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Fuldabrücker Nachrichten
Ausgabe 8/2024
Aus dem Rathaus wird berichtet
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Sonstiges

Stallpflicht wird auf gesamten Landkreis Kassel ausgeweitet

Zwei Wochen nach dem Ausbruch der Geflügelpest im benachbarten Landkreis Schwalm-Eder herrscht jetzt im gesamten Landkreis Kassel Aufstallungspflicht. Im Landkreis Kassel gibt es eine hohe Geflügeldichte mit insgesamt 770.000 Tieren, knapp 20 großen Legehennen-Haltungen und ebenso vielen Masthähnchenställen. Darüber hinaus verfügt der Landkreis Kassel über ein sogenanntes "ornithologisches Risikogebiet" im Bereich der Fuldaauen. Dabei handelt es sich um gewässernahe Gebiete, in denen Wildvögel in verstärktem Maß brüten und rasten. Die Allgemeinverfügung Aufstallungspflicht tritt am Dienstag, 13. Februar 2024, in Kraft.

Grund für die Entscheidung des Fachbereichs Veterinärwesen und Verbraucherschutz des Landkreises Kassel ist eine aktualisierte Risikobeurteilung aufgrund des Geflügelpest-Ausbruchs im Schwalm-Eder-Kreis. Der Ausbruchsbetrieb liegt an der Grenze zum Landkreis Kassel, so dass dieser von den Restriktionszonen ebenso betroffen ist (siehe Tierseuchenrechtliche Allgemeinverfügung Nr. 1/2024 zum Schutz gegen die Geflügelpest unter https://www.landkreiskassel.de/aktuelles/oeffentliche-bekanntmachungen/index.php). Halterinnen und Halter werden aufgefordert, ihre Tiere umgehend in einen Stall zu bringen und Schutzvorrichtungen vorzuhalten.

Das Virus ist in der Wildvogelpopulation weit verbreitet und hoch ansteckend. Hinzu kommt, dass durch den zurzeit stattfindenden Vogelzug zurück in die Brutgebiete eine erhöhte Gefahr der weiteren Verbreitung besteht. Das Friedrich-Löffler-Institut für Tiergesundheit schätzt in seiner aktuellen Risikoeinschätzung vor dem Hintergrund günstigen Witterungsbedingungen und Wildvogelbewegungen das Risiko für eine Verbreitung des Virus bei wilden Wasservögeln und Einträge in die Geflügelbestände als hoch ein. Das Virus ist auch für Kleinst- und Hobbyhaltungen eine Gefahr.

Alle Nutzgeflügelarten, aber auch viele Zier- und Wildvogelarten sind hoch empfänglich für die Infektion. Bei Hühnern und Puten werden die höchsten Erkrankungs- und Sterberaten beobachtet. Wasservögel erkranken seltener und weniger schwer, scheiden aber dennoch Virus aus und können als Reservoir für Ansteckungen dienen.

Durch die Aufstallung soll die Übertragung von aviären Influenzaviren in die Geflügelbestände bestmöglich verhindert und damit wirtschaftlicher Schaden abgewendet werden, um weitere Tötungen von Geflügel zu verhindern. In Verbindung mit der Aufstallpflicht empfiehlt das Veterinäramt erhöhte Hygienemaßnahmen und beschränkten Zutritt zu Geflügelhaltungen. Es empfiehlt sich, beim Betreten von Ställen Kleidung und Schuhe am Eingang zu wechseln, um ein Einschleppen der Geflügelpest zu vermeiden. Möglichkeiten zur Reinigung und Desinfektion der Hände und Schuhe sollten am Stalleingang bereitgehalten werden. Auch Futter und Einstreu sollten so gelagert werden, dass es nicht für Wildvögel zugängig ist.

Darüber hinaus ist es wichtig, dass Bestände regelmäßig kontrolliert und nur gesunde Tiere zugekauft werden. Erste Krankheits- oder auch Todesfälle bei Geflügel sollten immer durch einen Tierarzt abgeklärt werden. Wer Geflügel hält und sich noch nicht beim zuständigen Veterinäramt, beim HVL und der Tierseuchenkasse angemeldet hat, muss dies nun unbedingt nachholen.

