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Felsberger Nachrichten
Ausgabe 9/2024
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50 Jahre Stadt Felsberg nach der Gebietsreform

Zeitzeugen der Gebietsreform: der ehemalige Stadtverordnetenvorsteher Fritz Strack - hier mit einer alten Amtsglocke - eröffnete die Ausstellung mit interessanten Geschichten aus der Vergangenheit. Links der ehemalige Stadtrat und Rektor Hans Poth mit der Festschrift zur 700-Jahr-Feier, Stadtverordnetenvorsteherin Sabine Quehl und Klaus Winter, ebenfalls Zeitzeuge und Leiter des Stadtarchiv-Fördervereins.

Volles Haus: Die Ausstellung "50 Jahre Gebietsreform - 50 Jahre Stadt Felsberg" wurde im Stadtarchiv in Gensungen eröffnet. Unser Bild zeigt nur einen Teil der Besucher der Eröffnungsfeier. Die Ausstellung kann auch von den Stadtteilen angefordert werden.

Wie aus dem Streit Frieden wurde

Felsberg war Vorreiter

Strack: Gebietsreform gelungene Konstruktion

Von Manfred Schaake

Die auch heute noch gelobte Schulreform im Edertal war vor 50 Jahre Wegbereiter und Begleiter der Gemeinde-Gebietsreform, bei der die jetzige Stadt Felsberg entstand. Das hat der ehemalige Stadtverordnetenvorsteher Fritz Strack dokumentiert. Der heute 85 Jahre alte Sozialdemokrat aus Gensungen schilderte zum Auftakt einer Ausstellung im Stadtarchiv vor mehr als 100 Besuchern interessante Details der damaligen Zeit. Strack war nach Helene Pusch acht Jahre lang Stadtverordnetenvorsteher. Von 1982 bis 2002 war er Leiter der Gesamtschule Melsungen.

"Aus heutiger Sicht ist die Konstruktion gelungen", kommentierte Strack die Gründung der heutigen Stadt, die 1986 "700 Jahre Stadt Felsberg" gefeiert hatte. Die Schulreform habe den Blick für größere Zusammenhänge geöffnet und die späteren Zusammenschlüsse vorbereitet. Ziel der Schulreform sei unter anderem gewesen, den Landkindern die gleiche Ausbildung und Ausstattung anzubieten wie den Stadtkindern. Deshalb sei bereits 1961/62 der erste Schulverband Edertal in Felsberg gegründet worden für Felsberg, Altenburg, Böddiger und Lohre. Auf der anderen Seite entwickelte sich der Schulverband Heiligenberg mit Gensungen, Heßlar und Melgershausen.

1964 wurde das 9. Schuljahr eingeführt, weitere Schüler aus den heutigen Stadtteilen kamen hinzu. Der Mittelpunktschule Gensungen drohte der Verlust der Selbstständigkeit. In einer heftigen Auseinandersetzung mit dem Regierungspräsidenten wurde nach den Worten Stracks 1968 ein Kompromiss erzielt, der bis heute gelte: Felsberg wurde zur Gesamtschule entwickelt, Gensungen wurde Mittelpunkt-Grundschule für die ersten vier Jahrgänge. Strack: "Die Gesamtschule Felsberg war eingebettet in das System des Schulverbandes Melsungen mit Gesamtschulen in Spangenberg, Guxhagen, Melsungen und Felsberg, gefolgt von der gymnasialen Oberstufe und den beruflichen Schulen in Melsungen." Im Zusammenhang mit der Gebietsreform sei 1968 über "Empfehlungen zur Stärkung der Verwaltungskraft der Gemeinden" diskutiert und zu freiwilligen Zusammenschlüssen aufgerufen worden. Felsberg, Gensungen und Neuenbrunslar hätten sich mit ihren selbstbewussten Bürgermeistern und selbstbewussten Gemeindevertretungen "ein selbstständiges Weiterleben erhofft", sagte Strack.

1970 schlossen sich Böddiger und Lohre freiwillig Felsberg an, Altenburg folgte 1971. Auf der anderen Seite der Eder hatten sich Hesserode, Beuern, Heßlar und Melgershausen der Gemeinde Gensungen angegliedert. Strack: "Rhünda weigerte sich bis zum Schluss, weil es auf die Gewerbesteuer-Einnahmen aus dem Steinbruch nicht verzichten wollte. Eine freiwillige Zusammenlegung von Gensungen und Felsberg scheiterte an der Frage des Verwaltungssitzes."

