Über den früheren Einsatz Böllern und Sturmglocken berichten uns alte Amtsakten. Böller oder Glocken wurden abgefeuert bzw. geläutet, wenn eine Gefahr für das Dorf bestand. Das konnte ein schweres Unwetter sein, feindliche Truppen in Kriegszeiten aber auch gemeldete räuberische Vagantengruppen.
Seit dem frühen 19. Jahrhundert wurden Böller gerne vor bedeutenden Bräuchen abgefeuert, dazu zählte in den katholischen Gemeinden auch das Vaterunser an den Fronleichnamsaltären, wie im letzten Beitrag ausgeführt.
Einer der alten Bräuche war das Vertreiben böser Geister. In freudigen Erinnerungen blieb das Abfeuern von Böllern zu wichtigen Dorfbräuchen. Allen voran war die Kirmeseröffnung, gefolgt durch das Neujahrsschießen, dass bald in ein allgemeines Brauchtum überging und heute noch mit vielen Einweg-Böllern erhalten ist.
Das Erntedankfest war ein weiterer Anlass. Im 19. Jahrhundert war dieses Böllern mit einem Dankgebet für das gute Erntejahr verbunden, einem Brauch, der schon lange in Vergessenheit geriet.
Ebenso ist ein Böllern zum 1. Mai, ein Brauch, den die Vertreter der Arbeiterschaft durchsetzten. Er wurde nach kurzer Zeit wieder eingesteltl.
Das Böllern vor der Hochzeit galt vor allem der Braut, denn sie sollte vor bösen Geistern beschützt werden. Auch dieser Brauch ist längst vergessen.
Unter normalen Bedingungen stellte dieser alte Brauch keine Gefahr dar. Dennoch versuchten junge Männer den optimalen Knall zu erzeugen. Da konnte es vorkommen, dass der Katzenkopp selbst wegflog oder gefährliche Glut spuckte und auf diese Weise sogar einen Brand verursachte.
Die Gemeinden verlagerten deshalb das Abschießen vor die Dörfer.
In den 1970er Jahren wurden nach dem Verkauf alter Bauernhäuser hie und da noch ein altes Gerät gefunden und Sammlern angeboten. Den meisten dieser Sammler war es ein "uraltes militärisches Schießgerät", was es jedoch nie war.
Das angehängte, etwa 120 Jahre alte Bild zeigt Gersheimer Männer beim Herrichten eines der beiden ortseigenen Böller auf dem Weg zur Lache.
Gunter Altenkirch