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Bekanntmachungsblatt der Gemeinde Gersheim
Ausgabe 34/2024
Sellemòls in der Gemeinde
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Barthelstag

Der 24.8. ist der Gedenktag an den Apostel Bartholomäus. Er besaß im bäuerlichen Alltagsleben in unseren Dörfern sellemòls eine sehr große Bedeutung.

Zur Erinnerung: noch im 19. Jahrhundert war die Bauerngesellschaft auf unseren Dörfern vorherrschend. Die bäuerliche Arbeit wurde in der Hauptsache von Tagelöhnern der Bauern verrichtet. Diese Arbeit war einst sehr wichtig, da es galt, für die Winterzeit Nahrung für Mensch und Vieh zu sammeln, zu ernten und auf den Speichern zu bevorraten.

Der Tag ist zwar mit 14 Stunden Tageslicht noch sehr hell, doch die Bauern rechneten. Gegenüber den Monaten Mai bis Juli besteht bereits eine Einschränkung des Tageslichtes und damit auch der Zeit, in der Tagelöhner für die Bauern Arbeit verrichten konnten.

Die Bauern sprachen deshalb am Barthelstag von einem Herbstanfang. Die Beerenernten neigten sich ihrem Ende, die Arbeiten um den Apfelmost und Wein sollten beginnen, obwohl diese Hauptzeit erst am Michelstag war (29. September).

Sehr wichtig war das Brot: Der Barthelstag war der erste Backtag mit dem frisch geernteten Getreide. Die Körner wurden allerdings nicht mit dem Flegel in der Scheune ausgedroschen, sondern mit einem Bläuel auf dem Küchentisch. Barthelstag war der einzige Tag des Jahres, an dem am Backtag das frisch gebacken Brot auch gegessen wurde und das in großer Arbeitsgemeinschaft mit allen Tagelöhnerinnen und Tagelöhnern. Von der weichen Brotteilen bekam das eigene Vieh, von Hühnern bis zu den Kühen etwas als Gabe der Gemeinschaft, ebenfalls ein Brauch, der heute keine Bedeutung mehr besitzt. Dieses Barthelsbrot hieß in einigen Gegenden im Saarland einst „Miwesbrot“. Miwes war eine alte Bezeichnung für Barthel.

Die Bartholomäusnacht ist für die evangelischen Christen eine doppelt schlechte Erinnerung: Am 13.1. diesen Jahres schrieb ich etwas über das Dreschen in der Scheune. Es gab Drescherlieder, die das Dreschen mit den Flegeln einleiteten und immer wieder auffrischen konnten. Eines dieser Drescherlieder der Katholiken war für vier Drescher „Barr – tholo- mä:us – nacht, Barr – tholo – mä:us – Nacht“. Das Traurige daran war die Erinnerung an die Bartholomäusnacht am 24.8.1572. In Paris wurden etwa 10.000 Lutheraner wegen ihrer religiösen Überzeugung brutal hingeschlachtet. Nicht nur in Frankreich, auch in unseren Dörfern wurde die Erinnerung daran mit dem Drescherlied bis ins 20. Jahrhundert wachgehalten, wie mir Zeitzeugen aus hiesigen Dörfern noch vor 50 Jahren berichteten. Ich wünsche allen einen friedlichen Barthelstag.

Gunter Altenkirch