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Stadtgespräch Spangenberg
Ausgabe 12/2024
Vereine und Verbände
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ARS NATURA

Ferne sucht Nähe

come together

Hans Lamb, Hildesheim,

Ferne sucht Nähe

Die Buchstaben aus Stahl lassen Text, unmittelbare Umgebung und ferne Landschaft zu einer Einheit verschmelzen. Hans Lambs eigener Kommentar: „(Die) Wiedervereinigung ist ein faszinierendes bildhauerisches Thema - spielen hier doch der Lauf der Dinge (unsere Geschichte), symbolträchtige Formen (die Grenze), die Landschaft (Geografie) und zudem solch gleichermaßen komplexe wie abstrakte Kontexte wie Politik, Psychologie und Seele die Hauptrollen in einem Drama mit Happyend. NäheSuchtFerne” oder FerneSuchtNähe” - wie auch immer - ob physikalisches Elementarteilchen oder getrennte Völker - es gibt Kräfte, die zuweilen weitaus stärker sind als wir uns vorstellen und erwarten. Die Sprachraumskulptur FERNE SUCHT NÄHE steht für solche Phänomene der sich bewegenden Pole.“ Die verschachtelte Typografie muss man sich visuell erst erarbeiten. „Ferne sucht Nähe“ drückt die Sehnsucht von gewaltsam getrennten Menschen aus, aber auch die eines ganzen Volkes, der Unnatürlichkeit zweier deutscher Staaten ein Ende zu bereiten. „Nähe sucht Ferne“ erinnert an die Forderungen eingesperrter Menschen nach Reisefreiheit, ein Motor der 89er Bewegung, die ganze Welt kennenlernen zu dürfen. – Man hat von dem Parkplatz zwischen dem hessischen Meinhard-Braunrod und dem thüringischen Kella eine fantastische Sicht in das Eichsfeld. Heute können wir uns einfach an der wunderschönen Landschaft erfreuen, aber wir sollten nicht vergessen, dass früher hier Menschen standen, die nur eine Regung auf der anderen Seite erhaschen wollten, in einem Ort, einer Landschaft, die sie nicht betreten durften.

Ilse Bill, Schongau,

come together

Die sechs Meter lange stilisierte Welle aus Stahl am Werra-Ufer lässt zunächst an Assoziationen zur Bewegung des Flusses denken. Die Werra war der Grenzfluss zwischen den beiden deutschen Staaten; die Grenze lag in der Flussmitte. Grenzsperranlagen der DDR, die verhindern sollten, dass man die Grenze über die Werra verlassen konnte, tief ins Flussbett gerammte Metallzäune, gesprengte Brücken, durch den Kalibergbau eingeleitete Salze, die das Leben im Fluss töteten, gehören zu dieser leidvollen Phase der Geschichte der Werra. Wie die Werra zum Bollwerk gegen Massenflucht ausgebaut wurde, so wurden Stacheldraht und Beton zu Symbolen der gewaltsamen Trennung von Ost- und Westdeutschland allgemein. 1989 entstand eine enorme Welle, die von Teilen der DDR-Bevölkerung ausging und zur friedlichen Revolution, zu Mauerfall und Aufhebung der Trennung führte. Diese Welle war so dynamisch und stark, dass sie selbst armierten Beton durchdrang und erst dann verebbte, als die hohen mit Stacheldraht und Elektrozaun bewehrten Betonmauern gefallen waren.

Als Umladestation der Werra-Weser-Schifffahrt war Wanfried vom 17. bis zum 19. Jahrhundert ein bedeutender Handelsplatz. Güter aus den Küstenstädten wurden im Zollhaus "Auf der Schlagd" gelöscht und auf dem Landweg weiter nach Thüringen oder nach Bayern transportiert. Als sich der Gütertransport im 19. Jh. zunehmend auf die Schiene verlagerte, ging die Bedeutung dieses Wasserwegs mehr und mehr zurück. Nach dem Zweiten Weltkrieg musste die Schifffahrt auf der Werra von der Wanfrieder Schlagd nach Thüringen ganz eingestellt werden.

Teil 4, Abschluss der Nachbereitung: Ein Ausflug zu „Kunst an der Grenze“ im Werra-Meißner-Kreis erscheint in der Januarausgabe 2025 in dieser Zeitung.