Vor 80 Jahren endete der Zweite Weltkrieg, das in der Gewaltgeschichte dieser Welt wohl größte Unglück für die Menschheit. Rund 3,5 Prozent aller damals lebenden Menschen auf diesem Globus kamen um. Es bietet sich heutzutage vielleicht die letzte Gelegenheit, gemeinsam mit jenen zu gedenken, die den Mai 1945 noch selbst erlebt haben. Diese Möglichkeit dürfen wir nicht verstreichen lassen. Nach dem verbrecherischen Angriffs- und Vernichtungskrieg Deutschlands lagen 1945 weite Teile Europas in Trümmern. Aus Büchern und Berichten, aber auch aus persönlichen Gesprächen, erreichen uns Erzählungen von Verlust und Angst, aber auch von zaghafter Hoffnung, über denen meist die Unsicherheit über die Zukunft schwebte.
Zunächst im westlichen Teil und ab 1989/90 in einem wiedervereinten Deutschland haben wir das Geschenk der Freiheit erhalten. Seit einigen Jahren erleben wir jedoch wieder eine Zeit vermehrter Unsicherheit. Die Aggression des Diktators Putin stellt uns vor nie da gewesene Herausforderungen, die Nachrichten aus dem Nahen Osten sind weiterhin bedrückend und auch im Verhältnis zu den USA – unserem Verbündeten, der Deutschland nach 1945 so sehr unterstützt hat – erleben wir Spannungen, die wir uns vor einiger Zeit noch nicht hätten vorstellen können. Diese Unsicherheit pflanzt sich fort in unserer Gesellschaft. Wirtschaftliche und gesellschaftliche Probleme erzeugen Frustration und verleiten dazu, nicht nach Lösungen und Kompromissen zu suchen, sondern anderen die Schuld dafür zu geben. Wir beobachten dabei nicht nur die Konflikte außerhalb unseres Landes, nein, auch im Inneren streitet man sich heftiger als früher. Doch wenn sich jeder nur auf sich und seine Interessengruppe beschränkt, dann gewinnen die Feinde der Demokratie. wir alle brauchen einander und wir brauchen ein Miteinander. Freiheit gelingt nur, wenn sie nicht rücksichtslos ist, sondern im Bewusstsein unserer Verantwortung füreinander gelebt wird. Etwas Gutes tun, ohne gleich dafür einen Lohn zu erwarten: Das ist der Klebstoff, der unsere Gesellschaft zusammenhält. Viele Menschen haben diesen Gemeinsinn glücklicherweise noch nicht vergessen. Sie engagieren sich ehrenamtlich in Vereinen und in Bürgerinitiativen, sie dienen in Uniform für das Gemeinwohl, sie helfen karitativ und sind Förderer sozialer, humanitärer oder kultureller Aufgaben.