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Heimatzeitung der Gemeinde Staufenberg
Ausgabe 37/2025
Heimatpflege
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Heimatpflege

Chr. Gollong, rechts, in der Operette "Die Fledermaus"

Christian Gollong in der Operette "Der Vogelhändler"

Chr. Gollong in einem Schauspiel

Chr. Gollong in Doppelrolle in Schnitzlers "Die Freier"

Chr. Gollong in der Operette "Saison in Salzburg"

Chr.Gollong in einer Operette

Familie Gollong im Wohnzimmer im Ruhestand, 1975

Familie Gollong beim Setzen von Bohnenstangen, 1970

Von Erich Haldorn
Teil 4 und Schluss

In seiner Berliner Zeit hat Christian Gollong in zwei Filmen bei der UFA und Zweien bei der TERRA Filmgesellschaft mitgewirkt. Ein besonderer Film war "Kitty und die Weltkonferenz", welcher am 25. August 1939 in Stuttgart uraufgeführt wurde. Es war die erste Regiearbeit von Helmut Käutner (1908 – 1980), mit Hannelore Schroth und Christian Gollong in der Hauptrolle. In weiteren Rollen Paul Hörbiger und Fritz Odemer. Der Film wurde wenig später wegen seiner positiven Darstellung britischer Minister von den Nazis verboten. In den siebziger Jahren wurde der Film mit anderen Schauspielern wieder neu verfilmt. Nach Kriegsende 1945 war Christian Gollong in Hamburg, München und 1946 für einige Monate am Mündener Stadttheater engagiert. 1949 fand er wieder eine Anstellung am Staatstheater in Kassel. Hier war er bis zur Pensionierung 1967 laut Vertrag "für Kunstgattung, Operette und Schauspiel“ und für „Kunstfach als Charakterkomiker“ angestellt. So der Inhalt des Dienstvertrages mit dem Land Hessen. Nach der Pensionierung war er noch eine kurze Zeit in der Kasseler Komödie tätig. Die Schauspielzeit beim Kasseler Staatstheater war, wie an anderen Bühnen, geprägt von hohem fachlichen Können.

In seiner Wortwahl bei allen Vorführungen brachte er sehr oft, wenn Nienhäger Bürger im Publikum saßen, seine Verbundenheit zum Dorf Nienhagen zum Ausdruck.

Die ehemalige Souffleuse am Kasseler Theater, Frau Saalfeld, berichtete mir, „bei der Aufführung der Operette Die Fledermaus 1954 in Kassel, erwähnte Golly das Wort "Dokumenta". Das Publikum zollte mit großem Applaus. 1955 war die erste Dokumenta in Kassel und bei der Bevölkerung nicht beliebt.

Am anderen Tag sagte er das Wort Dokumenta nicht, Frau Saalfeld fragte ihn, „warum haste denn das Wort Dokumenta nicht genannt“? Er sagte, "meinste das Scheißwort fiel mir ein". Als Gollong im Wuppertal am Theater tätig war, war Frau Saalfeld ebenfalls als Souffleuse dort beschäftigt. Gollong war jung und ein sehr schöner Mensch. Als er in einer Operette sang "deine Liebe, meine Liebe" war sie fasziniert und hingerissen und hätte ihn am liebsten geheiratet. Als sie ihm dieses in Kassel sagte, erwiderte er mit Lächeln "warum haste mir das nicht gesagt, ich hätte dich doch geheiratet". Gollongs hatten immer bis ins hohe Alter einen Dackel. Wenn er verstarb, wurde der Dackel vor dem Haus auf der Wiesenfläche beerdigt und der Grabhügel mit Blumen bepflanzt. Bereits vor dem Krieg, 1939 – 1945, und später hatte man eine sehr gute Freundschaft mit der Familie Oskar Müller in Landwehrhagen.

Oskar Müller war Revierförster in Landwehrhagen und hatte, bedingt durch die Jägerei, eine Dackelzucht. Hier wurden die Hunde gekauft und Oskar Müller berichtete bei einer Bierlaune folgenden Vorgang: Golly und er wollten frühmorgens auf die Pirsch; man ging abends in das Jagdhaus der Landwehrhäger Genossenschaft, an der Straße von Nienhagen nach Hann. Münden. Es wurde gezecht und man war guter Dinge. Morgens in der Frühe wollten sie auf Pirsch gehen. Gollong hat nie ein Gewehr besessen und war kein Jäger. Als sie morgens die Jagdhütte verließen, war es über Nacht kalt geworden.

Gollong hatte keine Kopfbedeckung auf und Müller sagte, "ich hol dir etwas aus der Hütte für den Kopf". Müller fand eine Kaffeemütze, die man über die Kaffeekanne setzte damit der Kaffee warm blieb. Die Kaffeemütze war aus buntem Garn gefertigt. Oskar Müller zog Golly die Mütze über den Kopf und sie gingen in den Wald. Hier waren Landwehrhäger Waldarbeiter schon bei der Arbeit.

