Bereits im letzten Jahr zur gleichen Zeit wies ich auf den Andreasabend am 29.11. hin. Damals beschrieb ich den weitverbrauchten Glauben an die Wiederkehr der bösen Geister.
Heute soll auf einen weiteren wichtigen Volksbrauch am Andreasabend hingewiesen werden, der sehr alt war und heute nicht mehr existiert: Das Befragen des Orakels am Andreasabend, denn dieser Abend war in unseren Dörfern der bedeutendste Orakeltag vor dem Jahresende.
Traditionell handelte es sich um einen reinen Mädchenbrauch, in der Regel nackt in ihrer Kammer ausgeübt.
Drei Orakel standen zur Auswahl. Zunächst ein kurzer Hinweis auf das Schuhorakel. Das Mädchen warf über die linke Schulter nach rechts einen Schuh in Richtung ihrer Kammertüre. Wies die Schuhspitze auf die Türe, so sollte sie in dem nächsten Jahr das Haus als Braut verlassen, anderenfalls nicht.
Ein weiteres Spiel war das Apfelorakel. Das Mädchen musste einen selbst gepflückten Apfel schälen. Die Schale musste an einem Stück zum Boden bleiben und schließlich zu Boden fallen. Aus der Schale sollte nun der Name dessen erkennbar sein, der sie im nächsten Jahr für ihre gemeinsame Zukunft auserwählen soll.
Das dritte mögliche Orakel war etwas umständlicher. Das Mädchen musste sich nackt auf ein Hausdach oder auf einen Kreuzweg im Dorf setzen und beteten: „Andreas, heiliger Andreas, lass mir erscheinen, im Traum den Meinen.“
Der Volkskundler Meyer berichtete darüber und Martin Luther schrieb zu diesem Orakel „In der Andreasnacht beten die Mädchen und wollen erforschen, was für einen Mann sie haben sollten. Dazu warfen sie sich nackt auf die Erde.“
Weiter berichtete er, dass „…,eine in der Kälte auf dem Boden fast erfroren und gestorben wäre, doch keiner kam.“ Was Luther verschwieg: Es war die Schwester von Katharina von Bora, der Ehefrau Luthers.
Diese und ähnliche Andreas-Orakelbräuche sind heute ganz und gar in Vergessenheit geraten. Sicherlich haben die jungen Mädchen von heute andere Möglichkeiten entdeckt, über die noch in keinem Buch berichtet wird. Vielleicht finden sie ihr Zukunftsglück mit dem Handy.