„klassischer“ alter Ferraris Stromzähler, meist im schwarzen Kasten
Symbol Rücklaufsperre und Zweirichtungszähler
Symbol für einen Drehstromzähler always positive
Haben Sie sich schon mit dem Gedanken befasst, durch den Kauf eines Balkonkraftwerks ihren eigenen Strom zu produzieren und so zur Energiewende beizutragen? Das Balkonkraftwerk ermöglicht es fast jedem, einen Beitrag zu leisten und dabei noch Geld zu sparen! Und so geht’s:
Beim Thema erneuerbare Energien und Energiewende denken viele an die klassische Photovoltaik (PV)-Anlage auf dem Dach oder an Windkrafträder. Balkonkraftwerke sind aktuell im Trend - und das nicht nur, weil ab 01.01.2023 für PV-Anlagen die 19% Mehrwertsteuer entfällt. Sie ermöglichen vor allem Mietern den Zugang zu PV-Energie. Die Nachfrage an grün erzeugtem Strom wird mittelfristig trotz Sparmaßnahmen ansteigen, da viele Sektoren wie z.B. der Verkehrssektor oder die Industrie derzeit noch zum Großteil auf Basis fossiler Energien laufen. Es wird in Zukunft generell mehr und vor allem mehr grün erzeugter Strom benötigt. Aus diesem Grund ist es wichtig, die Energiewende zu vollziehen – nicht nur aus ökologischer, sondern, wie im folgenden Artikel erklärt, auch aus ökonomischer Sicht. Jede Kilowattstunde zählt!
Beim Kauf von Balkonkraftwerken oder Steckerfertigen-PV-Anlagen gibt es derzeit einige Dinge, die Sie beachten müssen. Die sechs wichtigsten Punkte jetzt im kurzen Überblick:
1. Qualität und Sicherheit:
Im Bereich der Stecker-PV gibt es noch keine gesetzlichen Normen, daher wird häufig behauptet, dass Stecker-PV Geräte gefährlich sind, Stromkreise überlasten und Brände verursachen. Aus diesem Grund hat die Deutsche Gesellschaft für Sonnenenergie e.V. den DGS-Sicherheitsstandard entworfen. Dieser garantiert wie eine Norm die Sicherheit der Anlage und ist ein Gütesiegel für Qualität. Achten Sie beim Kauf der Anlage unbedingt auf folgendes Logo:
2. Zustimmung durch Vermieter oder Wohneigentümergemeinschaft:
Sofern im Mietvertrag das Anbringen von Dingen am Balkongeländer nicht ausdrücklich verboten ist, bedarf es formell keiner Genehmigung - es empfiehlt sich allerdings, den Vermieter zu informieren, um Konflikte zu vermeiden. Solange der Balkon Gegenstand des Mietvertrages ist, das Balkonkraftwerk fachgerecht angebracht ist und die Optik des Gebäudes nicht beeinträchtigt wird, hat der Vermieter kein Recht das Balkonkraftwerk zu verbieten. Bei Gemeinschaftsflächen wie z.B. Dach, Fassade oder Brüstung ist der Sachverhalt ein anderer. Hier liegt eine bauliche Veränderung vor - diese bedarf der Zustimmung des Vermieters bzw. der Wohneigentümergemeinschaft mit einfacher Mehrheit (über 50%). Ein weiterer wichtiger Punkt sind die Blend-Eigenschaften der PV-Module. Besteht die Gefahr, dass Nachbarn durch das Balkonkraftwerk geblendet werden, sollten Module mit einer Antireflexionsschicht gekauft werden, um den Konflikt vorzubeugen.
3. Installation:
Wie bereits erwähnt, gibt es für Stecker-PV-Anlagen keine eigene gesetzliche Norm, daher unterliegen diese der Sicherheitsnorm für Haushaltsgeräte DIN EN 60335 und sind somit als solche zu betrachten. Das ist auch der Grund, weshalb für die Installation und Inbetriebnahme keine Fachkraft notwendig ist. Die Anbringung der Anlage unterliegt der Verantwortung des Eigentümers. Eine solide Befestigung sorgt nicht nur für die Sicherheit ihrer Anlage, sondern auch für die anderer Bürgerinnen und Bürger. Wer gleich auf Nummer sicher gehen möchte, kauft sich ein witterungsbeständiges Befestigungsset zur Anlage dazu, sofern bei der Anlage selbst keines dabei ist. Den besten Ertrag liefert die Anlage bei einem Neigungswinkel von 30° - 35° und Südausrichtung ohne Verschattung (siehe Abbildung 2). Lässt sich eine Verschattung nicht vermeiden, sollten Halbzellenmodule installiert werden.
4. Registrierung:
Bevor die Anlage in Betrieb genommen wird, muss diese noch angemeldet werden: Beim zuständigen Netzbetreiber (dieser ist meist auch Ihr Energieversorger) und im Marktstammdatenregister der Bundesnetzagentur. Die Registrierung erfolgt online und dauert nur in der Regel nur wenige Minuten – diese Zeit sollte man sich auch nehmen:
Wer eine nicht angemeldete Balkon-PV, auch Guerilla-PV genannt, betreibt, begeht eine Ordnungswidrigkeit nach §21 Marktstammdatenregisterverordnung. Diese kann nach §95 Energiewirtschaftsgesetz ein Bußgeld von maximal 50.000€ bestraft werden. In der Realität fällt die Strafe jedoch mit ca. 10€ pro kWp installierter Leistung deutlich geringer aus.
