte, darunter Schloss Reinhardsbrunn. Um dorthin zu gelangen, musste Victoria in Mechterstädt vom Zug auf die Kutsche umsteigen. Für eine korpulente Dame von 1,50 Meter Körpergröße ein wahrhaft majestätisches Unterfangen. Also wurde eigens eine Treppe gezimmert. Die Kosten übernahm der Schwager, Herzog Ernst II.

Audanika macht das iPad zum Instrument„ Ich würd so gern ein Instrument spielen“, lautet ein weitverbreiteter Wunsch. Häufig folgt ihm ein Aber. Keine Zeit. Kein Talent. Keine Lust, Noten zu lernen. Die Audanika GmbH aus Ilmenau hat das Dilemma gelöst. Diese Ausgründung des Fraunhofer-Instituts für Digitale Medientechnologie (IDMT) bietet eine Applikation für iPhone und iPad an, mit deren Hilfe jeder sofort musizieren kann. Mit SoundPrism komponiert der Nutzer Harmonien, indem er Felder auf dem Bildschirm berührt. Er kann Akkorde spielen, Basslinien festlegen und die Tonart ändern, ohne zu wissen, was das eigentlich bedeutet. Und statt eines einzelnen Instruments spielt er gleich mehrere.

Wieglebs Lehranstalt für Apotheker

Büffeln, pauken, ackern: Pharmazie gehört zu den anstrengendsten Fächern, die ein junger Mensch an der Universität wählen kann. Trotzdem tun es jedes Jahr Tausende, denn nur so können sie Apotheker werden. Dass diese Ausbildung heute so verlässlich ist, verdankt sich engagierten Gelehrten wie Johann Christian Wiegleb. Der Apotheker aus Langensalza schrieb ein Lehrbuch für angehende Kollegen und gehörte zu den Wegbereitern der modernen Chemie. 1779 gründete er als Erster in Deutschland eine private Lehranstalt für Apotheker. Ein Beispiel, das Schule machte.

Friedrich Fröbels Kindergarten

In Bad Blankenburg steht ein Fröbel-Museum, und ein Fröbel-Wander weg führt von hier in die sanften Hügel der Gegend. Benannt sind sie nach einem Visionär: Friedrich Fröbel erkannte schon vor fast 200 Jahren, wie wichtig die ersten Lebensjahre und eine intakte Familie sind. Der Pfarrerssohn aus dem Thüringer Wald setzte sich für das Recht Heranwachsender auf eine ganzheitliche Erziehung ein und gründete in Blankenburg eine „Spiel- und Beschäftigungsanstalt“. Für diese Einrichtung fand er 1840 den Begriff „Kindergarten“. Ein Garten für Kinder sollte es sein, in dem sie die Natur beobachten und mit ihr leben können. Aber auch ein Garten von Kindern, in dem sie sich in Freiheit entwickeln und ihre schöpferischen Potenziale entfalten können. Das Konzept hat sich in aller Welt etabliert. Einige Völker haben sogar den Begriff in ihre Sprache übernommen. Die Briten beispielsweise sprechen von „Kindergarten“.

Rolf Anschütz’ japanisches Restaurant

Mit Kittelschürzen war die DDR reich gesegnet. Aber Kimonos? Rolf Anschütz setzte alles daran, die traditionellen japanischen Gewänder zu besorgen. Denn der Suhler hatte einen Traum. Aus der Gaststätte „Waffenschmied“, die er leitete, sollte ein japanisches Restaurant werden. Also überredete Anschütz das Meininger Theater, ihm die Kostüme aus der Oper „Madame Butterfly“ zu überlassen, die in Japan spielt. Solche Ideen waren es, die 1966 das erste japanische Lokal der DDR ermöglichten. Anfangs waren beispielsweise die Stäbchen handgeschnitzt. Den Sake mixte die Küche aus erwärmtem Tokaier und Nordhäuser Korn. Außerdem gelang es Anschütz trotz DDR-Mangelwirtschaft, ein originalgetreues zeremonielles Bad zu bauen. Das Japan-Restaurant in Suhl bestand bis 1993 und war stets auf Jahre ausgebucht. Gäste aus aller Welt ließen sich auf die Warteliste setzen, um das Phänomen zu erleben. Im Jahr 2012 kam die Geschichte unter dem Titel „Sushi in Suhl“ als Film in die Kinos.

Bertuchs Journal des Luxus und der Moden

„Eine Commode ist ein schönes Meuble für das Wohnzimmer einer Dame und bestimmt, ihren kleinen Putz zu verschliessen.“ Diese Definition steht in der ersten Ausgabe des Journals des Luxus und der Moden von 1786 und leitet die Reklame für einen Weimarer Tischler ein. Die Zeitschrift des Verlegers Friedrich Justin Bertuch erschien 40 Jahre lang einmal im Monat und gilt als so etwas wie die Großmutter aller Frauenmagazine. Die Redaktion beobachtete eigenartige Trends wie den, auf der Straße eine Nachthaube zu tragen, rezensierte Theaterstücke und gab Tipps, wie ein Garten zu gestalten und die Gesundheit zu erhalten sei. Doch so bunt und vielfältig die Themen auch waren: Bertuch verfolgte ein aufklärerisches Konzept. Der Unternehmer, der seinen Zeitgenossen genauso bekannt war wie Goethe oder der Weimarer Herzog, wollte seine vor allem weiblichen Leser geschmacklich und ästhetisch bilden. Historiker bescheinigen Bertuch einen wesentlichen Beitrag zum bürgerlichen Selbstbewusstsein des 19. Jahrhunderts.

Quelle:

https://www.das-ist-thueringen.de/fileadmin/Download_Bestellungen/100_Geschichten_100_Ueberraschungen

M. R. LW