Titel Logo
Bekanntmachungsblatt der Gemeinde Gersheim
Ausgabe 24/2025
Sellemòls in der Gemeinde
Zurück zur vorigen Seite
Zurück zur ersten Seite der aktuellen Ausgabe
-
-

Die Peitsche der Bauern

Pflügender Nebenerwerbsbauer mit Rute

Im letzten Beitrag konnten wir etwas über einen alten Brauch erfahren, den Quack. Auch bei diesem alten Brauch, wie auch bei den Kirmesbräuchen und den Bräuchen zu Lehenausrufen, Fastnacht, Neujahr, Nikolaus oder Knabengeburten war die Peitsche der „Päärdsbaure“ ein sehr beliebtes Taktinstrument, das die Großbauernsöhne – und nur die - zu vorgetragenen Sprüchen und Gesangsstücken benutzten.

Ursprung war vor langen Zeiten noch, dass man mit dem Knallen der Peitsche böse Geister vertreiben könnte. Und bei den genannten Bräuchen wollte man lästige Geister nicht haben.

Die Peitsche, in unseren Mundarten auch „Gääschel“ genannt, bestand aus einer Rute, dem Riemen und der Schnäär. Die Rute war ein dünner, entrindeter Zweig, beliebt war z. B. die Esche, der Riemen war eine Lederschnur, deren Querschnitt vom Sattler quadratisch nach der Dicke des Leders geschnitten wurde. Dazu benutzte dieser Handwerker ein altes Werkzeug, das uns mit dem Namen Riemenschneider noch bekannt ist. Und am Ende dieses Riemens befand sich die Schnäär, ein bis zu 20 Zentimeter langes an die Lederschnur geknotetes geflochtene Hanfstück, das an dem Ende etwas ausgefranst war, damit der Peitschenschlag auch möglichst laut zu vernehmen war.

Die Kuhbauern durften noch vor mehr als hundert Jahren keine Peitsche benutzen, da sie aber auch ihr Zugvieh dirigieren mußte, benutzten sie Ruten, ebenfalls in der Länge der Peitschen. Mitte des 20. Jahrhunderts gab es solche Nebenerwerbsbauern, die an diese Ruten auch schon Schnüre anbrachten, so dass sie auch von ihrer Peitsche sprachen. Die abgebildete Zeichnung aus dem frühen 20. Jahrhundert zeigt einen pflügenden Bauer mit einer solchen Rute, allerdings noch ohne Schnur.

Den alten Großbauern war die Peitsche häufig zu wichtig, dass sie mit ihr hin und wieder in der Kneipe erschienen – nur um seinen sozialen Stand zu zeigen.

Gunter Altenkirch