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Stadtgespräch Spangenberg
Ausgabe 1/2024
Vereine und Verbände
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„Frau in Eiche“

„Frau in Eiche“

Auf der Großen Runde trifft man unweit des Wanderpavillons am Herzblumenplatz auf Cornelia Braders Skulptur „Bildhauerin (Frau in Eiche)“ Die ausdrucksstarke Figur, die in wesentlichen Details realistisch gearbeitet ist, dem Holz durch die Werkspuren dabei seinen unverwechselbaren Charakter lässt, zeigt die Künstlerin selbst, die sich in Form eines Selbstbildnisses bildhauerisch wieder erschafft. Die Skulptur steht nur oberflächlich mit den russischen Matrjoschka, aus Holz gefertigten und bemalten, ineinander schachtelbaren Puppen in Verbindung. Vielmehr steht sie in der Tradition der Selbstbildnisse, die nach dem Selbstverständnis der Künstlerin oder des Künstlers fragen. Das sehr bekannte Selbstbildnis Albrecht Dürers im Pelzrock zeigt ihn selbstbewusst in einer hierarchischen Pose, die bis zu diesem Zeitpunkt Königen und Christus vorbehalten war. Für Dürer war dies womöglich eine Darstellung seines Glaubens an die Künstlerpersönlichkeit, die im weltlichen Sinn auch eine Schöpferin oder ein Schöpfer ist – ein vehementes Bekenntnis zur Neuzeit. Cornelia Braders Selbstbildnis ist dem heutigen gebildeten Menschen gemäß fragender, selbstzweifelnder gegenüber dem Prozess des sich immer wieder Neuerschaffens, welcher eine Forderung der reizorientierten Mediengesellschaft zu sein scheint. Die Figur strahlt keineswegs die Forderung aus, sich immer wieder neu zu erfinden. Dem Werk haftet auch ein ruhiges künstlerisches Selbstbewusstsein an, das sich solchen Zwängen entgegenstellt und Zeitlosigkeit ausstrahlt.

Eine weitere Assoziation ist dem Kunstwerk inhärent: Vielleicht symbolisiert die in der Hand der Bildhauerin ruhende Figur auch das Weiterreichen von Wissen und Traditionen, beispielsweise im Handwerk, an die nächste Generation. Heute ergeben sich durch die Landflucht der Jugend sehr häufig Brüche in dieser Vermittlung. Mit einer Renaissance exzellenten Handwerks, das traditionell zum Dorfleben gehört, könnte – als eine Möglichkeit – Neues aus Traditionen geschöpft werden, das aufgrund heutiger medialer Vernetzung auch Chancen auf dem globalen Markt haben könnte.

Cornelia Brader, die in Memmingen in der Nähe des Bodensees lebt und arbeitet, ist die meistvertretene Künstlerin auf den ARS NATURA-Wegen – mit Reiterstandbildern, ihrem Lieblingsgenre, für das sie schon Preise erhielt, siehe Ponykids, und ausdrucksstarken Einzelfiguren. Für die Sichtbarmachung ihrer Gedanken bedient sie sich nicht abstrakter künstlerischer Ausdrucksformen. Sie macht dies mit den Mitteln der Figuration und auf realistische Weise. Die menschliche Figur steht im Mittelpunkt ihres künstlerischen Interesses.

Aus einem Stamm sind ihre Frau Holle in Hessisch Lichtenau, Mann mit Fernglas auf der Runde in Melsungen, die Wasserfrau auf einem der Schmetterlingswege und die Frau in Eiche auf der Großen Runde – alle schlicht in Haltung und Ausstrahlung, farbig gefasst, die Kleidung betonend. Sockel, ob Plinthe oder Podium, ist ihnen jeweils das verbliebene Holz, aus dem sie gearbeitet sind.

Eine genaue Beobachtung von Haltung und Gestus bestimmen Cornelia Braders Werk, Idealisierung liegt dem Menschenbild der Holzbildhauerin fern. Immer sind ihre Skulpturen natürliche plastische Formulierungen, gerade in ihrem natürlichen Duktus sehr ausdrucksstark, in die sich charakterisierende Details einfügen, wie hier die Miniaturfigur in der einen Hand, das Schnitzmesser in der anderen sowie der versonnene Blick.