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Bekanntmachungsblatt der Gemeinde Gersheim
Ausgabe 35/2024
Sellemòls in der Gemeinde
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Schießdraht, mdl. Schießdròht

Die alten Arbeiter und Bergleute nannten immer wieder einen im ganzen Saarland bekannten Spruch: „Wer dahemm kää Schießdròht hat, isch kää richdischer Saarlänner.“ Mittlerweile ist das Wort für den einfachen Draht zwar noch vielen bekannt, doch was sich in Wirklichkeit dahinter verbarg, weiß fast niemand mehr. Bei diesem Draht handelt es sich um ein wichtiges Material in unseren Kohlengruben. Es war ein Eisendraht von 0,7 Millimeter Durchmesser, gegen Rost und mechanische Zerstörung mit Kunststoff überzogen. Am bekanntesten war der schmutzig-weiße Draht. Durch ihn schoss beim Sprengen untertage der Zündfunken zur Zündschnur vor Ort. Der Schießdraht reichte vom weiter entfernten und sicheren Ort des Sprengmeisters bis zum Sprengort und das waren keine kurze Strecken. Aus Sicherheitsgründen durfte der Draht nur einmal verwendet werden. Er war auf den Gruben praktisch ein häufiger Abfall, von den Bergleuten jedoch ein hervorragendes Grundmaterial für alle möglichen Reparatur- und Bastelarbeiten im Hause.

Schießdraht konnte er auch auf den Bergehalden gefunden werden, doch das betreten war verboten. Also versuchten Arbeiter mit Bergleuten zu tauschen, um in Besitz solchen wichtigen Materiales zu gelangen. Mit dem Draht verbesserten die Männer ihre Werkzeuge im Keller oder Garten und gaben den Buben Stücke für deren Basteleien. Schießdraht wurde auch zum Reparieren von Werkzeug, Schulraschen und sogar Arbeitskleidung genutzt und manch erfinderischer Vater drehte auch zwei oder drei Drähte für das Schnüren von Arbeitsschuhen und sogar für eine Wäscheleine.

Manche Arbeiten waren nicht immer ordentlich ausgeführt, so dass es hin und wieder zu leichten Schrammen durch wegstehende Drahtspitzen kam. In der groben Welt der Bergleute und Arbeiter kannte man dafür auch einen kleinen Fluch. Er bestand aus dem Verdrehen der mittleren Buchstaben des Wortes. Das aber soll hier nicht niedergeschrieben stehen.

Gunter Altenkirch