Vor allem in Gensungen, berichtete Strack, wuchs die Einsicht, dass nur eine Lösung aus eigener Kraft die Lösung bringen konnte. Die Vorstände der SPD-Ortsvereine Felsberg und Gensunghen hätten dann eine Verabredung getroffen, "die für die Geburtsstunde der Stadt Felsberg bindend war und eingehaltden wurde":

  1. Das zukünftige Rathaus wird auf der Felsberger Seite auf Schwans Wiese errichtet.
  2. Als Verwaltungschef wird Bürgermeister Ernst Schaake unterstützt.
  3. Gleichzeitig wird Bürgermeister Adolf Herwig als hauptamtlicher Erster Stadtrat gewählt. Nach Ende der Amtszeit von Ernst Schaake wird Adolf Herwig Bürgermeister.

Als Vorsitzende der SPD-Mehrheitsfraktion "haben Heinz Veit und ich zum Ende des Streits zu einer friedlichen Entwicklung der Stadt beigetagen", betonte Fritz Strack am Sonntag. Und: "Im Nachhinein kann man feststellen, dass wir von der Gensunger Seite die Bedeutung der Stadt Felsberg und der Burg Felsberg als landgräfliches Amt, als Festung und als Stützpunkt unterschätzt hatten."

Gegnerschaft und Konkurrenzdenken sind verschwunden

Strack verwies auf die Städtepartnerschaften, die 700-Jahrfeier Felsbergs in 1986 mit einem ökumenischen Gottesdienst mit der muslimischen Gemeinde und eine Aussage des Architekten Murat Cetinkaya: "Felsberg ist eine fremdenfreundliche Stadt."

Die Stadtrechte und die Bedeutung des Amtes Felsberg seit dem Mittelalter hätten sich durchgesetzt, betonte Strack: "Die Gegnerschaft und das Konkurrenzdenken sind verschwunden". Nach zwei Generationen in einer gemeinsamen Schule, in einer gemeinsamen Feuerwehr, einer gemeinsamen Handballmannschaft und nach vielen Veranstaltungen im Bürgersaal sei ein gemeinsames Bewusstsein gewachsen.

Dank an Klaus Winter

Herzlichen Dank sagte Fritz Strack dem 79-jährigen Klaus Winter aus Heßlar. Er war von 1974 bis 2021 Leiter des Hauptamtes der Stadt Felsberg. Winter habe mit Bürgermeister Adolf Herwig die Städtepartnerschaft mit Vernouillet vorbereitet und die Gebietsreform dokumentiert. Winter ist auch Vorsitzender des Fördervereins des Stadtarchivs Felsberg.

Zur Bildung der Stadt Felsberg vor 50 Jahren sagte er gegenüber der HNA: "Die Gebietsreform war für alle Beteiligten eine gute Sache. Die Gemeinden hätten ihre Aufgaben allein nicht mehr erledigen können, wären damit überfordert gewesen."

Das sagt Hans Poth

"Felsberg war Vorreiter für die gute Zusammenarbeit auf kommunaler Ebene", sagte Hans Poth (82) gegenüber der HNA. Er war von 1968 bis 2004 Rektor an der Gesamtschule Felsberg und Jahrzehnte für die SPD kommunalpolitisch tätig. Er gilt als einer der Gründungsväter der Gesamtschule Felsberg. Die habe die Möglichkeiten zum Besuch weiterführender Schulen geschaffen, sagte Poth. Schule und Vereine hätten auch mit ihrem guten Sportangebot dazu beigetagen, "dass die Kommune zusammenwächst."

Stolz auf gelungenes Ergebnis

"Wir können stolz auf das gelungene Ergebnis in unserer Stadt blicken", erklärte Stadtverordnetenvorsteherin Sabine Quehl zu der Ausstellung. Dem Team des Stadtarchivs sagte sie herzlichen Dank für die Gestaltung der Ausstellung: "Sie haben viel Zeit und viel Herzblut in diese Ausstellung gesteckt.". Die sei als Wanderausstellung konzipiert und könne auch von den Stadtteilen angefragt werden.

m.s.

Fotos: Manfred Schaake