In der heimatkundlichen Literatur wird immer wieder von Arbeitsverboten in der Zeit von der ersten bis letzten Wintersonnwende (21. bis 31. Dezember) bzw. bis Dreikönig geschrieben. Diese Verbote besaßen sellemòls einen sehr alten Grund, den wir heute kaum noch verstehen.
In diesen Tagen, auch Raunächte oder Zwölften genannt, so glaubten die Menschen, steht die Sonne still für viele Tage still. Tatsächlich liegen die Veränderungen der Sonnenstände im Sekundenbereich, so dass den Alten sellemòls dieser Volksglaube als wahr erschien.
Das Symbol der Sonne, die sich ständig bewegt und zugleich eine runde, für jedermann erkennbare, Form besitzt, war das Rad. Also durften in diesen Tagen keine Räder bewegt werden und da sie Sonne ruht, sollten auch keine lauten Arbeiten verrichtet werden, zum Beispiel wie das Schmieden und Beschlagen der Pferde mit frischen Eisen.
Besonders die Bauern waren von diesem Verbot betroffen, man denke daran, dass sie kaum ohne einen Wagen auskamen. Die zweite Personengruppe, die dieses Verbot einzuhalten hatte, waren die Frauen mit ihrem Spinnrad.
Wenn aber solche Arbeiten am Tag wegfielen, besaßen die Alten auch kaum noch Erzählstoff am Abend, an dem sie üblicherweise und gerade in den Winterzeiten zusammen saßen und maiten.
Die Themen an diese Abenden wurden zu anderen: Man redete nun über die rauen Gesellen, die Sagengestalten, die einem oft das Leben schwer machten – vorneweg dem Wilden Jäger und ähnlichen Gestalten.
Seit Jahrhunderten waren diese Tage deshalb den Dorfbewohnern als Raunächte bekannt und allgemein hielten sich die Menschen auch an diese Gepflogenheiten.
Heute ist das alte Wissen vielfach verloren. Als neue „Weisheiten“ tauchen auf: Räuchernächte, raues Wetter, raue Winde. Doch dieses waren nie die Raunächte, sie werden von esoterischen Zirkeln erklärt und gepflegt.