Wild-Vögelein
Lin wanderte eines Tages mit ihrer Mutter auf dem ARS NATURA-Weg und war begeistert. Sie schrieb eine sehr gute Abschlussarbeit in der Waldorfschule über den Kunstwanderweg und hatte sich vorgenommen ein eigenes Werk beizusteuern. Als die Strecke nach Südeichsfeld-Heyerode eingerichtet wurde, fertigte sie gemeinsam mit ihrem Großvater die Holzfigur „Wild-Vögelein“ und installierte sie in einem Baum. Inspiriert wurde Lin durch das ursprünglich siebenbürgische Kinder-, Volks- und Freiheitslied „Wild-Vögelein“. Die Wurzeln des Liedes reichen zurück bis ins 16. Jahrhundert, die Jugendbewegung machte es um 1900 populär. In den 1970ern erlebte es sein Comeback in beiden deutschen Folkszenen. Als Appell zur Aufrichtigkeit und zum Widerstand gegen das Sich-Verbiegen-Lassen ist es zeitlos gültig. Und nach wie vor beliebt.
Es saß ein klein' wild' Vögelein auf einem grünen Ästchen.
Es sang die ganze Winternacht, sein Stimm tät laut erklingen.
"O sing mir noch, o sing mir noch, du kleines wildes Vögelein!
Ich will um deine Federchen dir Gold und Seide winden."
"Behalt dein Gold, behalt dein Seid, ich will dir nimmer singen;
ich bin ein klein wild Vögelein, und niemand kann mich zwingen."
"Geh du herauf aus diesem Tal, der Reif wird dich auch drücken."
"Drückt mich der Reif, der Reif so kalt, Frau Sonn wird mich erquicken."
In der Ukraine geschieht eine ungeheure Kultur- und Naturzerstörung durch die Aggression Russlands. Regelmäßig droht Putin uns mit der Atombombe.
Das folgende Gedicht empfehlen wir jedem Menschen auf unserer Erde zum Nachdenken und Handeln:
Freies Geleit
Mit schlaftrunkenen Vögeln
und winddurchschossenen Bäumen
steht der Tag auf, und das Meer
leert einen schäumenden Becher auf ihn.
Die Flüsse wallen ans große Wasser,
und das Land legt Liebesversprechen
der reinen Luft in den Mund
mit frischen Blumen.
Die Erde will keinen Rauchpilz tragen,
kein Geschöpf ausspeien vorm Himmel,
mit Regen und Zornesblitzen abschaffen
die unerhörten Stimmen des Verderbens.
Mit uns will sie die bunten Brüder
und grauen Schwestern erwachen sehn,
den König Fisch, die Hoheit Nachtigall
und den Feuerfürsten Salamander.
Für uns pflanzt sie Korallen ins Meer.
Wäldern befiehlt sie, Ruhe zu halten,
dem Marmor, die schöne Ader zu schwellen,
noch einmal dem Tau, über die Asche zu gehn.
Die Erde will ein freies Geleit ins All
jeden Tag aus der Nacht haben,
daß noch tausend und ein Morgen wird
von der alten Schönheit jungen Gnaden.
Ingeborg Bachmann, 1957