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Bekanntmachungsblatt der Gemeinde Gersheim
Ausgabe 13/2024
Sellemòls in der Gemeinde
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Ostern – Tanz der Ostersonne

Wenn wir uns heute über Ostern unterhalten und uns dabei auch über die alten, längst vergessenen Bräuche erzählen, kommt es immer seltener vor, dass sich Menschen an den Tanz der aufgehenden Sonne am Ostersonntag erinnern. Es war nicht nur das Beobachten, wie es heute vielleicht noch einige tun, es war einst ein vielfach gelebter und weit verbreiteter Brauch.

Man musste früh aufstehen und sich an einen Ort mit guter Weitsicht in Richtung Osten begeben. Niemand ging allein, stets waren es kleine Gruppen und die konnten andere kleine Gruppen beobachten und solche mit einem kurzen Ostergruß erfreuen.

Voraussetzung war allerdings eine klare Sicht, schließlich wollte man den Aufgang der Ostersonne beobachten.

Mit diesem Brauch war eine kleine, weit verbreitete Sage verbunden: Die Sonne begann - und das nur am Ostersonntagmorgen - ein leichtes Hüpfen, das mit der Osterfreude verbunden sein sollte.

Die Menschen schauten nur in das langsam erwachende Sonnenlicht und sobald die Sonne kreisrund und voll über dem Horizont zu beobachten war, begann unser Lieblingsgestirn bei den meisten beobachtenden Menschen tatsächlich zu hüpfen.

Diese Beobachtung beruht auf einem Phänomen: Durch das lange, teils krampfhafte Schauen in das helle Sonnenlicht, „übernahm“ das gereizte Auge der betrachtenden Personen die Hüpfsprünge. Anders gesagt: Die betrachtenden Personen glaubten, die springende Sonne wirklich wahrnehmen zu können.

Der Volksglaube an die hüpfende Sonne war bereits in vorchristlichen Zeiten in den indoeuropäischen Völkern weit verbreitet und hatte ursprünglich nichts mit dem Osterfest zu tun. Es war die Freude der Menschen an der erlebten Frühlingssonne, die Freude, in ein sonniges Jahr ziehen zu dürfen.

Ich wünsche allen Leserinnen und Lesern ein frohes und vor allem friedvolles Osterfest. Vielleicht zeigt sich die Sonne einigen sogar - wie seit Jahrhunderten - fröhlich hüpfend.

Gunter Altenkirch