Schauspieler Gollong sagte: "jetzt machen wir einen Spaß". Er zog die Mütze tief ins Gesicht und hielt wie ein Gefangener die Hände hoch. Oskar Müller hatte das Gewehr im Anschlag. Die Waldarbeiter fragten, "Herr Förster, was machen sie denn da?" Müller sagte "ich habe einen russischen Gefangenen festgenommen und werde ihn ins Jagdhaus sperren und die Polizei benachrichtigen“.

Dieses wurde dann in Landwehrhagen schnell zum Tagesgespräch. Für solche Späße war Gollong stets bereit.

1947 haben wir den Posaunenchor Nienhagen wieder ins Leben gerufen. Die Kirchengemeinde hatte kein Geld, um unsere Hörner fachmännisch überholen zu lassen. Wir wollten uns durch Theaterspielen hierfür Geld beschaffen. Wir baten Christian Gollong, uns hierbei behilflich zu sein. Gollong kam zu den Proben und gab uns Hinweise und Tipps, was wir in der sprachlichen Ausdrucksweise und in den Bewegungen zu beachten hätten. Auch organisierte er in den fünfziger Jahren, mit dem Omnibusfahrer Lischke, für die Nienhäger Bürger Besuche im Staatstheater Kassel. Auch ich bin einmal dabei gewesen. Es wurde auf der Freilichtbühne in Wilhelmshöhe die Operette "Im weißen Rösl am Wolfgangsee" aufgeführt.

Frau Erika Gollong hat etwa 1951 in Nienhagen eine Ballett-Tanzgruppe für Mädchen aus Nienhagen betreut. Bei Weihnachtsfeiern der Schule Nienhagen wurden die eingeübten Tänze vorgeführt.

Als Christian Gollong in Berlin in den vierziger Jahren am "Theater des Volkes" beschäftigt war und bei den Dreharbeiten der Filme sehr gut verdiente, hat Gollong den Bau eine Wasserleitung auf dem Friedhof Nienhagen finanziert. Bis dahin musste das Gießwasser vom Thieleborn geholt werden.

Christian Gollongs Schauspielzeit beim Kasseler Staatstheater war, wie an allen bisherigen Bühnen in Deutschland, geprägt vom hohen fachlichen Können mit besten Kritiken. Viele dieser Zeitungs-Kritiken sind im Dorfmuseum Nienhagen einsehbar. Christian Gollong war in Operette, Schauspiel, Märchenspiel oder Musical stets in Hochform. Er selbst hat ein Kindermärchenspiel geschrieben und auf den Bühnen die Hauptrolle übernommen. Der ehemalige Chefdramaturg vom Staatstheater Kassel, Dr. Joachim Schaefer, schreibt über Gollong:

"Er hat die seltene Gabe, sowie er die Bühne betritt, ohne irgendetwas zu machen raumerfüllende, herzgewinnende Atmosphäre, Schmunzeln, beschauliche Heiterkeit, echte Freude zu bereiten und alle Sympathien zu gewinnen. Sein dezentes Spiel kommt aus einem unverbildet natürlichen Instinkt, stets ganz aus dem Herzen, alles ist erlebt, erfüllt von reiner Menschlichkeit."

Christian Gollong wohnte nach der Pensionierung bescheiden und zurückgezogen von der Bühne, die einst sein Leben bedeutete, im Haus, welches er 1941 von einem Nienhäger Bürger gekauft hatte, bis zu seinem Tod 1988 in Nienhagen.

Der Garten, das Kochen am Herd, sowie eine gute Zigarre, waren für ihn sehr wichtig. Bis ins hohe Alter fuhren er und seine Frau Erika nach Mittenwald in Bayern.

Christian Gollong verstarb 1988 und Erika Gollong 1994.

1984 verfasste die Familie Gollong ein Testament, welches Erika Gollong 1991 änderte. In diesem neuen Testament war festgelegt worden, dass das Kapitalvermögenn aus steuerlichen Gründen der Gemeinde Staufenberg zufallen sollte. Auch war festgelegt, dass ein Testament-Vollstrecker das Vermögen verwalten sollte.

Familie Gollong ist auf dem Friedhof Nienhagen beigesetzt. Die Pflege der Grabstätte wird von der Stiftung Gollong finanziert. 2010 wurde das Erbe der Familie Gollong in eine ordentliche "Stiftung Gollong" umgewandelt.

Berichts- und Fotonachweis: Fundus Gollong Bilder, 650 Jahrbuch Nienhagen, Niederschriften Gemeinde Nienhagen, Alte Zeitungsberichte, Erich Haldorn, Gollong Buch, Adolf Kraft, Stadtarchiv Hann. Münden, Korrektur, Dank an Robert Priemer und Rudolf Schäfer

Erich Haldorn, im August 2025