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Bekanntmachungsblatt der Gemeinde Gersheim
Ausgabe 30/2022
Sellemòls in der Gemeinde
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Gemeindeschäferei in Gersheim

Nach dem 30-jährigen Krieg war hiesiges Land verwüstet. Eine Landwirtschaft sollte wieder aufgebaut werden, und das funktionierte nur durch Schaf-Beweidung der ehemaligen Wiesen- und Ackerflächen. Mit einer systematischen Beweidung der verbuschten Landflächen durch Schafe konnte langsam wieder Ackerland unter den Pflug genommen werden.

Die Grafschaft von der Leyen forcierte in unseren Dörfern das Schäfereiwesen. In Gersheim gab es bis 1910, nach anderen Aussagen bis 1914, noch eine Gemeindeschäferei. Der letzte Schäfer in dieser Genossenschaft hieß ausgerechnet Bock.

Jeder, der wollte, beschaffte sich eine kleine Anzahl dieser Weidetiere und gab sie in die Herde. Ein kleiner Obolus pro Tier war erforderlich, um z. B. der Gemeinde die Bezahlung des Hirten zu erleichtern.

Der Zweck solcher Herden war ein mehrfacher: im 18. Jahrhundert war der primäre Sinn die Wiederherstellung der landwirtschaftlich nutzbaren Flächen, damit genügende Nahrungsmittel erwirtschaftet werden konnten. Ein weiterer Zweck war die Fleischversorgung, ein dritter, war die Versorgung der Bewohner mit Wolle und Leder zur Herstellung von Kleidung, und ein vierter, allerdings geringerer, Grund war eine bescheidene Milchversorgung.

Darüber hinaus waren Schafe weitere Helfer in der Landwirtschaft. Die Beweidung von Wiesen ließ Maulwurfhaufen verschwinden und besonders beliebt war das "Unnern" von Schafen und auch Schweinen in der Sommerzeit auf abgeernteten Grünland und Äckern. Die zum Wiederkäuen ausruhenden Schafe unter den Obstbäumen auf den Streuobstwiesen führten zu einer Düngung des Bodens. Das Düngen geschah allerdings auch schon bei der Beweidung der Wiesen.

Über das Schäfereiwesen in unserer Großgemeinde konnten noch vor 40 bis 50 Jahren viele Leute etwas zu Protokoll geben. Danach hatte auch Reinheim ein großes Schafaufkommen. Rubenheim hatte zumindest im 19. und frühen 20. Jahrhundert eine geringere Liebe zur Schäferei, was in einer Flurnamengeschichte festgehalten ist: Links hinter dem Friedhof führt ein Feldwirtschaftweg auf den Hanock und zum Wald. Der dortige nicht amtliche Flurname hieß "Schäferspitz" und grenzt an die Gersheimer Fluren.

Erschien ein fremder Schäfer, z. B. der Gersheimer, mit seiner Herde an dieser Außengrenze des Dorfgewanns war im Dorf große Aufregung. Rubenheimer Bauern sahen in den ortsfremden Schafen eine Herde von Schadensbringern.

Bei einer Viehzählung von 1947 war die Anzahl der Schafe in der Gemeinde Gersheim noch hundertfach. In der Gemeinde Reinheim waren es noch über hundert Schafe in Rubenheim vier.

Gemeinden erkannten einst den hohen Nutzen der Schafe für die Landwirtschaft. Deshalb folgt ein zweiter Beitrag in der Folgewoche.

Gunter Altenkirch