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Stadtgespräch Spangenberg
Ausgabe 3/2025
Vereine und Verbände
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ARS NATURA

Ronja-Julie Mispagel, Studentin an der Hochschule für Angewandte Wissenschaft und Kunst in Hildesheim, setzt sich in ihrem Kunstwerk „Augenblick“ sehr kritisch damit auseinander, was „Frieden“ auch bedeuten kann: Die Täuschung des Anderen, der hoffnungsvoll einen Blick durch das Fenster zum Frieden wagt und dabei Gefahr läuft, ins Auge bzw. den Kopf geschossen zu werden.

Niklas Reichert, ebenfalls Student in Hildesheim, schuf die „Friedensmaske“. „…Ein doppelseitiges Gesicht. Eines einer schönen Frau, maskenhaft. Das auf der anderen Seite die wahre Gestalt, ein strenges, leidvolles Gesicht… Der zu schweigen befehlende Finger auf den Lippen…“ – ein Sinnbild des Scheinfriedens.

Jana Friedrichs, auch Studentin in Hildesheim, nennt ihr Werk „Wachsen“. „Europa ist etwas Lebendiges, etwas Wachsendes. Durch Kriege wurde (wird) es zerrissen. … Das organische Holz bildet einen Kontrast zu dem leblosen, dennoch energetisch wirkenden Metall. Optisch wirkt die Skulptur durch die Kraft, welche auf den zerrissenen Mittelteil einwirkt.“

„Frieden in Europa?“ – die Idee für das Projekt entstand 2015, 70 Jahre nach dem II. Weltkrieg, eine Zusammenarbeit mit Anna Bulanda-Pantalacci, Professorin für künstlerische Gestaltung und Kultur-Beauftragte der Trierer Hochschule. Ziel dieses grenzüberschreitenden Dialogs war es Studierende und Lehrende europäischer Nationalitäten auf dem ARS NATURA-Kunstwanderweg zusammenzuführen. Bereits in den beteiligten Hochschulen – Kunstakademie Krakau, Hochschule Trier, Hochschule für Angewandte Wissenschaft und Kunst Hildesheim – reflektierten Studierende in ihren Seminaren vor Beginn ihrer künstlerischen Arbeit zu diesem Projekt Europas Geschichte seit 1945. Die Arbeiten der Teilstrecke Südeichsfeld-Heyerode wurden von Studierenden der Hochschule für Angewandte Wissenschaft und Kunst Hildesheim (HAWK) unter Leitung von Prof. Hans Lamb hergestellt. Auch eine engagierte Schülerin aus Südeichsfeld-Wendehausen wollte einen Beitrag zur Thematik leisten. Die studentischen Werke wurden von der SV Kulturförderung (Kunst- und Kulturförderung der Sparkassenversicherung Nord) finanziert.

  • In der „Stunde Null“ waren die Überlebenden des II. Weltkriegs von einem Wunsch erfüllt: „Nie wieder Krieg!“ Heute wissen wir: Der Wunsch ist ein Traum geblieben. Jahrzehntelang war der europäische Kontinent Schauplatz eines Kalten Krieges. Als die Spaltung Europas Anfang der 90er Jahre überwunden und der Kalte Krieg beendet war, schien es für kurze Zeit, als ob wirklich Frieden einkehren würde. Die von Staats- und Regierungschefs verabschiedete Charta von Paris formulierte Verpflichtungen für ein „neues Europa“: Demokratie, Menschenrechte, wirtschaftliche und sicherheitspolitische Zusammenarbeit sollten ein neues friedliches Zeitalter in Europa kennzeichnen.

  • Doch die Wirklichkeit sieht anders aus. Der Krieg ist nach Europa zurückgekehrt. Die Balkankriege waren eine Serie von Kriegen auf dem Gebiet des ehemaligen Jugoslawien, die von 1991 bis 2001 geführt wurden und mit dem Zerfall des Staates verbunden waren. Der Kaukasuskrieg im August 2008 wurde auf dem Staatsgebiet von Georgien ausgetragen. Nur fünf Tage dauerte dieser Krieg zwischen Russland und Georgien, doch bis heute ist der Konflikt ungelöst. Im März 2014 besetzte Russland völkerrechtswidrig die ukrainische Halbinsel Krim, seitdem schwelte der Russisch-Ukrainische Krieg, der 2022 in den brutalen russischen Überfall Russlands auf die Ukraine mündete. Durch diesen anhaltenden Terror Putin-Russlands, der inzwischen auch den hybriden Krieg gegen Europa beinhaltet, werden die demokratischen Grundwerte, Völker- und Menschenrecht bedroht. Der neue US-amerikanische Präsident Trump verschärft mit seinen autokratischen Machenschaften, der haltlosen Verunglimpfung des ukrainischen Präsidenten als Diktator (der Trump gern wäre) und offen übergriffiger Führung von vorbereitenden „Friedensgesprächen“ mit Russland die Lage. Offensichtlich ist eine russisch-amerikanische Aufteilung der im ukrainischen Boden lagernden Seltenen Erden und anderer Bodenschätze über Regierung und Volk der Ukraine hinweg geplant.

Die politisch und ökonomisch motivierten Konflikte zeigen die Fragilität von Frieden und die Notwendigkeit von tolerantem, menschenwürdigem Umgang miteinander als Gegengewicht. Neben der Abwehr zerstörerischer Kräfte sind Begegnung, Austausch, einander kennen- und schätzen zu lernen, wesentliche Voraussetzungen, um dauerhaft Frieden zu schaffen. Momentan sind wir aufgrund zweier Aggressoren, die uns in den Imperialismus des 19. Jahrhunderts zurückkatapultieren wollen, weit von haltbarem Frieden in Europa entfernt.