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Ausgabe 44/2022
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Der Bürgermeister informiert

Liebe Mitbürgerinnen, liebe Mitbürger,

wir haben am Donnerstag den Baubeginn des Hauptsammler-Projekts 30 mit einem Spatenstich begonnen. Es ist, als würden wir einen Bergbau—oder einen U-Bahn-Stollen unter Tage bauen – stellenweise mit einer Überdeckung von 50 Metern. Ein gewaltiger Vortriebsbohrer ist auf dem Brückenfeld in die Startgrube gehoben und eingesetzt worden, um einen Kilometer Strecke unterirdisch zu machen – und das nicht in gerader Linie, sondern mit Kurvenradien.

Wir sind soweit. Nach vielen, vielen Jahren. Ein Vierteljahrhundert hat es gedauert. Andernorts sind in diesen Zeiträumen zwei oder drei Bürgermeister tätig. In Illingen ist das ein bisschen anders. Mich hat das Projekt die ganze Amtszeit begleitet. Aribert Burkart und Karl-Philipp Meyer – Gott hab ihn selig – haben noch darüber beraten – und das zum Teil mit großer Leidenschaft. Zeitweise sah es so aus, als sei dies eine never-ending Story, eine Geschichte ohne Happy-End. Aber wir haben es geschafft. Wir investieren nun endlich 12,5 Millionen Euro in Gewässserschutz, den Umweltschutz, die Sanierung einer Abwasseranlage – wobei wir viel zu selten die Frage stellen, wie wir belastete Abwässer vermeiden. Beim Abfall ist dies längst ein Thema. Beim Wasser und beim Schmutzwasser ist noch viel Aufklärungsarbeit notwendig.

Seit 2001 existiert die Europäische Wasserrahmenrichtlinie, aber sie wird in Deutschland längst nicht mit der Priorität behandelt, mit der sie behandelt werden müsste. Ich weiß dies als Vorsitzender von ProH2O, als Mitglied im Beirat der Wasserrahmenrichtlinie und als Verbandsvorsteher des AVI, der für die Gemeinde und für den Entsorgungsverband EVS diese Großmaßnahme neben vielen anderen realisiert. Wir sind als so genannter Dritter für den EVS tätig. Vor mehr als zwanzig Jahren sind wir wie die Jungfrau zum Kind zu den Dritte-Projekten gekommen, obwohl wir dazu als Gemeinde und als Abwasserverband viel zu klein sind. Man hat uns damals das Blaue vom Himmel versprochen. Es gab da eine Gruppe von Ober- und Bürgermeistern, die partout dem AVS und EVS Konkurrenz machen wollten. Wir haben das Ganze dann mit Hilfe der KEN und des EVS geschultert. Deshalb die Freude über den Spatenstich und die große Erleichterung, dass es jetzt soweit ist.

An diesem Projekt wurde über 20 Jahre geplant, umgeplant, verworfen, neu konzipiert und wieder neu geplant. Es hing mit Eigentumsrechten zusammen, mit Natur- und Umweltschutz, mit Gestattungen. Und letztlich haben sich auch die Ausbaumethoden verändert. Wir kennen uns im Saarland ja mit unterirdischen Bohrungen aus, auch wenn wir keine U-Bahn haben. In Illingen werden diese Bohrverfahren schon lange praktiziert. Aber eine solche Dimension, bei der ein ganzes Gebirge unterfahren wird – vom Brückenfeld zum Rathaus – hatten wir noch nie.

Leider ist dies auch mit Bau- und Endgruben, Baustraßen, Verkehrsbehinderungen, Sperrungen, Einschränkungen des Festplatzes vor der Illipse und dem teilweisen Abbau des großen schönen Spielplatzes an der Burg verbunden. Und ich sage ganz offen, dass ich hier eine Kompensation erwarte und dass es nicht sein kann, dass für jede Muffe unter der Erde und für jedes Baustellenschild und jede Beton-Baustraße Geld da ist, dass man aber bei den Kompensationsleistungen eine harte Linie fährt. Es geht da auch um den sozialen Aspekt eines technischen Gewässerschutzes, der ja auch Nebenwirkungen auf die Gesellschaft, auf die Gemeinschaft hat. Auch das ist Gemeinde. Auch das ist Daseinsvorsorge. Und deshalb bitte ich ganz lieb und nett und freundlich die Beteiligten, dass auf dem Spielplatz nach Ende der Baustelle in zweieinhalb Jahren wieder Kinder auf schönen Spielgeräten spielen können. Wenn viele der Beteiligten am Ende einen kompensatorischen Obulus dazu geben, werden wir alle zufrieden sein.

