E. Haldorn lks. AEG Werkzeugbau 1954
AEG Lehrwerkstatt Dreherei 1973
Heinz Bokelman mit Söhnen Erhard und Bernd 1940
Von Erich Haldorn / Schlussbericht
Fritz und Christian Krause waren Allround-Schlosser, die Bokelmann für alles Mögliche einsetzen konnte. Bokelmann kaufte einen alten Pkw der Marke DKW. Hier wurde die hintere Sitzbank entfernt und Fritz und Christian bauten eine kleine offene Ladefläche auf das Auto. Mit diesem Auto wurde Fritz dann auch ins Krankenhaus gefahren. Wie schon gesagt, Fritz wollte nicht nach Ostdeutschland zurück, wo seine Familie lebte. In Benterode hatte er ein gemeinsames Zimmer mit einem anderen ehemaligen Soldaten, der auch aus der Gefangenschaft kam und nicht zurück in den Osten wollte. In Laufe der Zeit hatte Fritz eine Freundin in Hann. Münden. Von dort kam er öfters morgens zur Arbeit. Nach einigen Monaten kam seine Ehefrau mit dem Sohn aus der DDR. Da wir ein gutes Verhältnis mit Fritz hatten, fragte er uns: „Was mache ich nun?“ Wir alle waren gleicher Meinung und empfahlen ihm: „Fritz, lass die Freundin in Hann. Münden sausen und gehe zu deiner Familie." Fritz war ein sehr geselliger Mensch. Er war Laienspieler in der Theatergruppe in Landwehrhagen. Er hatte auch eine Haarschneidemaschine und bei ihm zu Hause wurden die Haare für uns günstiger geschnitten. Fritz ging später zum Dianawerk nach Kassel und war dort Bohrwerksdreher und Betriebsratsmitglied.
Für eine Ami Zigarette ein Tageslohn habe ich 1947 auf dem Schwarzmarkt in Hann.Münden gezahlt. Die Zigarette Shiesterfield kostete 8,00 Mark. Trotz Handel ging der Verkäufer nicht von den 8.00 Mark runter. Die Zigarette halb geraucht, ausgedrückt und nach einer halben Stunde den Rest geraucht. Am anderen Tag dachte ich, Mensch Erich was haste Du gemacht, du musst einen Tag zur Arbeit nach Landwehrhagen und hast einen Stundenlohn von 85,00 Pfennig das machst du nie wieder. Und so habe nie wieder für 8,00 Mark eine Zigarette gekauft, lieber selbst gezogenen Tabak in der Pfeife.
Die Straßenwärter an den Landstraßen kamen oft zur Firma Bokelmann, um sich die Hacken und Werkzeuge bei uns schärfen zu lassen. Herr Bokelmann hat nie eine Bezahlung dafür gefordert. Im November 1948 kam der Straßenwärter Kühne aus Landwehrhagen zu mir und sagte: „Du sollst mal zu Herrn Hunold nach Uschlag kommen. Der ist jetzt bei der AEG in Kassel beschäftigt.“ Ich fuhr mit dem Fahrrad nach Feierabend nach Uschlag zu Herrn Hunold. Wir kannten uns aus meiner Lehrzeit 1941 bei den Junkers Flugzeug- und Motorenwerken, wo er Meister war.
Hunold sagte: „Erich, ich bin Meister bei der AEG in Kassel und Du kannst bei mir anfangen.“ Da der Weg nach
Landwehrhagen mit dem Fahrrad mir ohnehin nicht mehr gefiel und ich der Meinung war, in einem Großbetrieb kann man mehr verdienen und mit dem Omnibus zur Arbeit fahren. So hatte ich mich entschieden, bei Bokelmann zu kündigen. Ich schrieb eine Bewerbung zur AEG und musste mich an einem Nachmittag vorstellen. Willi Kater hatte schon einige Monate vorher bei Bokelmann gekündigt zwecks Weiterbildung in Braunschweig.
