Am übernächsten Wochenende ist in der Vöhler Synagoge viel los: Die Präsentationen der Landkulturboten, zwei Konzerte und ein Vortrag über die „Nürnberger Gesetze“ vor 90 Jahren.
Präsentationen der Landkulturboten
Das diesjährige Projekt „Landkulturboten“ der Vöhler Synagoge geht am Donnerstag, 11. September um 19 Uhr seinem Abschluss und Höhepunkt entgegen: 6 Schülerinnen und Schüler der Ederseeschule Herzhausen und der Alten Landesschule Korbach präsentieren, was sie während ihrer zweiwöchigen Arbeit im ehemaligen jüdischen Gottesdienst- und Versammlungshaus erarbeitet haben:
Jan Philipp Eisenberg aus Vöhl hat ein Image-Video für die Website des Förderkreises entwickelt. Er wird die Auswahl der dargestellten Objekte begründen und erklären, wie er das Video erarbeitet hat.
Tristan Kröhnert aus Marienhagen hat sich mit den Anfängen der NSDAP nach Ende des Ersten Weltkriegs beschäftigt und beschreibt den Einstieg Hitlers in die deutsche Politik.
Ida Formella aus Marienhagen und Stella Heyne aus Vöhl wollen sich mit dem Thema „Jugend und Schule im Nationalsozialismus“ beschäftigen.
Sarah Müller aus Meineringhausen vergleicht verschiedene Religionen anhand ausgewählter Aspekte. Ausgangspunkt ihrer Überlegungen war die Mesusa am Eingang zum Sakralraum der Vöhler Synagoge
Anastasiya Subbotina aus Korbach weiß, dass sich Judenverfolgung nicht auf Deutschland und die Zeit des Nationalsozialismus beschränkt. Sie interessiert sich für die Ereignisse auf der iberischen Halbinsel Ende des 15. Jahrhunderts, weitet das Thema aber auch auf andere Ereignisse im Mittelalter und in der Frühen Neuzeit aus.
Christiane Schimana-Schreiber und Karl-Heinz Stadtler, die die 6 Landkulturboten bei ihrer Arbeit begleiteten, wissen, dass sich die jungen Leute intensiv in ihre Themen eingearbeitet haben und gute Ergebnisse präsentieren werden. Die Boten werden an diesem Tag ihre Leistungszertifikate erhalten.
Das Wochenende steht unter der Überschrift „Tag des offenen Denkmals“.
195. Synagogenkonzert mit „Sistergold“
Am Samstag, 13. September um 19 Uhr wird das Saxophon-Quartett Sistergold mit seinem aktuellen Programm „Luftmaschen“ zu hören sein.
Sistergold steht für handgearbeitete Musik mit funkelndem Esprit, Leidenschaft für‘s Detail und glänzender Kreativität mit hohem Unterhaltungsfaktor. In ihrem neuen Programm „Luftmaschen“ präsentieren die vier Saxophonistinnen neben bekannten Stücken aus Jazz, Klassik, Funk und Pop auch eine Vielzahl eigener Kompositionen passgenau zugeschnitten für das Quartett. Der rote Faden wird schnell sichtbar: die Liebe zur Musik jedweden Genres, die Freude am Zusammenspiel miteinander und das Spiel mit dem Publikum. Mit feinem Gespür für Inszenierung verstricken die temperamentvollen Musikerinnen ihre Stücke mit amüsanten Moderationen, gekonnten Showeinlagen und überraschenden Griffen in die Instrumentenkiste. Wohlbekannte Werke wie „Forest Gump“, „Spinning Wheel“, „Palladio“, „Monster Inc.“ oder auch Johannes Brahms‘ „Ungarischer Tanz Nr.5“ werden mit Raffinesse und durch eigene Bearbeitungen zu neuen Klanggeweben. Wer Sistergold schon einmal erlebt hat, weiß: Es wird ein fesselnder, feiner, wilder und kurzweiliger Konzertabend. Dieses Konzert wird dankenswerterweise von der Sparkassen-Kulturstiftung Hessen-Thüringen unterstützt.
Karten zum Preis von 20/18 € (ermäßigt 16/14 €) können unter info@synagoge-voehl.de oder unter Tel. 05635-1022 bestellt werden. Wenn nicht vorab überwiesen wird, wird an der Abendkasse ein Aufschlag von zwei Euro erhoben.
Preisträger-Konzert am Sonntagnachmittag
Der Sonntagnachmittag steht im Zeichen der Jugend und der Musik. Sarah Küpfer, Musikpädagogin, Jüdin und Vorstandsmitglied des Förderkreises von Beginn an, hat für ein ganz besonderes Konzert ab 14 Uhr Preisträger eines Musikwettbewerbs der Musikschulen des Landkreises Waldeck-Frankenberg gewonnen. Mit Fagott, Geige, Klavier, Querflöte und Gesang werden sie die hoffentlich zahlreichen Besucher mit ihren Klängen verwöhnen. Klassische und populäre Musik werden zu hören sein. Klezmer wird nicht fehlen. Sarah Küpfer hat auch die bevorstehenden jüdischen Feiertage „Rosch Hochana“ und „Jom Kippur“ im Sinn, das jüdische Neujahrsfest vom 22. bis 24. September und das Versöhnungsfest am 1./2. Oktober. „Kol Nidrej“, das Gebet, das den Gottesdienst zu Jom Kippur eröffnet, wird musikalisch vorgetragen und bildet einen der Höhepunkte des Konzerts.
Es ist schon zur Tradition geworden, dass an diesem Nachmittag auch Kaffee und Kuchen angeboten wird.
90 Jahre Nürnberger Gesetze
Die Legitimationsgrundlage für die Diskriminierung und Verfolgung der jüdischen Bevölkerung
Der Kontrast könnte nicht stärker sein: Im Anschluss an das Konzert der Musikschüler um ca. 16 Uhr wird Karl-Heinz Stadtler mit den am 15. September 1935 vom Deutschen Reichstag beschlossenen „Nürnberger Gesetzen“ die Legitimationsgrundlage für die Diskriminierung und Verfolgung der jüdischen Bevölkerung im nationalsozialistischen Deutschland vorstellen. Der Gegensatz ist durch die Daten vorgegeben: Der „Tag des offenen Denkmals“ findet traditionsgemäß am zweiten Sonntag im September statt, und der 15. September ist nun mal der 90. Jahrestag jener unsäglichen Gesetze, die nachträglich legitimierten, was in den Jahren 1933 bis 35 bereits geschehen war, und sie legalisierten die Fortsetzung durch viele weitere Maßnahmen der Verfolgung. Deportation und Massenmord allerdings, die ab Kriegsbeginn starteten, waren auch nach damals geltendem Recht ungesetzlich. Aber der Führer und Reichskanzler Hitler hatte ja schon bei der Ermordung der unbotmäßig gewordenen SA-Spitze im Juni 1934 festgestellt: „ In dieser Stunde war ich ... des deutschen Volkes oberster Gerichtsherr.“ „Reichsflaggengesetz“, „Reichsbürgergesetz“ und das schon im Titel furchtbare „Gesetz zum Schutz des deutschen Blutes und der deutschen Ehre“ wurden auf dem Nürnberger Parteitag der NSDAP vom Deutschen Reichstag beschlossen, dem aber nur noch Abgeordnete einer einzigen Partei angehörten.