Um eine Infektion von wildlebenden Vögeln mit dem Virus der Geflügelpest möglichst früh zu erkennen, sollten Bürgerinnen und Bürger kranke oder tote Tiere, insbesondere Wassergeflügel (Schwäne, Enten, Gänse), an den Fachbereich Veterinärwesen und Verbraucherschutz des Landkreises unter der Telefonnummer 0561- 1003 3306 melden. Tot aufgefundene Singvögel oder Tauben sollten nur dann gemeldet werden, wenn mehrere tote Vögel dieser Arten an einem Ort gefunden werden.

Tierseuchenbehördliche Allgemeinverfügung Nr. 02/2024 zum Schutz gegen die Geflügelpest

(Aufstallungspflicht, Verbot der Durchführung von Veranstaltungen, auf denen Vögel gehandelt oder ausgestellt werden, Verbot des Verbringens von Vögeln zu Veranstaltungen)

Aufgrund des Artikel 70 Abs. 1 Buchstabe b und Absatz 2 in Verbindung mit Artikel 55 und Artikel 71 Absatz 1 der Verordnung (EU) 2016/429 in Verbindung mit § 13 Abs. 1 und 2 der Verordnung zum Schutz gegen die Geflügelpest in der Fassung der Bekanntmachung vom 15. Oktober 2018

(BGBl. I S. 1665, 2664) in der zurzeit gültigen Fassung in Verbindung mit § 4 Absatz 2 der Verordnung zum Schutz gegen die Verschleppung von Tierseuchen im Viehverkehr (Viehverkehrsverordnung - ViehVerkV) in der Fassung der Bekanntmachung vom 26. Mai 2020 (BGBl. I S. 1170) bzw. in der zurzeit gültigen Fassung, ergeht für den Landkreis Kassel folgende

Allgemeinverfügung

I. Aufstallungspflicht

Wer in dem Gebiet des Landkreises Kassel Geflügel im Sinne des Artikel 4 Nummer 9 der Verordnung (EU) 2016/429 hält, hat dieses Geflügel mit Wirkung vom Tag der auf die Bekanntmachung dieser Allgemeinverfügung folgt

a. in geschlossenen Ställen oder

b. unter einer Vorrichtung, die aus einer überstehenden, nach oben gegen Einträge gesicherten dichten Abdeckung und mit einer gegen das Eindringen von Wildvögeln gesicherten Seitenabgrenzung bestehen muss (Schutzvorrichtung),

zu halten.

II. Verbot des Verbringens zu Veranstaltungen

Geflügel und gemeinsam mit Geflügel gehaltene Vögel anderer Arten darf/dürfen aus dem Landkreis Kassel zum Zwecke der Teilnahme an Börsen, Märkten sowie Veranstaltungen ähnlicher Art nicht verbracht werden.

III. Verbot der Durchführung von Veranstaltungen

Überregionale Börsen und Märkte sowie Veranstaltungen ähnlicher Art, bei denen Geflügel und gemeinsam mit Geflügel gehaltene Vögel anderer Arten gehandelt oder zur Schau gestellt wird/werden, sind im Landkreis Kassel verboten.

IV. Sofortige Vollziehung

Die sofortige Vollziehung dieser Allgemeinverfügung wird gemäß § 80 Abs. 2 Nr. 4 der Verwaltungsgerichtsordnung im überwiegend öffentlichen Interesse angeordnet.

V. Inkrafttreten

Die Allgemeinverfügung wird am 12.02.2024 öffentlich bekanntgegeben. Sie tritt am Tag nach der Bekanntmachung in Kraft und gilt bis zu ihrer Aufhebung.

Diese öffentliche bekanntgemachte Allgemeinverfügung und ihre Begründung kann in der Dienststelle des Fachbereichs Veterinärwesen und Verbraucherschutz, Liemeckestr. 2, 34466 Wolfhagen, während der Dienstzeiten sowie auf der Homepage des Landkreises Kassel (www.landkreiskassel.de) eingesehen werden.

