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Ausgabe 22/2023
>> Leben in Illingen
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Platz für Insekten

Wie sieht´s denn hier aus?

Platz für Insekten oder doch lieber topgepflegter Rasen?

Alle Jahre wieder laufen mit Beginn der Mähsaison die Telefone beim Bauhof und beim Umweltamt heiß, weil sich viele besorgte Bürger*innen beschweren, dass Grünflächen nach ihrer Einschätzung nicht rechtzeitig und oft genug gemäht werden.

Da heißt es dann, das hohe Gras sei unansehnlich, unordentlich, inakzeptabel oder gar katastrophal und gefährde Ordnung und Sicherheit.

Fragt man sie danach, ob sie dem Insektensterben entgegenwirken möchten und etwas für unsere lebenswichtigen kleinen Mitbewohner tun wollen, dann sagt niemand nein, im Gegenteil: Insektenschutz ist hip und in aller Munde. Man besorgt sich Insektenhotels aus dem Baumarkt, die meistens völlig untauglich sind und am Bedarf der Tiere vorbeigehen, und drapiert sie im schlimmsten Fall noch im sauber geschotterten Vorgarten in der Überzeugung, damit etwas Gutes zu bewirken. Wer sich ein bisschen besser auskennt, baut sie vielleicht selber und stellt sie in einen Garten, der den ganzen Sommer über üppig blüht.

Wenn man mal davon absieht, dass Ordnungssinn und ästhetisches Empfinden ganz unterschiedlich ausgeprägt sein kann - Geschmackssache eben -, dann gibt es ein paar ökologische Fakten, die das Vorkommen oder Fehlen von Insekten bestimmen. Sie brauchen wie alle Lebewesen Nahrung, Verstecke vor Feinden, eine Kinderstube für Eiablage, Larven und Raupen und schließlich die Möglichkeit den Winter zu überstehen.

Spät gemähte Wiesenflächen mit möglichst vielen Kräutern und Blüten statt dem üblichen Vielschnittrasen aus wenigen Grasarten können ihnen genau das bieten – der topgepflegte Rasen nicht.

Unser Gemeinderat hat sich 2021 dafür entschieden, dem Insektensterben im Rahmen unsere Möglichkeiten zu begegnen und einen Teil der öffentlichen Grünanlagen an die Bedürfnisse der Tiere anzupassen. Das bedeutet weg vom kurzgeschorenen Rasen hin zur spät gemähten Wiese, die blühen darf und soll und die nur noch ein- bis zweimal im Jahr abgemäht wird. Und zwar mit einem sogenannten Balkenmäher, der das Gras sauber abschneidet, ohne die darin lebenden Tiere zu zerhäckseln, und mindestens zwölf Zentimeter stehen lässt, damit die Bewohner sich zurückziehen können.

Das alles mag für machen weder schön noch ordentlich aussehen, aber es geht nun mal nicht um den persönlichen Geschmack, sondern um das Überleben unserer Insekten und um die Voraussetzungen, die sie dafür benötigen. Wir brauchen sie und sie brauchen mehr Natur in unseren Städten.

Gönnen wir es ihnen, sie sollten es uns wert sein!