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Bekanntmachungsblatt der Gemeinde Gersheim
Ausgabe 30/2025
Sellemòls in der Gemeinde
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Annatag am 26.7.

Nach dem Brauchtag, den wir letzte Woche lesen durften, soll heute ein ebenfalls kaum noch bekannter Brauch folgen. Es ist der Tag der Heiligen Anna am 26.7. Die Heilige Anna ist seit dem Mittelalter eine bedeutende Heilige des Christentum, obwohl sie nicht in unseren Bibelevangelien zu finden ist. Im 2. bis 6. Jahrhundert wird sie in einigen christlichen Kirchenschriften als Mutter Mariens erwähnt. Sie ist folglich die Großmutter von Jesus.

Zeitzeuginnen berichteten, das sie als Kinder gerügt wurden, wenn sie die Heilige als „Oma vom Herrgott“ nannten, obwohl dies doch zutraf.

Noch im 18. Jahrhundert war der Annatag in weiten Teilen Westeuropas ein gerne erlebter Feiertag bzw. Halbfeiertag.

Bis ins frühe 20. Jahrhundert war der Vorname Anna sehr beliebt. Er war zugleich für viele Menschen ein magischer Name, denn er bestand nur aus zwei Buchstaben, zweimal dem ersten im Alphabet (A) und zweimal dem ersten in der zweiten Hälfte des Alphabets (N). Möglicherweise führte auch dieses zur Beliebtheit des Namens.

Wie bereits in der letzten Woche beschrieben, wird auch dieser alte, einst sehr wichtige Brauchtag nicht mehr von den Volkskundlern erklärt.

Einer der beliebten Bräuche des Annatages war der Beginn des „Anne-Neiner“. Darunter war ein alter, von der katholischen Kirche übernommener Frauenbrauch zu verstehen: Die stressige Sommerarbeitszeit in der Bauernwirtschaft ließ so manche Sorgen aufkommen und diese Sorgen sollten abgebaut werden, indem die Frauen einst neunmal morgens vor ihrer Haus- und Feldarbeit zum Frauen- oder Kindchesbrunnen gingen und mit dem Brunnen über ihre Sorgen sprachen. In der katholischen Kirche wurde dieser Brauch vor langer Zeit eingenommen und mit kirchlichen Regeln neu gestaltet, nur war es nun eine Kapelle, die Dorfkirche oder eine sonstige heilige Stätte auf der Dorfgewann. Auch hier trugen die Frauen an neun hintereinander folgenden Tagen ihre Sorgen vor und beteten. Am letzten Annatag überbrachten sie ihren Kindern ein kleines „am Altar nach dem Gebet gefundenes“ Zuckerstückchen mit.

Der Annatag war auch wieder ein sommerlicher Birnentag, wie der letzte Woche beschriebene Magdalenentag. Die Annabirne sollte besonders schön gefärbt und süß sein. Doch das traf nicht in jedem Jahr zu. Dennoch erntete die Hausfrau an diesem Tag ein paar der Birnen und bereitete daraus einen Birnenfladen, der mittags oder abends gemeinsam verspeist wurde.

Gunter Altenkirch