Begründung:

Die Aviäre Influenza (von lat. avis, Vogel), umgangssprachlich auch Vogelgrippe genannt, ist eine durch Viren ausgelöste hochansteckende Infektionskrankheit, die ihren natürlichen Reservoirwirt im wilden Wasservogel hat und zu schweren klinischen Erkrankungen bis hin zum Tod der infizierten Tiere führt. Alle Geflügelarten, aber auch viele Zier- und Wildvogelarten sind hochempfänglich für die Infektion. Bei Hühnern und Puten können innerhalb weniger Tage bis zu 100 % der Tiere erkranken und sterben. Enten und Gänse erkranken oftmals weniger schwer, die Krankheit führt bei diesen Tieren nicht immer zum Tod und kann bei milden Verläufen gänzlich übersehen werden. Das führt zu hohen Leiden und Schäden bei diesen Tieren. Die wirtschaftlichen Verluste sind ebenfalls hoch. Kranke Tiere scheiden den Erreger massenhaft mit dem Kot sowie mit Schleim oder Flüssigkeit aus Schnabel und Augen aus. Bei direktem Kontakt stecken sich andere Tiere durch Einatmen oder Aufpicken von virushaltigem Material an. Auch Eier, die von infizierten Tieren gelegt werden, können virushaltig sein. Kranke oder an Geflügelpest verendete Tiere sowie deren Ausscheidungen, insbesondere der Kot, stellen somit Infektionsquellen dar. Die Verbreitung auf andere Bestände erfolgt durch den Tierhandel oder indirekt durch kontaminierte (verunreinigte) Fahrzeuge, Personen, Geräte, Verpackungsmaterial oder Ähnliches.

Bei der Geflügelpest handelt es sich gemäß Artikel 5 Abs. 1 Buchst. a Ziffer iv der Verordnung (EU) 2016/429 in der aktuell gültigen Fassung um eine gelistete Seuche, die gemäß Art. 9 Abs. 1 Buchst. a der Verordnung (EU) 2016/429 i. V. m. der Durchführungsverordnung (EU) 2018/1882 vom 3. Dezember 2018 in der aktuell gültigen Fassung der Kategorie A zugeordnet wird. Unter der Kategorie A sind Seuchen gelistet, die normalerweise nicht in der EU auftreten und für die unmittelbar Tilgungsmaßnahmen ergriffen werden müssen, sobald sie nachgewiesen werden.

Die in der Verordnung (EU) 2016/429 des europäischen Parlaments und des Rates vom 9. März 2016 festgelegten seuchenspezifischen Bestimmungen zur Bekämpfung von Seuchen gelten gemäß Artikel 5 für gelistete Seuchen und gemäß Artikel 8 dieser Verordnung für gelistete Arten.

Die dort festgelegten seuchenspezifischen Bestimmungen sind im Falle des Verdachts auf oder der amtlichen Bestätigung der Geflügelpest bei den in der Durchführungsverordnung (EU) 2018/1882 gelisteten Arten (Aves) anzuwenden.

Nach einem starken Rückgang der Ausbrüche und Fälle in ganz Europa in den Monaten August und September 2023 ist seit November 2023 ein sprunghafter Anstieg zu verzeichnen. Seit November wurde eine beträchtliche Anzahl von Ausbrüchen bei Geflügel in Europa gemeldet.

Allein aus dieser Zeit beläuft sich die Zahl von Geflügelverlusten europaweit auf knapp 4 Millionen.

In vielen Teilen Deutschlands liegen gut geeignete Rast- bzw. Überwinterungsräume für eine große Zahl von Wasservögeln. Im Winter kommt es witterungsbedingt zu einer erhöhten Bewegungsdynamik (auch über größere Entfernungen) und stellenweise zu hohen Rastbeständen.

Zeitgleich begünstigen klein- bis mittelräumige Bewegungen von rastenden Wasservogelarten die Verbreitung des Virus auch über kurze Distanzen in andere Populationen.

Aktuell sind in Deutschland im Dezember 29 Fälle bei Wildvögeln und zwischen dem 01. und 31.12.2023 13 Ausbrüche bei Hausgeflügel aufgetreten.

In seiner aktuellen Risikoeinschätzung vom 12.01.2024 zum Auftreten von HPAI H5 in Deutschland, bewertet das Bundesforschungsinstitut für Tiergesundheit (Friedrich-Loeffler-Institut, FLI) das Risiko einer Ausbreitung von HPAIV H5 bei Wildvögeln sowie einer Übertragung auf Geflügel und gehaltene Vögel in Deutschland als hoch.

