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Stadtgespräch Spangenberg
Ausgabe 1/2025
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ARS NATURA

Menschenkugel

Menschenkugel Details

Aus der Enge in die Weite

Peter Paul Medzech, Minden, Menschenkugel

Die Menschenkugel besteht aus 250 puristisch stilisierten menschlichen Figuren, die sich an Händen und Füßen berühren und sich so gegenseitig stabilisieren. Als stereometrische Form ist die Kugel sowohl mathematisch als auch ideell Symbol für Vollständigkeit und Ausgewogenheit, da alle Punkte ihrer Oberfläche gleich weit vom Mittelpunkt entfernt und alle Gegensätze in ihr aufgehoben sind. Sie ist die Urform, in der die Möglichkeiten aller anderen Formen enthalten sind. Ihre Dynamik orientiert sich auf ein gemeinsames Zentrum – sie ist das Symbol der Einheit schlechthin. Die Steinblöcke, die die Kugel tragen, waren ursprünglich eins, sie wurden gespalten, um in ihrer Funktion als Postament wieder zusammen geführt zu werden. Der Künstler sagt zudem in Anbetracht des Standortes: "Früher stand eine Linde am Anger. Meine Kugel darf hier nun einen symbolischen Baum darstellen und bildet den Mittelpunkt dieser Gemeinde.“ – Die "Menschenkugel" steht im Herzen der Ortschaft Netra im Ringgau und an einer von alters her wichtigen Ost-West-Verkehrsverbindung. Die Wesensart der Bewohner des Ringgaus sei dem Thüringischen nahe, sagt man, und sie hätten sich bis zur Grenzbildung mehr nach Eisenach als nach Eschwege orientiert. Bis zum 13. Jh. war das Gebiet thüringisch, wechselte dann im hessisch-thüringischen Erbfolgekrieg zwischen Hessen und Thüringen hin und her, bis es dann endgültig im Jahr 1436 zu Hessen kam. Jedoch riss die Verbindung zu Thüringen bis zur Trennung durch den Eisernen Vorhang nicht ab. Ab November 1989 konnten sich die einander verbundenen Nachbarn nach über 40 Jahren endlich wieder besuchen! Die B7 wurde wieder geöffnet. Die Straße, unter der Bezeichnung „Die langen Hessen“ wohlbekannt, war bereits in früheren Jahrhunderten ein bedeutender Handelsweg von Frankfurt nach Leipzig.

Tobias Michael, Lauter im Erzgebirge, Aus der Enge in die Weite

Eine überlebensgroße menschliche Figur, eindrucksvoll auf Wesentliches reduziert, drängt sich aus dem schmalen Spalt zwischen zwei Betonblöcken in die Freiheit. Einerseits symbolisiert das Werk an diesem Standort die Befreiung aus dem repressiven System der DDR, das seine Bürger durch Betonmauern, Stacheldraht und Minen an der Wahrnehmung demokratischer Grundrechte zur umfassenden Entfaltung ihrer Persönlichkeit hinderte und in ihrer Freizügigkeit drastisch beschnitt, andererseits trägt es auch die universelle Botschaft der sich lohnenden gewaltigen Anstrengung, ideologische Einengung zu überwinden und selbsttätig den Weg in die Weite zu gehen. – Seit dem 19. Jahrhundert hatte eine steinerne Brücke über die Werra die beiden Dörfer Herleshausen und Lauchröden verbunden, bis sie in den letzten Kriegstagen 1945 gesprengt wurde. Dann kamen der Kalte Krieg und die Teilung Deutschlands; die Staatsgrenze verlief in der Flussmitte. Bundesbürger strömten in Bussen an die Werra, um mit dem Fernglas auf die Häuser von Lauchröden zu schauen. Den Lauchrödenern war es verboten, sich dem Ufer zu nähern. Besucher aus dem Westen durften überhaupt nicht nach Lauchröden kommen. Da es im 500 Meter breiten, eingezäunten „Schutzstreifen“ an der Grenze lag, brauchten die Bewohner Passierscheine, um ihr Dorf innerhalb der DDR zu verlassen oder wieder zurückzukehren. Eine neue Fußgängerbrücke, die die hessischen und thüringischen Nachbarn wieder verbindet, gibt es seit dem 23. Dezember 1989.

Im Wahlmonat Februar werden die sieben Kunstwerke an der hessisch-thüringischen Grenze nochmals ihre demokratische Ausstrahlung zeigen.