Zum achten Mal führt der Förderkreis Synagoge in Vöhl das Landkulturbotenprojekt durch. Bei ihrer Vorstellung in der Vöhler Synagoge konnte Vereinsvorsitzender Philipp Wecker neben den Boten und ihren Eltern Bürgermeister Karsten Kalhöfer, die Kreisbeigeordnete Hannelore Behle und Helena Heider vom Netzwerk für Toleranz begrüßen.
In seinem Grußwort würdigte Kalhöfer zunächst den Verein, der das Landkulturbotenprojekt zu einer traditionellen Einrichtung hat werden lassen. Die sechs Schülerinnen und Schüler seien tatsächlich Boten und Botschafter dafür, dass auch im ländlichen Raum Kultur stattfinde und einen wichtigen Teil des Lebens in unseren Dörfern ausmache. Die alte Vöhler Synagoge und der Förderkreis seien großartige Beispiele hierfür. Und er dankte den Schülerinnen und Schüler dafür, dass sie einen Teil ihrer Sommerferien für diese so wichtige Arbeit zur Verfügung stellen.
Hannelore Behle, die inzwischen zu einem Dauergast bei Landkulturbotenveranstaltungen des Förderkreises geworden ist, sagte, dass sie sehr gerne nach Vöhl komme, weil ihr als für die Kultur zuständige Kreisbeigeordnete dieses Projekt sehr wichtig sei. Aber auch als frühere Lehrerin sei sie begeistert davon, dass Schülerinnen und Schüler der Ederseeschule Herzhausen und der Alten Landesschule in Korbach immer wieder bereit seien, sich für die Arbeit in der Vöhler Synagoge zur Verfügung zu stellen. Sie erinnerte an die vielen tollen Projekte, die immer wieder nach den Sommerferien präsentiert würden, und sie freue sich schon jetzt auf die Arbeiten, die die diesjährigen Botinnen und Boten im September vorstellen würden.
Helena Heider vom Netzwerk für Toleranz Waldeck-Frankenberg freute sich darüber, dass aus dem Bundesprogramm „Demokratie leben“ und mit Komplementärmitteln von Land und Landkreis das so wichtige Landkulturbotenprojekt zum wiederholten Male gefördert werden könne.
Karl-Heinz Stadtler, der zusammen mit Christiane Schimana-Schreiber das Projekt seitens des Förderkreises begleitet, erklärte zunächst den Inhalt des Landkulturbotenprojekts. Die 6 Schülerinnen und Schüler seien gut darauf vorbereitet, während der 6wöchigen Sommerferien jeweils zu zweit zwei Wochen lang Gäste durch die ehemalige Vöhler Synagoge zu führen. Sie würden die Geschichte des Hauses vorstellen, das frühere Aussehen des Sakralraums beschreiben und die zahlreiche Judaica im Obergeschoss erklären können. Außerdem würden sie in den 80 Stunden Arbeitszeit in den zwei Wochen an einem individuellen Projekt arbeiten, das sie in der Abschlussveranstaltung am 11. September in der Synagoge vorstellen.
Dem Förderkreis sei die Arbeit mit Schülern und Jugendlichen sehr wichtig, was auch in den Besuchen von Schulklassen und Konfirmandengruppen aus der ganzen Region ebenso wie in gemeinsamen Projekten mit Schulklassen zum Ausdruck komme.
Dann stellten sich die diesjährigen Landkulturboten vor:
Jan-Philipp Eisenberg aus Vöhl, Schüler der Alten Landesschule in Korbach, möchte als sein persönliches Projekt einen Videofilm erarbeiten, der auf der Website des Fördervereins die alte Synagoge vorstellt und für die dortigen Veranstaltungen wirbt.
Tristan Krönert, aus Marienhagen, der gerade in der Ederseeschule die Mittlere Reife erfolgreich absolviert hat, interessierte sich für die Anfänge der Nationalsozialistischen Deutschen Arbeiterpartei nach dem Ersten Weltkrieg und möchte darüber nachdenken und arbeiten, wie und warum sie damals entstand.
Ida Formella aus Marienhagen und Stella Heyne aus Vöhl, beide von der Ederseeschule, wollen sich mit dem Thema „Jugend und Schule im Nationalsozialismus“ beschäftigen.
Sarah Müller aus Meineringhausen, ALS-Schülerin, hat sich ein sehr spezielles Thema vorgenommen. Ausgehend von der Mesusa und dem darin befindlichen Textröllchen möchte sie sich mit Segenssprüchen auch in anderen Religionen beschäftigen. Zur Erklärung: Mesusa bedeutet wörtlich „Türpfosten“ und und ist ein kleiner Behälter, der am Türpfosten der Häuser von Juden angebracht wird und 2 Textstellen aus den Büchern Mose im Alten Testament enthält.
Ebenfalls ALS-Schülerin ist Anastasiya Subbotina aus Korbach. Sie weiß, dass sich Judenverfolgung nicht auf Deutschland und die Zeit des Nationalsozialismus beschränkt. Sie interessiert sich vor allem auf die Ereignisse auf der iberischen Halbinsel Ende des 15. Jahrhunderts, weitet das Thema vielleicht auch auf andere Ereignisse im Mittelalter und in der Frühen Neuzeit aus.
Christiane Schimana-Schreiber und Karl-Heinz Stadtler, die die Landkulturboten während der Sommerferien betreuen und beraten, freuen sich sehr auf die Zusammenarbeit mit den Jugendlichen und laden Einheimische und Gäste, insbesondere auch Verwandte und Freunde der Boten sehr herzlich zum Besuch der einzigen erhalten gebliebenen Synagoge im weiten Umkreis ein.
Sahra Küpfer und Ingo Stotz gaben der Vorstellung der Landkulturboten mit ihren Saxofonen und typischen Meldodien des Judentums einen schönen und passenden musikalischen Rahmen.
Tristan Krönert und Jan Philipp Eisenberg laden in die Vöhler Synagoge ein
Am Montag, 7. Juli, beginnen an den hessischen Schulen die Sommerferien. Montags bis freitags von 8 bis 12 und von 13 bis 17 Uhr ist das ehemalige jüdische Versammlungs- und Gotteshaus in der Vöhler Mittelgasse für Besucher geöffnet.
Jan Philipp Eisenberg und Tristan Krönert werden die Gäste durch das Gebäude und über den Gedenkhof führen. Sie stellen die Geschichte des Hauses und der früher hier lebenden Jüdinnen und Juden vor und geben viele weitere interessante Informationen. Die beiden Jugendlichen freuen sich auf viele Besucher in den nächsten zwei Wochen.
Während der Sommerferien findet auch an allen Sonntagen etwas in der Synagoge statt. Am Sonntag, 6. Juli, ist das Gebäude von 15 bis 17 Uhr ebenfalls geöffnet.