Die gewässernahen Gebiete im Landkreis Kassel, insbesondere die Gebiete an den Fuldaauen, stellen ornithologische Risikogebiete dar. Die dortigen örtlichen Gegebenheiten bedingen ein erhebliches Vorkommen von denjenigen Wasservögeln, bei denen das Virus der Geflügelpest (HPAI H5) in Deutschland festgestellt wurde.

Weiter sind im Landkreise Kassel annährend 20 große Legehennenhaltungen und ebenso viele Masthähnchenställe ansässig. Somit ist eine große Geflügeldichte im Kreisgebiet gegeben, was bei der Risikobewertung ebenso Berücksichtigung finden muss.

Zusätzlich zu der Risikoeinschätzung des Friedrich-Loeffler-Instituts wurde am 01.02.2024 im benachbarten Schwalm-Eder-Kreis der Ausbruch der Geflügelpest im Sinne des Artikel 9 Abs. 2 der Verordnung (EU) 2020/689 in einem Geflügelbestand in 34295 Edermünde, OT Grifte amtlich festgestellt. Der Ausbruchsbetrieb liegt in unmittelbarer Nähe zu größeren Geflügelbeständen des Landkreises Kassel.

Das Friedrich-Loeffler-Institut empfiehlt eine risikobasierte Aufstallung von Geflügel, um das Risiko eines direkten und indirekten Kontakts mit infizierten Vögeln und somit das Risiko einer Viruseinschleppung zu minimieren.

Zu Ziffern I. (Aufstallung):

Gemäß Artikel 70 Abs. 1 Buchstabe b und Absatz 2 in Verbindung mit Artikel 55 Absatz 1 Buchstabe d der Verordnung (EU) 2016/429 in Verbindung mit § 13 Abs. 1 und 2 der Geflügelpestverordnung ist eine Aufstallung des Geflügels von der zuständigen Behörde anzuordnen, soweit dies auf Grundlage einer Risikobewertung zur Vermeidung der Einschleppung oder Verschleppung der Geflügelpest erforderlich ist. Das Risiko eines Eintrags des Virus der hochpathogenen aviären Influenza ist in Freilandhaltungen deutlich höher als bei Betrieben mit Stallhaltung.

Nach Durchführung der Risikobewertung gem. § 13 Abs. 2 Geflügelpestverordnung ist aufgrund der Risikoeinschätzung des Friedrich-Loeffler-Instituts, des nachgewiesenen Vorkommens von hochpathogenem aviären Influenzavirus vom Subtyp H5 in der Wildvogelpopulation, des amtlich festgestellten Ausbruchs im angrenzenden Schwalm-Eder-Kreis, der aktuell hohen Wildvogeldichte im Rahmen des Vogelzugs sowie der hohen Geflügeldichte im Kreisgebiet, eine Aufstallung des Geflügels im gesamten Kreisgebiet anzuordnen, um die Einschleppung des Virus der hochpathogenen aviären Influenza in Nutztierbestände zu vermeiden.

Die getroffene Anordnung habe ich in Ausübung des mir hierbei zustehenden Ermessens getroffen, um das Risiko einer Einschleppung der Tierseuche in Hausgeflügelbestände und eine Verbreitung des Virus zu verhindern. Entgegenstehende Interessen von Tierhaltern müssen gegenüber den Interessen an der Bekämpfung der Tierseuche zurückstehen.

Die getroffene Anordnung ist geeignet und erforderlich, um den oben geschilderten Zweck zu erreichen. Durch die Aufstallung des Hausgeflügels wird das Risiko eines direkten und indirekten Kontakts mit infizierten Wildvögeln und eine Verbreitung aus dem Ausbruchsbetriebes im Schwalm-Eder-Kreis minimiert.

Zu Ziffern II. (Verbot des Verbringens zu Veranstaltungen):

Gemäß Artikel 55 Absatz 1 Buchstabe e) i. V. m. Artikel 70 Absatz 1 Bst. b und 2 der VO (EU) 429/2016 kann die zuständige Behörde zur Vorbeugung von Tierseuchen und deren Bekämpfung Verfügungen über Verbote und Beschränkungen des Verbringens von gehaltenen Tieren erlassen.

