Der Zweite Weltkrieg hatte am 1. September 1939 mit dem Einmarsch deutscher Truppen in Polen begonnen. Der Krieg endete dann am 8. Mai 1945 mit der bedingungslosen Kapitulation der deutschen Wehrmacht.
Mit dem Einmarsch amerikanischer Truppen zu Ostern 1945 in Vollmarshausen und Lohfelden, endete für die Menschen in unseren drei Ortsteilen dieser Krieg.
Die Geschichtswerkstatt Lohfelden hat in der Dokumentation "Ein letztes Mal im Bunker" (2005), Berichte von Zeitzeugen festgehalten, die dieses Ereignis anschaulich und aus persönlicher Sicht beschreiben und für die Leser nachvollziehbar machen.
Drei Beiträge aus dieser Dokumentation werden in den nächsten Ausgaben des „Blickpunktes Lohfelden“ leicht verändert und gekürzt wiedergegeben. Es schließt sich ein Beitrag zur Nachkriegszeit in unseren Dörfern an.
Heinz Lühning, geboren 1931, wuchs auf dem elterlichen und großelterlichen Hof in Crumbach in der Wälzebachstrasse 7 auf und berichtet von den letzten drei Kriegstagen:
Am Ostermorgen, dem 1. April, war für meinen Jahrgang die Einsegnung vorgesehen. Da aber der Geschützdonner stark zunahm, sagte Pfarrer Reinhold alles ab und wir liefen in unseren Anzügen wieder nach Hause. Nach einer Beruhigung am Nachmittag entschloss man sich nach heftigem Hin und Her, auch auf Wunsch unserer Eltern, auf einen Termin am Abend. Unter Angst und Unruhe wurden wir so schnell wie möglich von unserem Pfarrer eingesegnet, weil jeder nur auf die Geräusche von draußen achtete.
Am nächsten Morgen, es war der zweite Ostertag, waren meine Mutter, Paula und Familie Bernd damit beschäftigt alle wichtigen und notwendigen Sachen in den Bunker zu schaffen, weil jetzt mit dem schlimmsten gerechnet werden musste.
Während feindliche Aufklärer über uns kreisten, fuhren unsere letzten Tigerpanzer durchs Dorf und schossen von der Vollmarshäuser Straße in Richtung Söhre, wo schon die ersten Einheiten des Feindes in Stellung gegangen waren. Am Abend kam dann die Antwort, ganz Lohfelden lag bis in die Nacht hinein unter Feuer der schweren Artillerie. Der Einschlag von zwei Granaten hinter unserem Hof hatte solch einen Luftdruck, dass die Bunkertür unseres Erdbunkers im Garten nach innen gedrückt wurde und uns förmlich an die Wand presste. Es war für uns schlimmer, als ein Angriff auf Kassel. Viele Häuser wurden beschädigt und die Scheunen von Georg Herwig und Andreas Sippel brannten ab.
Am anderen Tag, es war der 3. April, fuhren dann amerikanische Panzer ins Dorf, hinter ihnen folgte die Infanterie, die das Dorf schnell einnahm. Schon am Nachmittag wurden Artilleriegeschütze in Stellung gebracht um Kassel unter Beschuss zu nehmen. Das erste Geschütz stand auf unserer Weide, nur etwa 50 bis 60 Meter vom Haus entfernt. Deshalb mussten wir Bunker und Hof verlassen, und zwar schnell, weil wir vor dem Abschießen weg sein mussten. Unterkunft bekamen wir in der Schmiede bei Freudensteins, wo wir ungefähr eine Woche waren. Nur zum Futtern und zum Melken durfte jemand in die Ställe, wobei dann die Milch und die Eier willkommen waren. In unserer Küche mit dem großen Herd wurde nun für eine Kompanie gekocht, die zum Essen in die Scheune und unter das Vordach kam. Damit immer gekocht werden konnte, trugen zwei schwarze Soldaten das ganze Brennholz aus dem Holzstall in die Küche, die dann sehr voll gestapelt war. Nachdem wir wieder nach Hause konnten, war unsere Küche unbewohnbar. Gott sei Dank war in der Wohnstube die Post untergebracht, und weil die anderen Räume von Offizieren belegt waren, mussten wir froh sein, dass es nicht noch schlimmer war.
(in: Ein letztes Mal im Bunker, Geschichtswerkstatt Lohfelden, 2005, S. 29)