Der April war über viele Jahrhunderte der Schwalbenmonat. Die Menschen in den Dörfern freuten sich, wenn sie die ersten Vögel nach ihrer Rückreise aus dem Süden wieder begrüßen durften.
Heute ist der Rückgang der Dorfschwalben erschreckend. Einmal ist es der übertriebene Sauberkeitswahn, ein anderes Mal ist es der Rückgang unserer Vögel überhaupt, denn wir müssen zugeben, dass wir diese Tieren nur noch selten in unserer Nähe dulden.
Nestbauhilfen für Schwalben waren einst angebrachte Brettchen unter dem Dachvorsprung an unseren Häusern und Ställen. Sie sind mittlerweile fast ganz verschwunden. Das beliebte Baumaterial der Vögel, Rindermist, steht in den Dörfern auch nicht mehr zur Verfügung. Und was heute den Schwalben am meisten fehlt, das sind die Misthaufen im Dorf, in denen tausende von Mücken lebten. Mücken sind nun einmal die Hauptnahrung der Schwalben. Diese Vögel sind Fliegen- und Mückenvernichter. Ein Schwalbenpaar, das seine Jungen füttert, benötigt für die Aufzucht mehrere tausend dieser Schädlinge pro Tag. Und diese Nahrung fehlt nicht nur, sie wird auch durch Insektenvernichtungsmittel weiter eingeschränkt.
Dennoch sollen wir uns erinnern: Schwalben waren einst die Lieblinge unserer Voreltern. Der Gesang der Schwalben, so brachten die Eltern ihren Kindern bei, hieß „liebe, liebe Marrie“. Die Schwalbe war mithin ein alter Marienvogel und in gallgermanischen Zeiten war er der Lieblingsvogel der Göttin Holda.
Dass unsere Vorfahren die Schwalben als Marienvogel noch immer hoch verehrten, erkennen wir an unseren Bauernregeln. So heißt eine einst sehr wichtige:
„Mariä Geburt (am 8. September) flien die Schwalwe furt –
Mariä Künnigung (9. April) kehrn sie wieder um.
In unserer alten Volksheilkunde kannten wir Kräuter, wie das Schöllkraut, das in unserer Mundart auch „Schwalweworz“ hieß. Einer alten Sage nach hätten die Schwalben die Menschen durch ihren Gesang auf dieses Kraut aufmerksam gemacht.
Noch eine ganz wichtige Hilfe der Schwalben haben wir heute vergessen: Sie waren und sind es noch immer Wetteranzeiger: Fliegen die Schwalben tief, muss man mit Regen rechnen. Fliegen sie dagegen hoch, soll das Wetter am Tag schön sein. Das war vor allem in früheren Zeiten den Menschen eine große Hilfe, wenn sie in Feld und Wald arbeiten wollten.
Wir sind gespannt, wann wir in diesem Jahr die ersten unserer Lieblingsvögel begrüßen können.