5. Anschluss:
Ist die Anlage angebracht und registriert muss diese noch angeschlossen werden. Dazu wird diese mit dem Stromkreislauf des Hauses verbunden werden. Hierfür gibt es drei Möglichkeiten:
| 1. | Anschluss über eine Wieland-Einspeisesteckdose |
| 2. | Direkter Anschluss in den Stromkreislauf über NYM-Leitung |
| 3. | Anschluss an eine normale Schutzkontakt-Steckdose (Schuko) |
Eine Einspeisesteckdose ist, entgegen vieler Behauptungen, nicht gesetzlich vorgeschrieben. Die entsprechende VDE-Norm empfiehlt eine Einspeisesteckdose, ein Gesetz hierzu gibt es aber nicht. Der Verband der Elektrotechnik, Elektronik und Informationstechnik e.V. (kurz VDE) oder VDE-FFN (Forum Netztechnik/Netzbetrieb) hat in Sachen Stecker-PV KEINE Deutungshoheit! Zudem müsste die Einspeisesteckdose von einer Elektrofachkraft installiert werden – diese Methode dauert nicht nur länger (Wartezeiten bei Fachbetrieben), sondern ist auch noch teurer.
6. Einspeisen und Zählertausch:
Aktuell ist ein Balkonkraftwerk bis 600 Watt Peak-Leistung pro Zähler erlaubt. Das sind in der Regel zwei Module. Es ist theoretisch möglich, den produzierten Strom ins Netz einzuspeisen und die EEG-Vergütung zu erhalten, wirtschaftlich gesehen ist das aber fragwürdig. Generell gilt, ob Balkon-PV oder Dach-PV: Es lohnt sich den selbst erzeugten Strom auch selbst zu verbrauchen, statt einzuspeisen. Wenn die Anlage weder unmittelbar noch mittelbar an ein Stromnetz angeschlossen ist, dann ist keine laut MaStRV §5 Abs.2 Nr 1. Registrierung notwendig. Wenn die Anlage aber theoretisch einspeisen kann (das ist der Fall, wenn man sie in den Hausstromkreislauf integriert), dann besteht die Pflicht zur Registrierung. Ist die Anlage beim Energieversorger registriert, ist der Messtellenbetreiber (i.d.R. ist das auch der Energieversorger bzw. Netzbetreiber) dazu verpflichtet, den Zähler zu tauschen. Diese Pflicht entfällt, wenn bereits ein Zweirichtungs- oder Smartzähler installiert ist.
Der Netzbetreiber ist verpflichtet den alten Zähler zu tauschen, sollte dieser nicht dem Stand der Technik zu entsprechen. Dies ist z.B. dann der Fall, wenn ein alter Ferraris-Zähler (siehe. Abbildung 3) ohne Rücklaufsperre installiert ist.
Ist eines der beiden folgende Symbole (Abbildung 4) auf Ihrem Stromzähler vorhanden (links: Drehstromzähler mit Rücklaufsperre, rechts: Zweirichtungszähler), besteht kein Bedarf den Zähler zu tauschen:
Vorsicht bei folgendem Symbol! (Abbildung 5) Ist dieses vorhanden, ist Ihr Stromzähler ein Drehstromzähler „always positive“. Dieser wertet die Einspeisung als Verbrauch und sorgt für eine höhere Stromrechnung trotz Balkon-PV!
Obacht: Fordert der Netzbetreiber die Modernisierung des Zählers vom Kunden selbst (Kunde beauftragt eine Elektronikfachkraft mit dem Zählerwechsel) und dieser stimmt zu, übernimmt der Kunde auch die Kosten der Modernisierung. Das ist illegal! Generell befindet sich der Stromzähler im Besitz des Messtellenbetreibers und ist nur gemietet. Der Kunde hat laut §29 Abs.3 S.1 MsbG das Recht auf moderne Messeinrichtungen. Die Miete wird sich zwar durch einen modernen Zähler erhöhen, jedoch gibt es hierfür mit 20€ pro Jahr eine staatliche Obergrenze. Zudem überwiegt die Kosteneinsparung durch den selbst erzeugten Strom die höheren Mietkosten deutlich.
Was bringt die Zukunft:
Die Photovoltaikstrategie der Bundesregierung sieht vor, durch sogenannte Solarpakete die Bedingungen für PV-Anlagen Schritt für Schritt zu verbessern. Das erste Solarpaket wird vermutlich im Herbst 2023 im Bundestag und Bundesrat beraten. Wird das Solarpaket 1 beschlossen, ergeben sich für Balkonkraftwerke folgende Änderungen:
| - | Meldepflichten vereinfachen oder streichen. |
| - | Rückwärtsdrehende Zähler vorübergehend dulden. |
| - | Balkon-PV-Anlagen in den Katalog privilegierter Maßnahmen im Wohnungseigentumsgesetz (WEG) sowie im Bürgerlichen Gesetzbuch (BEG) aufnehmen. |
| - | Maximale Einspeiseleistung von derzeit 600 Watt auf 800 Watt erhöhen. |
Fazit:
Es gibt in Sachen Balkon-PV viele Sachen zu beachten, die anfangs gar nicht so offensichtlich sind. Trotzdem sind die bestehenden Hürden, auch ohne die geplanten Änderungen im Solarpaket 1, gering und bieten eine niedrigschwellige Möglichkeit an der Energiewende teilzuhaben. Mit den geplanten Änderungen ist es wichtig, beim Kauf einer Balkon-PV-Anlage darauf zu achten, dass diese erweiterbar ist und das System auch mit 800Watt Einspeisen kann (hier ist der Wechselrichter die entscheidende Komponente).
Wenn Sie weitere oder detailliertere Informationen zum Thema Balkon-PV haben möchten, rufen Sie mich gerne an oder schreiben Sie mir eine Mail. 07275 960 210 | Dominik.Hasselwander@vg-kandel.de