Mit der Teilnahme von Tieren aus Risikobereichen an Veranstaltungen besteht die Gefahr einer massiven Verbreitung der hochpathogenen aviären Influenza durch das Zusammentreffen von Geflügel und gehaltenen Vögel anderer Arten aus verschiedenen Tierbeständen sowie durch Personen, die möglicherweise in Kontakt mit Infektionsquellen gekommen sind. Bei der Ausübung des mir insoweit zustehenden Ermessens habe ich mich davon leiten lassen, dass wirksame Regelungen zur Verhinderung einer Weiterverschleppung der Tierseuche getroffen werden müssen. Da Geflügel bereits mit dem Virus infiziert sein kann bzw. gemeinsam mit Geflügel gehaltene Vögel anderer Arten das Virus passiv weitertragen können, ist es erforderlich, zu verhindern, dass das Virus über diese Tiere nach einer Teilnahme an Börsen, Märkten oder Veranstaltungen ähnlicher Art weiter verschleppt wird.

Für das im Landkreis Kassel gehaltene Geflügel und die dort gemeinsam mit Geflügel gehaltenen Vögel anderer Arten besteht, wie dargestellt, ein erhöhtes Infektionsrisiko. Das Interesse von Tierhaltern von Vögeln aus dem Landkreis Kassel, mit ihren Tieren an Börsen, Märkten oder Veranstaltungen ähnlicher Art teilzunehmen, muss gegenüber dem Interesse an einer Bekämpfung der Geflügelpest zurücktreten. Die getroffene Maßnahme ist verhältnismäßig sowie erforderlich und geeignet, um den tierseuchenrechtlichen Anforderungen Rechnung zu tragen.

Zu Ziffern III. (Verbot der Durchführung von Veranstaltungen):

Gemäß Artikel 70 Absatz 1 Bst. b trifft die zuständige Behörde alle erforderlichen Maßnahmen entsprechend Artikel 70 Absatz 2 der Verordnung (EU) 429/2016. Gemäß Artikel 71 Absatz 1 der Verordnung (EU) 429/2016 kann die zuständige Behörde zusätzliche notwendige Maßnahmen ergreifen, um die weitere Ausbreitung der Seuche zu verhindern. In Vernehmen mit § 4 Absatz 2 der Verordnung zum Schutz gegen die Verschleppung von Tierseuchen im Viehverkehr (Viehverkehrsverordnung - ViehVerkV) in der Fassung der Bekanntmachung vom 26. Mai 2020 (BGBl. I S. 1170) bzw. in der zurzeit gültigen Fassung kann die zuständige Behörde Veranstaltungen beschränken oder verbieten, soweit dies aus Gründen der Tierseuchenbekämpfung erforderlich ist.

Das gemäß Ziffer III. dieser Verfügung angeordnete Verbot von überregionalen Börsen, Märkten und Veranstaltungen ähnlicher Art im Landkreis Kassel, bei denen die in Ziffer III. genannten Tiere empfänglicher Art verkauft oder zur Schau gestellt werden, ist erforderlich, da durch den bei solchen Veranstaltungen gegebenen engen Kontakt von Vögeln ein bislang nicht abschätzbares Infektionsrisiko besteht und durch einen Verkauf bzw. die Rückkehr der Vögel in ihre Herkunftsbestände eine Verschleppung des Virus in weitere Regionen über potentiell infizierte Vögel möglich ist. Das Risiko, dass das Virus durch Aussteller und Besucher auch in geschlossene Ausstellungshallen eingetragen wird, ist innerhalb der Risikogebiete als besonders hoch anzusehen. Da Geflügel bereits mit dem Virus infiziert sein kann bzw. gemeinsam mit Geflügel gehaltene Vögel anderer Arten das Virus passiv weitertragen können, ist es erforderlich, zu verhindern, dass das Virus über diese Tiere nach einer Teilnahme an Börsen, Märkten oder Veranstaltungen ähnlicher Art weiter verschleppt wird. Insbesondere bei überregionalen Veranstaltungen besteht die Gefahr einer massiven Verbreitung der hochpathogenen aviären Influenza durch das Zusammentreffen von Geflügel und gemeinsam mit Geflügel gehaltenen Vögel anderer Arten aus verschiedenen Tierbeständen sowie durch den Personenverkehr.

