eigentlich wollte ich ja nicht mehr politisch werden in diesem „Edi“, diesem lockeren Erklärbär-Vorwort. Aber dann kam der Problembär Robert Habeck und mit dem Problembär Robert zusammen hat nun auch die ganze Ampel den Städten und Gemeinden in die Zuständigkeiten gefunkt. Also auch in die Illinger Zuständigkeiten, und deshalb darf ich das hier auch schreiben. Denn es betrifft uns alle, auch Sie und Sie und Dich und Dich. Alle. In die Zuständigkeiten der kommunalen Selbstverwaltung darf die Ampel grundgesetzmäßig nicht eingreifen (Artikel 28 GG), auch wenn sie sich selbst von rot auf grün gestellt hat. Wir Kommunen hatten gar keine Chance, in einem regulären Anhörungsverfahren unsere Position darzustellen. Denn die Problembären rund um Grünbär Robert haben einen echten Schweinsgalopp hingelegt. Meine Öko-Sympathien sind ja bekannt, wir sind EMAS-Mustergemeinde, haben zwei gesamtstaatlich repräsentative Naturschutzgroßvorhaben. Trotzdem muss ich hier einhaken. Nun müssen wir kommunale Wärmepläne aufstellen, was wir ohnehin wollten wegen des Quartiers rund ums Illtal-Gymnasium und die Fortuin-Gemeinschaftsschule. Das ist also nicht falsch. Unbefriedigend ist aber dieses Ungewisse: Diese Wärmepläne sind bald für alle Kommunen verbindlich und umfassend. Einerseits binden sie uns und etwa 16.000 Bürgerinnen und Bürger bei allen Energieplanungen, andererseits gibt es keinerlei Kategorien, keinerlei Rahmenrichtlinien, keinerlei Verordnungen. Wir wissen bis heute noch nichts. So richtig der Ansatz zum Klima- und Gebäudeschutz ist, so wichtig das CO2-Sparen ist, auf das wir als EMAS-Gemeinde großen Wert legen: Das ist ein Eingriff von oben in die kommunale Selbstverwaltung. Dort gilt das „Konnexitätsprinzip“. Der Fachausdruck ist leicht zu übersetzen: „Wer bestellt, bezahlt“. Alles andere wäre verfassungswidrig. Wir können das aber gar nicht überprüfen. Man hat das Gefühl, dass man nicht an der Ampel, sondern von der Ampel einfach mal überfahren wird, auch als Öko-Bio-Muskelkraft-Radler. So fühlen wir Bürgermeister es jedenfalls. Wir haben uns letzte Woche in Weiskirchen getroffen und haben alle nur noch gestaunt. Fast alle.
Das Gesetz wird in dieser Woche vor der Sommerpause von SPD, FDP und Grünen so schnell durch den Bundestag gejagt, dass es manche Abgeordnete nicht einmal in aller Ruhe lesen können – geschweige denn, dass es möglich wäre, eine ordentliche erste und zweite und dritte Lesung mit Anhörungen, Experten, Bürgergesprächen, Fraktionssitzungen, Ausschusssitzungen durchzuführen. Die Eile ist seltsam. Als Parteifreier kann ich das ganz ohne ideologische Befangenheit sagen. Ich mache seit 49 Jahren Politik. So etwas habe ich noch nicht erlebt. Normale Gesetzesvorhaben werden ganz anders „gemacht“. Gute Politik hat viel mit Handwerk und Mitsprache und Debatten zu tun, bei denen man noch etwas ändern kann als Bürgerin oder Bürger oder Bürgermeister. Weil ich nie ein Blatt vor den Mund nehme – seltsames Sprichwort, haben Sie schon mal beim Sprechen ein Blatt vor den Mund gehalten? – musste ich das jetzt loswerden.
Aber eigentlich wollte ich ja über ein großes Vorhaben erzählen, das wir jetzt auf den Weg bringen. Es geht um die letzte große Baulücke im Herzen Illingens, die bleibt, wenn „der Höll“ neu gestaltet ist: die Ecke Alte Post/Diversy (gegenüber Café Schirra). Man hat sich an die hässliche Lücke fast gewöhnt, aber das soll man nicht. 2019 habe ich versprochen, Investoren zu suchen und ein Projekt vorzustellen mit Wohnen, vielleicht sogar Servicewohnen, Einkaufen, Sparkasse, einem der allseits bekannten Drogeriemärkte, neuen Parkplätzen, Aufenthaltsqualität, kurzen Wegen für Generationen. Jetzt ist es soweit. In der Gemeinderatssitzung am übernächsten Dienstag werden wir das Geheimnis lüften. Der Gemeinderat soll es als Erster erfahren. Sie können aber gern kommen. Die Sitzung ist öffentlich.
