Kranzniederlegung am Ort der früheren Synagoge: v.l., Stadtverordnetenvorsteher Udo Volck, Professor Sascha Feuchert, Oberbürgermeister Manfred Wagner, Pfarrer Björn Heymer und Kaplan Matthias Böhm (Foto: Stadt Wetzlar)
Mit einer Gedenkstunde am Standort der früheren Wetzlarer Synagoge in der Pfannenstielsgasse hat die Stadt Wetzlar am Sonntag, 9. November, der Novemberpogrome 1938 in Deutschland gedacht. Rund 120 Bürger nahmen daran teil, darunter Vertreter der Stadtpolitik, der Kirchen und der Jüdischen Gemeinde Gießen. Oberbürgermeister Manfred Wagner (SPD) mahnte dazu, dem Antisemitismus entgegenzutreten: „Der Antisemitismus ist kein Gespenst von gestern.“ Die Zahl antisemitischen Straftaten sei 2024 mit 6.300 auf einen erschreckenden Höchststand angewachsen, was besonders durch den Nahostkonflikt verursachten worden sei. Es müsse erschrecken, wenn Juden wie Rafael Seligman äußerten, Deutschland sei aktuell nicht für eine Renaissance jüdischen Lebens bereit.
Wagner erinnerte auch an Menschen, die im Rettungswiderstand aktiv waren wie Ernst Leitz und seine Tochter Elsie aus Wetzlar, die es wagten, jüdische Mitbürger vor den Nationalsozialisten zu schützen.
Professor Sascha Feuchert vom Institut für Germanistik der Justus-Liebig-Universität rief dazu auf, die Form des Gedenkens am Jahrestag der Reichspogromnacht zu überprüfen. Mit einer Kurzgeschichte von Ruth Klüger warb er dafür, sich nicht in Phrasen und Ritualen zu verlieren, sondern stattdessen den „Aufschlag zum Handeln“ zu wagen. Gegen jede Form von Nationalismus und Rassismus bezog der evangelische Pfarrer Björn Heymer Stellung. „Rassismus ist Sünde ohne Wenn und Aber. Wir haben alle einen himmlischen Vater.“ Die Gedenkstunde wurde musikalisch von Svea Bernhardt (Klarinette) und Elisabeth Hausen (Gesang) umrahmt.