Die unter Ziffer III. getroffene Anordnung habe ich in Ausübung des mir hierbei zustehenden Ermessens getroffen, um das Risiko einer Weiterverschleppung der Tierseuche zu verhindern.

Entgegenstehende Interessen von Veranstaltern, Teilnehmern oder Besuchern solcher Veranstaltungen müssen gegenüber den Interessen an der Bekämpfung der Tierseuche zurückstehen. Die getroffene Anordnung ist geeignet und erforderlich, um den oben geschilderten Zweck zu erreichen.

Zu Ziffer V. (sofortigen Vollziehung)

Die Anordnung der sofortigen Vollziehung in dieser Verfügung beruht auf § 80 Abs. 2 Nr. 4 der Verwaltungsgerichtsordnung vom 19. März 1991 (BGBl. I S. 686) in der zurzeit gültigen Fassung und ist im öffentlichen Interesse notwendig.

Bei der Geflügelpest handelt es sich um eine sich schnell ausbreitende Erkrankung, die zu erheblichen Gefahren für das Tierwohl führt und auch zu beträchtlichen wirtschaftlichen Einbußen. Zudem ist zu befürchten, dass der Ausbruch der Geflügelpest zu rigorosen Handelsbeschränkungen führen wird. Die effektive Verhinderung erheblicher tiergesundheitlicher und wirtschaftlicher Schäden ist höher zu bewerten als das entgegenstehende Interesse einzelner, von den Folgen der getroffenen Anordnung verschont zu werden. Im überwiegenden öffentlichen Interesse muss daher sichergestellt werden, dass die getroffenen Anordnungen sofort vollzogen werden können. Angesichts der Möglichkeit, dass aufgrund eines Ausbruchs der Geflügelpest rigorose Handelsbeschränkungen gegenüber der Bundesrepublik Deutschland oder Teilen davon verhängt werden und den damit verbundenen, massiven volkswirtschaftlichen Schäden, insbesondere aber auch wegen der drohenden Gesundheitsgefahren für Tiere, kann sich die Behörde nicht auf die aufschiebende Wirkung etwaiger Rechtsbehelfe und der damit verbundenen zeitlichen Verzögerungen hinsichtlich der Umsetzung der Maßnahmen zur Verhinderung der Einschleppung der Seuche einlassen.

Nur wenn die angeordnete Maßnahme sofort und umfassend greift, kann das Risiko der Übertragung der Tierseuche auf Geflügel begrenzt werden. Persönliche und wirtschaftliche Interessen Einzelner, die der Anordnung der sofortigen Vollziehung entgegenstehen, müssen demgegenüber zurücktreten.

Begründung der sofortigen Vollziehung für die Aufstallung:

Die Aufstallungspflicht ist mit der Anordnung der sofortigen Vollziehung zu versehen, um den Eintrag der Geflügelpest in Geflügelbestände durch Wildvögel zu verhindern. Es besteht ein übergeordnetes Interesse daran, die Einschleppung der Tierseuche in Hausgeflügelbestände zu verhindern und eine Weiterverschleppung aus einem möglicherweise betroffenen, jedoch noch nicht als infiziert erkannten Bestand wirksam zu verhindern. Das überwiegende Interesse der Allgemeinheit an einer effektiven Tierseuchenbekämpfung erfordert, dass die Pflicht zur Aufstallung des Geflügels sofort und umfassend greift und dessen Wirksamkeit nicht durch die Einlegung von Rechtsbehelfen für geraume Zeit gehemmt wird.

Begründung der sofortigen Vollziehung für das Verbot des Verbringens zu Veranstaltungen:

Das Verbot, Vögel aus den Risikogebieten auf Börsen, Märkte oder Veranstaltungen ähnlicher Art zu verbringen ist mit der Anordnung der sofortigen Vollziehung zu versehen, um die Ein- und Weiterverschleppung der Tierseuche von Vögeln, die in den betroffenen Gebieten bereits infiziert worden sein könnten, auf die auf den Börsen, Märkten und Veranstaltungen ähnlicher Art ausgestellten Vögel zu verhindern. Es ist im überwiegenden öffentlichen Interesse, dafür Sorge zu tragen, dass das genannte Verbot sofort greift und dessen Wirksamkeit nicht durch die Einlegung von Rechtsbehelfen für geraume Zeit gehemmt wird. Das private Interesse von Personen, ihre Tiere auf derartige Veranstaltungen zu verbringen, muss gegenüber dem überwiegenden Interesse der Allgemeinheit an einer effektiven Tierseuchenbekämpfung zurückstehen.