Kennen Sie eigentlich das Wort „Bauzegrauli“? Die Eicherte sagen sogar „Bòuzegròuli“. Das hört sich noch furchteinflößender an. Illingen hieß für uns immer: „iwwer de Herschehiwwel bei de Schuh Stroppel (Lurchi Salamander) oder bei de Zahnarzt“. Sie ahnen schon, dass ich wieder einen roten Faden gefunden habe (Blut!)? Unser Bauzegrauli war ein total netter Mann, der bei jedem Turnfest als Chef des Turnvereins Illingen dabei war und mit unseren Turn-Vorständen und den Aktiven auch gern ein Bier trank. Wir waren noch Kinder und tranken „Raboll“. Es war Diversys Helmut. Der war Funktionär, Fechter, Turner – und Dentist. Und als solcher machte er sich an der Ecke Hauptstraße/Poststraße über unsere Gebisse und Zähne her. Der nette Helmut wurde im weißen Kittel für uns Kinder zum Bauzegrauli. Ich träume heute noch von seinem Bohrer und der riesigen silbernen Zahnausreiß-Zange. Man hat dem guten Helmut dann ein Denkmal gesetzt, als man die Alte Post und seine Praxis abgerissen und als Erinnerung eine riesige „Zahnlücke“ im Ortskern gelassen hat. Wir haben aber jetzt viele gute, junge Zahnärzte, die ihrerseits Baulücken und Zahnlücken meisterhaft geschlossen haben, und so ist es Zeit, aus der Bau- und Zahnlücke der Alten Post einen neuen, bürgerfreundlichen, kundenfreundlichen, altersgerechten Kopfbau zu machen. Ganz ohne Bauzegrauli-Narrativ. Wenn wir schon bei Baustellen sind, muss ich Ihnen noch sagen, dass die Wasserversorgung in der Industriestraße eine sehr große Baustelle zum Wasserleitungsneubau plant. Das wird dann Betriebe und die Friedhofsbesucher treffen, weil die WVO unter Vollsperrung arbeiten wird. Die WVO wird umfassend informieren. Ein halbes Jahr lang soll die Baustelle dauern. Wir wollen Sie nicht vergraulen, wir wollen Ihnen dienen: mit Frischwasser bester Qualität auf lange Zeit. Man nennt das Nachhaltigkeit. Auch die „Schlecht“ soll danach besser werden, ich weiß aber noch nicht wann. Und das Feuerwehrhaus steht jetzt für den Spatenstich an.
Bleiben noch der Eiermann und der Weckholer, pardon: der Holweck. Ich meine jetzt bei Eiermann nicht Familie Brill als Hühnermobil-Ei-Anbieter, obwohl die von der Baustelle auch indirekt betroffen ist. Ich meine Egon Eiermann. Eiermann ist einer der bedeutendsten deutschen Architekten der Moderne. Er hat die grandiosen Glasfenster und den großartigen Modern-Bau der Berliner Gedächtniskirche geplant und gebaut. Diese Lichtspiele in der Gedächtniskirche sind sensationell und sehr emotional. In Illingen gibt es ein wunderbares und ebenfalls emotionales Glaswand-Kunstwerk, dessen Bedeutung erst jetzt bewusst wird, da einige die Klinik abreißen wollen, wenn sie geschlossen wird. Ich empfehle dagegen Denkmalschutz für die Kapelle. Was der saarländische Künstler Oskar Holweck dort an Kunst geschaffen hat, kann sich, wenn auch im viel kleineren Format einer Krankenhauskapelle, an Egon Eiermann und der Gedächtniskirche messen. Ich möchte die herrlich bunte Glasfassade und damit auch die Kapelle deshalb unter Schutz stellen lassen. Wobei DER bedeutende Oskar Holweck nicht verwandt ist mit der Brauereifamilie Hohlweck, die einst auf dem Höllgelände Bier braute... – und schon sind wir wieder beim Trinken und Feiern. Getreu dem Motto: Sinn die Weck all weck? Alles all? Wer war dann dò dò?
Jetzt kommen die lustigen Tage, auch wenn das wunderbare Burg- und Weiherfest jetzt vorbei ist. Weitere Feiern werden in den Orten folgen, dann das große Burg-Open-Air mit BAP, Alphaville und dem Filmorchester Babelsberg, Kelly, In Extremo, Völkerball, Ben Zucker und Co. - einfach Zucker, dieses Musikfest. So lasst uns feiern und Roschdwurschd essen und Musik hören und auf E-Bikes oder Bio-Muskelrädern radeln. Denn schön ist die Welt, trotz aller Politik. Drum Brüder und Schwestern lasst uns radeln und feiern und reisen oder das Freibad preisen.
In diesem Sinne wünscht eine angenehm sommerliche Woche
Ihr Bürgermeister Armin König