Angsthasen, Kämpfer und Hausbesetzer - Wie sich Vögel am Futterhaus verhalten
Vogelfütterung ermöglicht Vogelbeobachtung aus nächster Nähe. Bequem vom Fenster aus kann man wildlebende Vogelarten erleben und ihr Verhalten studieren: Welche Arten kommen und wann? Welches Futter wählen sie und wie bearbeiten sie es? Wer streitet mit wem?
Vogelfüttern ist Vogelgucken in der ersten Reihe: Bequem vom Fenster aus der warmen Wohnung kann man wildlebende Vogelarten hautnah erleben und ihr Verhalten studieren: Welche Arten kommen und wann? Welches Futter wählen sie und wie bearbeiten sie es? Wer streitet mit wem? Die Voraussetzungen, Vögel am Futterhaus kennen zu lernen, sind nicht schlecht. In Gärten ist unter optimalen Bedingungen mit zwei bis drei Dutzend Arten zu rechnen.
Häufigster Besucher ist die Kohlmeise. Sie holt sich einzelne Sonnenblumenkerne, trägt sie auf einen Ast, fixiert sie mit dem Fuß und hämmert ein Loch in die Schale, um sie dann abzureißen. Die kleineren, ebenfalls häufigen Blaumeisen schaben mit dem Schnabel einen Spalt in den Kern.
Kohlmeisen-Männchen mit dem breiten schwarzen Streifen auf gelber Brust sind die Chefs und vertreiben rangniedere Meisen. Gleichrangigen drohen sie mit erhobenen Flügeln, gespreiztem Schwanz und geöffnetem Schnabel. Mancherorts kommen die wenig scheuen Sumpfmeisen vor. Flink holen sie einen Kern und tragen ihn weg, um ihn in sicherer Distanz zu bearbeiten.
„Kleine“ Meisenarten haben keine großen Hemmungen, Futter von der Hand aufzunehmen. Im Kurpark oder Stadtgarten sind es oft diese Arten, die man mit „Körperkontakt“ erleben kann. Meisen sind Zweigturner. Während die robusten Kohlmeisen im Geäst Nahrung suchen, hängen sich die zierlicheren Blau- oder Tannenmeisen an die äußeren dünnen Zweigenden. Diese unterschiedliche ökologische Einnischung bei der Nahrungsnutzung kann man auch am Futterhaus sehen, wenn Kohlmeisen am Futtersilo sitzen und die „kleinen“ Meisen am Meisenknödel hängen.
Man rückt sich näher
Der Winter bringt erhebliche Verhaltensänderungen mit sich. Bei vielen Vögeln nimmt die Territorialität ab, man duldet sich und bildet lockere Gruppen, um gemeinsam Nahrung zu finden. Da sich Angebote wie Beeren oder Samenstände rasch erschöpfen, müssen Vogeltrupps mobil sein und streifen ständig umher. Gerne genutzt werden Futterangebote auf Bauernhöfen oder eben am Futterhaus. Auch wenn es Stammgäste gibt, wechseln die meisten Individuen ständig, so dass nur selten die Kohlmeise, die im Frühjahr im Nistkasten gebrütet hat, dieselbe ist, die im Winter am Futterhaus frisst.
Nicht alle Arten trauen sich in Menschennähe. Kohlmeisen und Grünfinken haben kein Problem und sind häufige Besucher. Natürlich bestimmt auch das Angebot, welche Vögel zur Futterstelle kommen, denn viele Arten haben besondere Vorlieben. Für das schneefreie Getreide auf dem Bauernhof interessieren sich Körnerfresser wie Haus- und Feldsperlinge oder Goldammern. Meisen und Schwanzmeisen nutzen Fett sowie fett- und stärkehaltige Samen in Meisenknödeln, Stieglitze und Rotkehlchen Weichfutter wie Haferflocken.
Viele Arten verteidigen ihr Futter. Bekannte „Kämpfer“ sind die Grünlinge. Sie wollen den Futterplatz für sich und tolerieren in Schnabelhackweite kaum einen anderen Vogel und drohen ständig. Allein durch forsches Auftreten oder Körpergröße sind Kohlmeisen, Kleiber und Kernbeißer gegenüber anderen Vogelarten überlegen - wenn sie auftauchen, weichen die anderen zurück.