Begründung der sofortigen Vollziehung für das Verbot von Veranstaltungen:

Hinsichtlich der Anordnung des Verbots von Börsen, Märkten und Veranstaltungen ähnlicher Art ist die sofortige Vollziehung erforderlich, da ein übergeordnetes Interesse daran besteht, die Ein- und Weiterverschleppung der Tierseuche von Vögeln, die in den betroffenen Gebieten bereits infiziert worden sein könnten, auf die auf den Börsen, Märkten und Veranstaltungen ähnlicher Art ausgestellten Vögel zu verhindern. Durch das Verbot wird die Gefahr der Verschleppung durch Kontakte zwischen den Tieren unterschiedlicher Herkunft und mit Personen, die möglicherweise in Kontakt mit Infektionsquellen gekommen sind, vermieden. Dies wäre nicht möglich, wenn die sofortige Wirksamkeit des Verbots durch die Einlegung von Rechtsbehelfen verhindert würde.

Zu Ziffer V. (Inkrafttreten)

Gemäß § 41 Abs. 4 S. 3 des Hessischen Verwaltungsverfahrensgesetzes (HVwVfG) vom 15. Januar 2010 (GVBl. I 2010, 18) in der aktuell gültigen Fassung gilt der Verwaltungsakt zwei Wochen nach der ortsüblichen Bekanntmachung als bekannt gegeben. Gemäß § 41 Abs. 4 Satz 4 HVwVfG kann als Zeitpunkt der Bekanntgabe der Tag, der auf die Bekanntmachung folgt, festgelegt werden. Da der Verwaltungsakt gemäß § 43 Abs. 1 HVwVfG in dem Zeitpunkt wirksam wird, in dem er bekannt gegeben wird, habe ich zur Verhütung der Weiterverbreitung der Geflügelpest von dieser Möglichkeit Gebrauch gemacht.

Die Zuständigkeit des Landrats des Landkreises Kassel ergibt sich aus § 1 Abs. 1 des Gesetzes zum Vollzug von Aufgaben auf den Gebieten des Veterinärwesens, der Lebensmittelüberwachung und der Ernährungssicherstellung und –vorsorge (VLEVollzG) vom 21. März 2005 (GVBl. I S. 229, 232) in der zurzeit gültigen Fassung, da in der Verordnung zur Bestimmung von Zuständigkeiten im Veterinärwesen und bei der Lebensmittel- und Futtermittelüberwachung vom 08. November 2010 (GVBl I 354, 358) in der zurzeit gültigen Fassung keine abweichende Zuständigkeit begründet wurde.

Hinweis:

Ordnungswidrig im Sinne des § 64 Nr. 14b der Geflügelpest-Verordnung in Verbindung mit § 32 Abs. 2 Nr. 4 Bst. a des Tiergesundheitsgesetzes und im Sinne des § 32 Abs. 2 Nr. 3 des Tiergesundheitsgesetzes handelt, wer vorsätzlich oder fahrlässig dieser Allgemeinverfügung zuwiderhandelt. Die Ordnungswidrigkeit kann mit einer Geldbuße bis zu 30.000 Euro geahndet werden.

Rechtsbehelfsbelehrung:

Gegen diese Allgemeinverfügung kann innerhalb eines Monats nach Bekanntgabe Widerspruch beim Landkreis Kassel, Veterinärwesen und Verbraucherschutz, Liemeckestr. 2, 34466 Wolfhagen eingelegt werden.

Infolge der Anordnung der sofortigen Vollziehung für die Anordnungen hat der eingelegte Widerspruch in diesen Fällen keine aufschiebende Wirkung.

Der Landrat des Landkreises Kassel
Wolfhagen, 12.02.2024
Fachbereich Veterinärwesen und Verbraucherschutz
Im Auftrag
gez.
Dr. Werner
(Veterinäroberrätin)