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Stadtgespräch Spangenberg
Ausgabe 6/2024
Vereine und Verbände
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Rundweg Schnellrode – „Mensch – Tier – Umwelt“ – Das Kunstwerk „Wild“

"Wild" die Wolfsfrau

Der ARS NATURA-Rundweg Schnellrode setzt sich aus mehreren Werken auf dem X8 und sechs neuen, seit 2019 bestehenden, zusammen, davon befinden sich fünf am R 12 im schönen Essetal und eines hinter der Gabelung im Wald, den Zubringerweg zum X8 nach Spangenberg weisend. Wie die Werke an X8 und X3 in der Gemarkung Spangenberg stehen auch diese künstlerischen Arbeiten unter dem Motto „Mensch – Tier – Umwelt“, denn wesentliche Charakteristika der Spangenberger Landschaft sind dicht bewaldete Höhenzüge und weite Felder. Die Ritter von Treffurt legten an der wichtigen Handelsstraße durch die langen Hessen im 13. Jahrhundert die Feste Spangenberg an. Im 14. Jahrhundert erwarben die Landgrafen von Hessen Burg, Stadt und Amt und erweiterten die Burg aufgrund des Wildreichtums zum Jagdschloss. – Die Geschichte der Menschen lässt sich nicht von der Geschichte der Landschaft trennen. Auch das Verhältnis des Menschen zum Tier ist von elementaren Verbindungen geprägt. Innerhalb des elementaren Spannungsfeldes Mensch – Tier – Umwelt zeigen sich durch das Dominanzdenken des Menschen schon lange Probleme, heute brisanter denn je. Massentierhaltung, Genmanipulation, Niedergang des Regenwaldes, Artenverlust, Süßwasser- und Meeresverschmutzung, Verschmutzung der Atmosphäre, Treibhauseffekt, Klimawandel sind heute globale Herausforderungen. Hier in unserer Region ist nicht mehr von Wildreichtum zu sprechen, da rein ökonomisch orientierte Forstwirtschaft das Wild weitgehend eliminiert. Der Begriff der Hege, die das Ziel der Erhaltung eines den landschaftlichen und kulturellen Verhältnissen angepassten artenreichen und gesunden Wildbestands sowie die Pflege und Sicherung seiner Lebensgrundlagen hat, ist in den Hintergrund geraten.

Daniela Schönemann aus Halle hat das Werk „Wild“ geschaffen; es handelt sich um das Kunstwerk, das im Wald am Zubringer zum X8, der nach Spangenberg führt, steht. Die Künstlerin kommentiert ihre Arbeit am Sujet „Wild“ so: „In meiner künstlerischen Arbeit beschäftige ich mich seriell mit dem Thema Wild. Wild ist ein Sammelbegriff, unter dem ich Fragen zu Natur und Naturverständnis, aber auch zu unserem menschlichen Verhältnis zur Natur und unserem unausweichlichen Ausgeliefertsein an die Natur bearbeite. Mein Zugang ist emotional: anstatt Fragestellungen zu beantworten, schaffe ich erzählerische Bilder, die meine Fragen aufgreifen.“ Daniela Schönemann, die an der renommierten Kunsthochschule in Halle „Burg Giebichenstein“ studiert hat, hat zahlreiche, meist kleinformatige, Skulpturen zu dem gedanklichen Schwerpunkt „Wild“ angefertigt. Die Figur im Schnellröder Wald ist leicht unterlebensgroß.

Zu einer ihrer Ausstellungen in der Kunsthandlung Huber &Treff in Jena „(es wird) Wilder“ findet sich der sinnreiche Begleittext: „Der amerikanische Schriftsteller Henry David Thoreau schreibt 1862 in seinem letzten Essay Walking: „Leben ist Wildheit. Am lebendigsten ist der Wildeste.“ Wildnis ist der notwendige Gegenpol zur ordnenden Kultur. Die Wildnis ist zugleich Sehnsuchts- und Schreckensort des Zivilisierten. In der Wildnis hofft der Mensch sich selbst und Inspiration für sein Tun zu finden.“

Häufig vergessen wir, dass wir Menschen der Natur entstammen und noch wesentliche Anteile von Tieren haben. Die Unterschiede sind gar nicht so groß – auch im Tierreich gibt es soziales Verhalten, bleiben Paare einander verbunden, wird um Artgenossen getrauert, werden Territorialkämpfe geführt. Volker Sommer, Professor für evolutionäre Anthropologie in London und Primatologe, sagt: „Für mich gibt es zwischen Mensch und Tier keine feste Grenze, weil in der Evolution alles fließend ist“. Doch hat der Mensch gelernt, dass Rituale verbindende Kraft haben, die Gemeinschaft von ethischen und moralischen Prinzipien profitiert. Deren eigentlicher Sinn muss folgerichtig sein, Umwelt, Tier und Mensch wieder mehr in Einklang zu bringen. Wildnis ist unsere erste Natur und bleibt tief in unserem Inneren Sehnsuchtsort. Die Figur der Wolfsfrau fühlt sich nicht ausgeliefert, sondern ganz geborgen in ihrer Umhüllung, das Tier wirkt lebendig.