Offen gestanden: Ich weiß nicht, was da unter der Erde alles verbaut wird. Da müssen wir uns auf die Planer, die Baufirmen und den EVS verlassen. Ich vertraue Ihnen und danke für die Unterstützung in den letzten Jahren. Aber wissen können wir es nicht. Das ist wirklich Spezialwissen.

Danke vor allem an meine Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter beim AVI und im Bauamt, stellvertretend nenne ich Martin Andres, Sarah Hoffmann, Bernd Jener, Ulrike Hehl, Thorsten Feiß, Andreas Schwarz, danke dem Ordnungsamt, hier vor allem Peter Rauber und Roland Rachor, danke an Herrn Scherer von der KEN, der mit mir und Martin Andres und anderen bei und mit diesem Projekt alt geworden ist. Ich danke dem EVS, der uns in vielen kritischen Phasen Expertisen geliefert hat und dem Ingenieurbüro Kopper.

Wenn jetzt unter der Erde ein großer Staukanal gebaut wird und dies 12 bis 14 Millionen Euro kosten wird, dann muss man dies natürlich in Relation setzen zu anderen Maßnahmen. Das sind ein Feuerwehrhaus und ein Kindergarten oder zwei Schulen, die wir dafür bauen könnten. Aber bei Schulen geht es ja nicht um Gebühren, sondern um Haushaltsmittel. Sie sind aber genauso notwendig, und genauso notwendig sind die Feuerwehrhäuser, und deshalb darf es nicht nur Investitionen in unterirdische Abwasseranlagen in Milliardenhöhe geben, es muss auch hohe Millioneninvestitionen in Bildung, Kinderbetreuung und Brandschutz geben. Auch das ist Daseinsvorsorge, auch das ist existenziell. Das Eine tun und das Andere nicht lassen.

Und noch Eines muss ich als dienstältester Bürgermeister dieses Landes sagen: Dass ein Projekt von der ersten Idee bis zur Umsetzung etwa ein Vierteljahrhundert dauert, dann ist dies absurd lang. So kann eine Industrienation wie Deutschland nicht weitermachen. Das hängt auch mit einer Verrechtlichung und Bürokratisierung politischer Verfahren zusammen, die wir uns im 21. Jahrhundert nicht mehr leisten können.

Wenn ich nun ein bisschen Wasser in den Feierwein gegossen habe, dann mit meiner 26jährigen Erfahrung in unzähligen Gremien, Arbeitsgruppen, Versammlungen, Planungsrunden, Sitzungen.

Ja, wir sind stolz darauf, dass wir dieses ganz wichtige Bauwerk im Sinne des Umwelt und Gewässerschutzes nun realisieren. Ja, wir freuen uns, dass eine Never-Ending-Story nun ein Happy End findet. Ja, ich persönlich freue mich, dass das Projekt nun doch noch in meiner Amtszeit gestartet wird. Ob es noch in meiner Amtszeit fertig wird, hängt sicher von der Witterung und von dem ab, was die Bohrgeräte unterirdisch vorfinden.

Das ist ein großer Beitrag zur Verbesserung der Abwasser- und Gewässersituation im Illtal, aber auch im ganzen Gewässersystem des Saarlandes, das ja miteinander zusammenhängt.

Wasser ist unser wichtigstes Lebensmittel. Wir müssen es schützen und achten. Und jeder und jede kann dazu beitragen. Wir liefern jetzt einen wichtigen technischen Baustein dafür mit. Über mehr Vorsorge würden nicht nur wir uns freuen, sondern alle Lebewesen, die in Ill, Theel, Prims und Saar leben.

Ich wünsche einen guten Baustellenverlauf und viel Erfolg.

Glückauf oder auch in diesem Fall Glückab fürs Bohrgerät.

Ihr Bürgermeister Armin König