Die Trichinenbeschau bei geschossenen Wildschweinen und Dachsen ist eine wichtige Aufgabe des Fachbereichs Veterinärwesen und Verbraucherschutz im Landkreis Kassel. Sie dient dem Schutz vor der Erkrankung Trichinellose, die beim Menschen unter anderem Fieber und Erbrechen verursachen kann.
Für die Entnahme der Trichinenproben erhalten vom Landkreis speziell geschulte Jäger eine Beauftragung, bei Schwarzwild und Dachsen Proben zu entnehmen und zur Untersuchung einzureichen. Bisher war die Abgabe der Proben aufgrund rechtlicher Vorgaben nur zu den Öffnungszeiten der beiden Trichinenuntersuchungslabore in Hofgeismar und Wolfhagen sowie am Standort des Veterinäramtes der Stadt Kassel möglich. Um diesen Prozess für die Jägerschaft komfortabler und unkomplizierter zu gestalten, gibt es im Landkreis nun gekühlte Briefkästen, in denen Proben rund um die Uhr eingelegt werden können.
"Aufgrund einer neuen digitalen und zeitlich unabhängigen Lösung kann den Jägern mit Übertragungserlaubnis nun die Abgabe der Proben an den Standorten Hofgeismar und Wolfhagen jederzeit ermöglicht werden. Dies ist ein echter digitaler Gewinn. Die Formalitäten mit dem Wildursprungsschein ist für diesen Personenkreis dann nunmehr Geschichte", berichtet Umweltdezernent Thomas Ackermann.
Die neue digitale Wildmarke (Diwima) ist mit einem QR-Code versehen - ebenso der Probenbeutel, in den die Trichinenprobe eingelegt wird. Wird ein für Trichinen empfängliches Stück Wild erlegt, scannt der Jäger die digitale Wildmarke und den Probenbeutel mit seinem Smartphone. Die dazugehörige Diwima-App verbindet die Daten des Jägers mit der digitalen Wildmarke und der entnommenen Probe.
Der Probenbeutel kann dann zeitlich unabhängig in einen der beiden gekühlten Briefkästen an den Standorten Hofgeismar und Wolfhagen eingeworfen werden. Die Proben werden jeweils dienstags und samstags in den Laboren auf das Vorhandensein von Trichinen untersucht. Dank der eindeutigen Zuordnung per QR-Code ist eine lückenlose Rückverfolgbarkeit gewährleistet, und alle erforderlichen Daten werden dem Untersuchungspersonal über die App zur Verfügung gestellt. Fällt die Untersuchung negativ aus, erhält der Jäger in der Diwima-App eine Benachrichtigung, dass das Wildstück frei von Trichinen ist. Die bisher genutzten Wildursprungsscheine in Papierform werden nicht mehr benötigt.
Auch für das Monitoring von ASP hilfreich "Im Zuge der Vorbereitungen auf einen möglichen Ausbruch der Afrikanischen Schweinepest (ASP) wurden wir auf digitale Lösungen mit Smartphone-App aufmerksam. Bereits jetzt nutzen wir digitale Tools zur Kadaversuche und Bergung im Falle eines ASP-Ausbruchs. Bei einer im vergangenen Jahr durchgeführten Übung wurde das System getestet und von allen Beteiligten als sehr hilfreich empfunden", erläutert Dr. Sabine Kneißl, Fachbereichsleiterin für Veterinärwesen und Verbraucherschutz. Ein ähnliches Fazit erhofft man sich nun auch von der Einführung der digitalen Wildmarke.
Die Briefkästen können darüber hinaus für die Abgabe von Monitoring-Proben zur Afrikanischen Schweinepest genutzt werden - also für Blutproben von gesund geschossenen Schweinen sowie Tupferproben von tot aufgefundenen, krank geschossenen oder verunfallten Wildschweinen. Diese müssen zusammen mit den entsprechenden Begleitscheinen eingeworfen werden. Durch diese Maßnahme kann die Jägerschaft einfacher zur Früherkennung der Afrikanischen Schweinepest beitragen.
Alle beim Fachbereich gelisteten Jäger, die mit der Probenabgabe betraut sind, erhielten einen Informationsbrief, in dem über die Umstellung auf die digitale Wildmarke und die Installation der Diwima-App informiert wurde. "Bis jetzt ist die Resonanz bei den Jägern sehr positiv", berichtet Niklas Sölzer, Fachdienstleiter für Verbraucherschutz. Auch seien bereits erste Trichinenuntersuchungen mit der neuen digitalen Lösung durchgeführt worden. "Auch hier läuft das System sehr reibungslos", bekräftigt Sölzer.
Die Probenbriefkästen befinden sich im Raiffeisenweg 2 in Wolfhagen sowie in der Garnisonsstraße 6 in Hofgeismar. Auch für die Jägerschaft östlich der Fulda gibt es gute Nachrichten: "Wir suchen intensiv nach einem geeigneten Standort, um auch hier eine Probenabgabe über einen gekühlten Briefkasten zu ermöglichen. Erste Gespräche haben bereits stattgefunden, und wir sind zuversichtlich, in den nächsten Wochen eine Lösung präsentieren zu können", informiert Thomas Ackermann.
Für Personen, die über kein Smartphone verfügen oder aus anderen Gründen nicht am neuen Verfahren teilnehmen möchten, wird das herkömmliche Verfahren weiterhin angeboten. In diesem Fall ist eine persönliche Abgabe nur während der Öffnungszeiten möglich.
Für Jäger, die noch keine Übertragungserlaubnis besitzen, wird es im Herbst wieder einen Fortbildungslehrgang geben, bei welchem die Übertragungserlaubnis erworben werden kann. Weitere Informationen unter Tel. 0561 1003-3300 oder per E-Mail an veterinaeramt@landkreiskassel.de Hintergrund Trichinen:
Bei diesem Erreger ist vor allem die Art Trichinella spiralis von großer Bedeutung, da sie mehr als 130 Säugetierarten sowie den Menschen infizieren kann. Die Infektion erfolgt durch die Aufnahme von infektiösen Larven, welche sich im Muskelgewebe befinden. Nach der Aufnahme wandern die Larven vom Dünndarm des Wirtes aus durch den Organismus und können teils heftige Entzündungsreaktionen hervorrufen. Beim Menschen sind verschiedene Krankheitssymptome wie Erbrechen, Fieber, Muskelschmerzen, Atem- und Schluckbeschwerden beschrieben. Um eine Übertragung von empfänglichen Tierarten wie Hausschwein, Wildschwein, Dachs oder Pferd auf den Menschen zu verhindern, ist eine Untersuchung des Muskelgewebes geschlachteter oder erlegter Tiere gesetzlich vorgeschrieben. Erst nach Erhalt eines negativen Untersuchungsergebnisses, darf das Fleisch der Tiere in den Verkehr gebracht werden.