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Ausgabe 2/2023
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Editorial

Liebe Mitbürgerinnen, liebe Mitbürger,

unspektakulärer als früher sind wir ins neue Jahr gestartet. Statt des Neujahrsempfangs haben wir auf einen sehr schönen musikalischen Neujahrszauber mit dem Team von Anika Hoff gesetzt - und es war wunderbar. Selbstverständlich wird die Ehrung der Ehrenamtlerinnen und Ehrenamtler nachgeholt. Sie wissen, dass die mir besonders am Herzen liegen. „Jedem Anfang wohnt ein Zauber inne“, hat Hermann Hesse in seinem berühmten Gedicht „Stufen“ geschrieben. Aber zaubern können wir nicht, schon gar nicht, wenn es um finanzielle und wirtschaftliche Entwicklungen geht. Da gibt es einiges, was uns bekümmert, etwa Schließungen von Institutionen und Firmen.

Als die Familie Fries vor vielen Jahren mit dem Startup ihrer Hirztaler Käserei großen Mut bewiesen hat, war dies ein Gemeinschaftsprojekt - nicht nur in und für Hirzweiler, sondern für die ganze Gemeinde. Dass die Käserei nun angesichts der enorm gestiegenen Kosten nicht mehr fortgeführt wird, ist sehr traurig. Wir bedauern dies sehr. Damit verlieren wir ein Stück dörflicher Originalität. Die Käserei war weit über die Grenzen der Region hinaus bekannt. Die Qualität der Käsesorten hat vielen Menschen imponiert. Ich habe den Hirztaler gern genossen und sehr geschätzt. Und ohne Petra und Jörg Michael Fries hätte es vermutlich auch den Umbau der Höll-Ruinen in der Brauturmgalerie nicht gegeben, jedenfalls nicht in dieser Form. Die Hirztaler Käserei von Petra Fries war auch ein Teil der Illinger Marktkultur. Deshalb trotz der traurigen Nachricht noch einmal ein ganz herzliches Dankeschön an Petra Fries und ihr Team und an ihren Mann Jörg Michael für das, was sie ermöglicht haben in all den Jahren.

Auch die Schließung von zwei Apotheken - eine in Illingen, eine in Hüttigweiler - trifft uns. Hier waren es andere Gründe, die mit dem Thema Immobilienwirtschaft und Sanierung zusammenhängen. Es steht uns nicht zu, dies zu kommentieren. Aber auch dieser Verlust ist spürbar und für nicht wenige Menschen schmerzhaft. Ähnliche Meldungen hören und lesen wir fast täglich in unseren saarländischen Medien. Da bricht etwas weg in Handel und Versorgung. Es ist ein demografisches, ein wirtschaftliches und ein Mentalitätsproblem. Je mehr Menschen digital einkaufen, umso weniger Potenzial bleibt im örtlichen Handel. Und die geradezu brutale Profit-Orientierung des Klinik- und Gesundheitswesens anstelle der Gemeinwohl-Orientierung schlägt jetzt immer mehr Schneisen in die medizinische Landschaft. Die endgültige Schließung der Klinik St. Hedwig gehört auch in diesen Zusammenhang. Ich nenne das „verheerend“. Es ist die Folge mehrerer politisch gewollter Gesundheitsreformen, die über die Jahre die Basis der medizinischen Versorgung immer mehr unterspült haben. Die Konsequenzen erleben wir und erst recht unsere Kinder. Es ist Zeit für einen Mentalitätswandel, für mehr Daseinsvorsorge, für Fairness und eine Rückbesinnung auf das Soziale der Marktwirtschaft. Der Schriftsteller Urs Widmer hat schon vor vielen Jahren die Zeichen an der Wand erkannt. In seinem Theaterstück „Top Dogs“ zeichnet er die Fratze eines rücksichtslosen, zynischen Kapitalismus, der das Beste, was wir haben, zerstört und im Wortsinn ausräuchert. Die Einen räubern den Staat und entziehen ihm Milliarden mit Cum-Ex und anderen Steuerverbrechen (- Großbanken und Superreiche ließen sich Steuern erstatten, die sie nie gezahlt hatten und das gleich mehrfach -), die Anderen nutzen Steuerparadiese in anderen Teilen der Erde, obwohl sie am Tropf des Staates hingen und von der Bundesregierung gerettet wurden. Freiheit im demokratischen Sozialstaat ist immer sozial verantwortete Freiheit, nicht die schrankenlose Freiheit des Turbokapitalismus.

Wir setzen auf das Soziale vor Ort. Das ist unsere Chance. Lokal ist die Welt noch zu retten; in der Stadt, in der Gemeinde spielt die Musik. Lasst uns damit anfangen, den vermeintlichen Großen und Wichtigen ein Beispiel für Bürgersinn zu geben. Ohne Hoffnung gibt es keine Zukunft.

Auf ein Neues. Der Alltag kann starten.

Ihr Bürgermeister Armin König