Liebe Bürgerinnen und Bürger der Verbandsgemeinde Herxheim, Liebe Waldbesucher und Waldinteressierte,
wie die letzten Jahre gezeigt haben macht der Klimawandel auch vor Ihrem Wald nicht halt. Um 1,6°C ist die Jahresdurchschnittstemperatur in Rheinland-Pfalz seit Beginn der Wetteraufzeichnungen bis heute bereits angestiegen. Das Rheintal ist aufgrund seiner Topographie und Lage dabei besonders von den Folgen des Klimawandels betroffen. Der von Westen nach Osten ansteigende Pfälzerwald sorgt dafür, dass sich die meist aus westlicher Richtung kommenden Regenwolken nach und nach ausregnen um Höhe zu gewinnen um über das Mittelgebirge zu gelangen. Wenn die Wolken dann über das Rheintal ziehen, ist kein Wasser mehr übrig, das sie abregnen könnten. Das macht den Bereich um Herxheim zu einer besonders trocken-warmen Gegend; auch wenn es in diesem Jahr bisher sehr viele und sehr starke Niederschläge gab.
Die Bäume müssen dabei aber nicht nur mit den direkten Auswirkungen der Hitze und der Trockenheit zurechtkommen. Auch zahlreiche „Gegenspieler“ der Bäume profitieren von den veränderten klimatischen Bedingungen. Pilze wie das falsche weiße Stängelbecherchen, welches das Eschentriebsterben auslöst, können sich besser verbreiten. Eichenprachtkäfer, Fichtenborkenkäfer, sowie Schmetterlingsraupen haben durch die verlängerte Vegetationsperiode länger Zeit, um an den Bäumen zu fressen und sich fortzupflanzen. Viele Buchen sterben von der Krone her nach unten hin ab. Die Totäste in der Krone sind – besonders dann, wenn noch Laub am Baum ist – sehr schwer zu erkennen, sodass meist ein „Schleimfluss“ am Buchenstamm das erste erkennbare Indiz für ein baldiges Absterben des Baumes ist. Für das Phänomen wird eine Vielzahl von Umwelteinflüssen verantwortlich gemacht. Wir sprechen hier deshalb auch von der „Buchenkomplexkrankheit“.
Es ist also eine Vielzahl an Einflüssen, die auf den Wald wirken und dafür sorgen, dass wir im Moment so viele Vitalitätseinbußen und Absterbeerscheinungen beobachten können. Im Mai titelte das Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft bezugnehmend auf den Waldzustandsbericht von 2023: „Nur jeder fünfte Baum ist gesund“. Der Waldzustandsbericht zeigt aber auch, dass die Situation hier in der Rheinebene aus den oben genannten Gründen im Vergleich zum Rest des Landes besonders verschärft ist. Zusätzlich wird der Wald in der Rheinebene sehr gern von Erholungssuchenden besucht, weshalb wir als Forstamt und Betreuer Ihres Waldes unser Bestes geben, die Wege begehbar zu halten und gefährliche Bäume in der Nähe des Wegs zu entfernen, um Ihnen einen sicheren Aufenthalt im Wald zu ermöglichen. Doch auch unsere Kapazitäten sind beschränkt. Wir bitten Sie deshalb um Verständnis, dass wir nicht jede Störung sofort beheben können.
Außerdem möchten wir Sie bitten, dass auch Sie bei Ihrem Waldbesuch aufmerksam sind. Wir raten dazu, Bereiche mit vielen abgestorbenen Bäumen zu meiden und die Waldwege, wenn nicht notwendig, nicht zu verlassen. Bei böigem Wind sollten Sie lieber ganz auf einen Waldspaziergang verzichten.
Einen großen Teil unserer Arbeitskapazität investieren wir in die Verkehrssicherung entlang von Straßen, Erholungseinrichtungen und bebauten Bereichen. Neben der bald erweiterten Tabakwiegehalle wurden auf einem Waldstück die Bäume zur Vorbereitung gefällt, die in Reichweite des dortigen Parkplatzes standen. Auf dieser Fläche soll nun ein neuer strukturreicher Waldrand entstehen. Ein Waldrand stellt die Grenze zwischen dem geschlossenen Wald und der offenen Landschaft dar. Idealtypisch besteht der Waldrand aus einem krautigen Saum mit vielen Blühpflanzen und einem anschließenden Waldmantel mit Sträuchern und blütenreichen kleineren Bäumen, wie dem Faulbaum, der Schlehe oder der Wildbirne. Dieser strukturreiche und vielfältige Übergangsbereich bildet einen wahrlichen Hotspot der Artenvielfalt. Denn durch die wechselnden Licht- und Wärmeverhältnisse finden verschiedene Pflanzen und Tiere die optimalen Lebensraumbedingungen. Durch die blütenreichen Bäume und Sträucher gibt es dazu auch das passende Nahrungsangebot. Die Waldrandanlage wird von der Ortsgemeinde und der Erzeugergemeinschaft Südwest-Tabak betreut. Der neue und optimal gestaltete Waldrand ist dabei nicht nur eine ökologisch wertvolle Struktur, er nimmt uns sogar langfristig Arbeit ab: Durch den stufigen Aufbau des Waldrandes von Hecken über niedrige Bäume bis hin zum eigentlichen Waldbestand sind die großen Bäume außer Reichweite der Tabakwiegehalle und des Parkplatzes. Somit muss das Umfeld der Halle nicht mehr ständig kontrolliert und einzelne Bäume entfernt werden. Das spart Geld und sorgt dafür, dass dort gebundene Arbeitskräfte für andere Arbeiten frei werden. Außerdem schützt der stufige Waldrand den anschließenden Waldbestand vor Wind und direkter Sonneneinstrahlung. Dies sorgt für den Erhalt eines gesunden Waldinnenklimas. Notwendige Baumfällungen können also auch als Chance betrachtet werden, um durch gut umgesetzte Maßnahmen wie den hier neu entstehenden strukturreichen Waldrand, einen Zugewinn für unseren Wald zu schaffen.
Wenn wir aber wirklich etwas für die Gesundheit unseres Waldes tun wollen, müssen wir als Gesellschaft unsere Treibhausgasemissionen in den Griff bekommen. Denn nur dann kann der Wald in der Rheinebene Fortbestand haben! Denn im Moment können wir nur auf die Auswirkungen des Klimawandels reagieren. In einer Form, von der wir nicht sicher wissen können, ob sie richtig ist. Ziemlich sicher aber werden unsere Reaktionen auf die Auswirkungen des Klimawandels nicht schnell genug sein. Denn der menschgemachte Klimawandel ist viel schneller als die natürliche Dynamik unserer Wälder.
Herzliche Grüße aus Ihrem Wald