Einzug der Amerikaner in Eiterhagen, 1. April 1945
A.Gibhardt (eine frühere Evakuierte aus Kassel)
Nachmittags kamen deutsche Soldaten mit Pferden und verlangten Einquartierung. Bereitwilligst wurden ihnen die Scheunen zur Verfügung gestellt, auch die Scheune uns gegenüber. Die Soldaten holten nun das Wasser für die Pferde bei uns. Es lag eine Beängstigung auf allen Gemütern; jeder rechnete mit dem, was dann auch kam.
Am Abend 6 Uhr fiel der erste Schuss in unser Dörfchen. In unser Haus fielen 52 Schüsse, Gott sei Dank ohne zu zünden. Gott hat uns bewahrt, dass niemand von uns zu Tode gekommen ist. Der Schrank durchschossen, die Betten, die Treppe, die Möbel. Wir waren in den Keller geflüchtet mit den Kindern. Der Herrgott hatte seine Hand über uns gehalten.
Vor dem Haus lag ein deutscher Soldat zu Tode getroffen und ein 12jähriger Junge (Richard Fette) aus Kassel-Unterneustadt, welcher evakuiert war. Drei Häuser standen im Nu in Flammen, wurden aber bald durch die Gemeinschaftshilfe im Dorf wieder aufgebaut.
Nun waren die Soldaten im Dorf, welche verteidigen wollten und sollten. In der Nacht rangen Frauen und Männer unseres Dorfes mit dem Befehlshaber, baten um Abzug, damit doch das Dorf erhalten bleibe und nicht ein solch Blutbad angerichtet würde, zumal sich so viele evakuierte Frauen und Kinder hier befanden. Doch der Oberst wollte sich nicht erweichen lassen.
Nun spannten die Bauern ihre Pferde und Wagen an, um Hab und Gut in den Wald zu fahren, um Schutz daselbst zu haben. Auch meine Tochter mit ihren 4 kleinen Kindern zog in den Wald.
Es kamen nun furchtbare Stunden, und weil deutsche Soldaten zum Teil auch in den Wald geflüchtet waren, kamen Tiefflieger, für uns war das sehr gefährlich.
Endlich kam der Befehl zum Abrücken für die deutschen Soldaten. Gegen Morgen hissten wir die weiße Fahne an der Brücke, ich hatte mein letztes Tischtuch gegeben, zum Zeichen des Friedens. Herr Schlade, ein Ortseinwohner, ging dem Feind mit einem weißen Tuch entgegen, und so zogen die Amerikaner am Morgen bei uns ein. Ein unheimliches Gefühl, plötzlich die Schwarzen vor sich zu sehen...