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Bekanntmachungsblatt der Gemeinde Gersheim
Ausgabe 38/2023
Sellemòls in der Gemeinde
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Hollerbrünnchen

Der Holunder will uns nicht loslassen. Ein weiteres Wort war einst in weiten Kreisen bekannt und ist heute ebenfalls vergessen. Unter den rund 400 Kindchesbrunnen im heutigen Saarland gab es einst eine Reihe Brünnchen, die unter diesem Namen den Dorfbewohnen bekannt waren und von ihnen verehrt wurden. Es handelte sich dabei um ungefasste Quellen außerhalb der Dorfgewann.

Doch es ist aus der Volksetymologie (volkstümliche Erklärung eines Wortes) falsch, wenn diese Brunnen mit einem Holler, einem Holunder, in Zusammenhang gebracht werden.

Der bedeutende Flurnamenforscher Heinrich Dittmaier schrieb 1963 in seiner umfangreichen Arbeit über die Holler-Flurnamen „Die Hollen (oder Holden) sind mythologische Gestalten, die heute fast nur noch als Urheber der Mondsucht (des Schlafwandelns) gedacht werden ... und bemerkenswert ist das Vorkommen der Frau Holle in diesem Raum ...“

Der Brunnenname hat also in keiner Weise eine Verbindung zum Holunderbaum, aber zur Holle, und unter dieser Bezeichnung darf die alte gallogermanische Göttin Holda erkannt werden. Einer ihrer Lieblingsbäume war der Holunder.

Das einzige Dorf unserer Gemeinde, das noch bis in die Mitte der 1960er Jahre ein „Hollerbrinnche“ besaß, ist Rubenheim. Diese Quelle befand sich etwa 100 Meter hinter dem heutigen Rubenheimer Weiher. Sie wurde nach Gemeinderatsbeschluss 1965 zerstört. Jahre später suchten einige alte Bergleute aus dem Dorf mit einer Wünschelrute die Quelle und bauten hinter dem Weiher einen neuen Brunnen, den sie nun „Münchhausenbrunnen“ tauften.

Das Zerstören solcher Brunnen galt vor Jahren noch als etwas „Sinnvolles“, für die Dorfbewohner in der Regel nicht nachvollziehbar.

Gunter Altenkirch