Ich sagte zu Bokelmann: „Herr Bokelmann ich bekomme einen neuen Anzug in Kassel und ich muss heute Nachmittag zum Anprobieren.“ Bokelmann sagte: „Das geht nicht, der Wichert hat auch heute Nachmittag einen Termin in Kassel.“ Nach langer Diskussion bekam ich frei. Mit dem Fahrrad fuhr ich nach Kassel in die Lilienthalstraße zur AEG. In einem Vorzimmer musste ich auf das Einstellungsgespräch warten. Dann geht die Tür auf und Herr Wichert kommt rein. Wichert wurde verlegen, als er mich sitzen sah, kam zu mir und sagte: „Wenn es bei mir nicht klappt mit der Einstellung, sagen Sie morgen nichts zu Herrn Bokelmann.“ Ich wurde aufgerufen.: Herr Hersfeld war Betriebsleiter und fragte unter anderem: „Woher wussten Sie denn, das wir Dreher einstellen?
ich erwiderte: „Von Herrn Hunold.“ „Gut", sagte er, „Sie können nach ihrer Freistellung bei der alten Firma bei der AEG anfangen.“
Somit hätte ich nach 2-3 Wochen bei der AEG meine Tätigkeit aufnehmen können. Herr Wichert kam am anderen Tag zu mir und sagte: „Ich kann als Konstrukteur im Werkzeugbau bei der AEG anfangen.“ Ich schrieb eine Kündigung und gab sie nach einigen Tagen Herrn Bokelmann. Er sagte: „Herr Haldorn, das geht nicht, ich habe keinen Ersatz für Sie.“ Dann kam noch Meister Stoll hinzu und versuchte mich zu beeinflussen. Ich möge die Kündigung zurück nehmen.. Herr Stoll selbst war einige Jahre später auch bei der AEG in der Arbeitsvorbereitung. Ich wollte unbedingt zur AEG und ließ mich nicht beeinflussen. Ich versuchte oft in einem Gespräch mit Herrn Bokelmann, dass er meine Papiere fertigmachen möge. Obwohl ich einen Stundenlohn von 1,14 DM erhielt und bei der AEG nur 95 Pfennige Anfangsgehalt bekam. Ein Weihnachtsgeschenk, welches mir Herr Bokelmann 1948 anbot, mit Geräten von Stiebel Eltron wie Bügeleisen und Tauchsieder, wollte ich nicht annehmen. Herr Bokelmann bestand darauf, dass ich sie annehme. Am 5. Januar 1949 sagte Herr Bokelmann mir, er habe einen Dreher vom Arbeitsamt zugewiesen bekommen. „Sie können jetzt gehen.“ Am 9. Januar 1949 habe ich meine Arbeit bei der AEG aufgenommen und war 35 Jahre dort beschäftigt. Bis 1955 war ich im Werkzeugbau und dann 28 Jahre nach der Meisterprüfung als Ausbildungsmeister bis zur Rente bei der AEG angestellt.
Die Firma Heinz Bokelmann hatte 1949/50 eine alte Scheune von Bauer Altenhof in Landwehrhagen gemietet und zu einer wesentlich größeren und moderneren Werkstatt ausgebaut. Ende der Fünfzigerjahre hat Heinz Bokelmann in Hann. Münden im „Gimter Feld“ große Fertigungshallen errichtet. Friedhelm Zuschlag sagte mir später: „Komm doch mal zu uns nach Hann. Münden.“ „Herr Bokelmann hat gefragt, was macht denn der Haldorn?" „Bokelmann würde sich freuen. 1961 habe ich den Betrieb besucht. Wie mir Walter Ullrich aus Fuldatal und Jürgen Horn aus Lutterberg, die als Ingenieure in den Siebzigerjahre bei der Firma Bokelmann angestellt waren, berichteten, wurden damals über 75 Mitarbeiter beschäftigt. Produziert wurden Umform- und Schweißteile überwiegend für die Automobilbranche.
1962 verstarb plötzlich Heinz Bokelmann an einem Herzleiden.
Der Sohn Erhard übernahm den Betrieb. 1986 wurde der Betrieb an die Firma „Weser Metall Umformtechnik“ verkauft. Erhard Bokelmann verstarb 2023.
Wenn man bedenkt, dass 1945 im Bokelmannschen Betrieb 5 Mitarbeiter in einem alten Pferdestall in Landwehrhagen tätig waren und nun in Hann. Münden in großen modernen Hallen nach etwa 40 Jahren über 75 Mitarbeiter beschäftigen waren, muss man mit Respekt und.Hochatmung den Unternehmergeist von Heinz Bokelmann bewundern. In den Vierzigerjahren im v. J., wenn Bokelmann gute Laune hatte, schwärmte er schon von einer größeren Fabrik mit großem Schornstein und mit einer Pfeife darauf. Ein Schornstein wie in Kassel bei der Spinnfaser, der Pausenbeginn und Ende bekannt gab. Die Landwehrhäger würden dann sagen, das ist die Fabrik vom alten Bokelmann
Foto Nachweis: Erich Haldorn, Frau Bokelmann, Postkarte, Internet.
Danke für Korrektur an, Robert Priemer, Jürgen Horn, Walter Ullrich