Titel Logo
Stadtgespräch Spangenberg
Ausgabe 11/2024
Vereine und Verbände
Zurück zur vorigen Seite
Zurück zur ersten Seite der aktuellen Ausgabe

ARS NATURA

Renate Ruck, Oldenburg, Ein Ende ist auch immer ein Anfang

Der Titel dieser raum- und lichtdurchlässigen Plastik ist sowohl auf die Urform der Kugel als auch auf die jüngere deutsche Geschichte bezogen. Mit ganz unterschiedlichen Eisenfundstücken entstand die Kugel auf der Grundlage des Prinzips der Bricolage. Handwerklich oder industriell produzierter Metallschrott, zur durchlässigen Kugel künstlerisch geformt, erhält eine universelle Symbolik und an diesem Ort eine spezielle Konnotation. Die Bricolage ist die eher spontane Reorganisation von unmittelbar zur Verfügung stehenden Materialien, Zeichen und Ereignissen zu neuen Strukturen. Die Künstlerin bezeichnet ihre Plastiken als „Metallballaden“, passend zu diesem Standort an der ehemaligen innerdeutschen Grenze.

Das Werk steht dort, wo Kontrollpfad und Todesstreifen die Straße zwischen Witzenhausen-Werleshausen und Bornhagen-Rimbach überquerte. Werleshausen ist ein ehemaliges Eichsfelder Dorf, das im “Wanfrieder Abkommen” Hessen bzw. der amerikanischen Zone zugeschlagen wurde. Eine Nachschublinie der US-Besatzungsmacht auf der Bahnstrecke Bebra–Göttingen führte damals auf einer Länge von vier Kilometern durch die sowjetische Besatzungszone, was sich als schwierig erwies. Durch eine Grenzkorrektur fielen fünf hessische Dörfer mit insgesamt 429 Einwohnern an die russische, zwei Eichsfelder Ortschaften mit 560 Einwohnern an die amerikanische Besatzungszone. Familien, Verwandten- und Freundeskreise wurden getrennt, kulturelle Wurzeln gekappt. Burg Hanstein lag bis 1989 in der Sperrzone.

Prof. Dr. Joachim Reitner, Cornelia Hundertmark, Göttingen, Breaking Walls

„Mauern haben zwei Gesichter – Schutz und Grenzen. Als Grenzen sind sie nicht leicht zu überwinden, nur wenn der Druck zu groß wird, brechen sie – so geschehen am 9.11.1989. Getrenntes muss sich wiederfinden – ein Tisch bietet eine Chance – alles braucht seine Zeit. Gewidmet den Menschen, die den Mut aufbrachten die Grenzen zu überwinden, und denen, die es heute noch tun“ (Prof. Dr. Joachim Reitner). – Unterschiedliche Gesteine in Form von geschnittenen und teilweise polierten Platten symbolisieren die brechenden Mauern. Es handelt sich um sehr harte und resistente Tiefengesteine (Granit, Diorit, Migmatit) unterschiedlicher Provenienz. Flankiert wird die Komposition von Sedimentgesteinen (Kalk- und Sandstein), die jeweils aus den beiden Teilen Deutschlands kommen. Die Eingangsstelen aus Granit und Diorit bilden einen Durchlass mit Blick auf die Tisch- und die zentrale Komposition, ebenfalls zwei Stelen, die aus einem Stück geschnitten und gespiegelt sind. Tisch-Komposition, Seitenplatten und die zentralen Stelen bestehen aus Migmatit-Gestein, ein Gestein sehr großer Tiefen mit deutlichen Fließstrukturen, das während einer Aufschmelzungsphase wieder „eingefroren“ wurde. Die ungleichen Ränder und Bohrlöcher zeigen die Kraft der Öffnung und den Beginn der „Breaking Walls“.“ Die zentrale Tisch-Komposition erinnert auch an die „4+2-Gespräche“ 1990, bei denen die vier Siegermächte des Zweiten Weltkriegs gemeinsam mit den beiden deutschen Staatsregierungen über die Zukunft eines geeinten Deutschlands berieten. – Die Gesteinskomposition steht beim Grenzmuseum Schifflersgrund steht oberhalb von Bad Sooden-Allendorf, in dem insbesondere das Leben in den grenznahen Regionen hinter dem „Eisernen Vorhang“ dokumentiert wird.

Teil 3 der Nachbereitung: Ein Ausflug zu „Kunst an der Grenze“ im Werra-Meißner-Kreis erscheint in der Dezemberausgabe dieser Zeitung.