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Blick in unsere Grossgemeinde
Ausgabe 38/2025
Vereine und Verbände
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Hallo Nationalparkgemeinde

Oder Tränen der Rührung, Dankbarkeit und Trauer.

Ein Bericht von Jens Nasemann aus Obernburg.

Es war unser bisher emotionalster Transport. Wenige Tage vor unserer Abfahrt erschütterte einer der schwersten Luftangriffe seit Kriegsbeginn die Stadt Lwiw: mehrere Tote, über 30 zum Teil schwerverletzte Menschen und rund 30 zerstörte Gebäude waren die Folge. Für diese russischen Angriffe gibt es nur ein Wort: Terror.

Doch für Jasmin Schlechter und Jens Nasemann war dies kein Grund, die Fahrt abzusagen – im Gegenteil. „Unsere Hilfe wird dringender denn je benötigt“, so Nasemann. Vorausgegangen waren wochenlange Vorbereitungen: Spendenakquise, Abholung und Sortierung, Registrierung sowie das Erstellen der Transportpapiere.

An Bord hatten wir ausschließlich dringend benötigtes Material: Sanitätsausrüstung, Rollstühle, Rollatoren, Pflegebetten, Medikamente und vieles mehr, das in Krankenhäusern und Lazaretten gebraucht wird – dazu 200 Care-Pakete. Um die Pakete mit Inhalt zu befüllen, sammelten wir Spendengelder durch Vorträge in unserem Lagerraum, wir standen in Fußgängerzonen, egal ob bei gleißendem Sonnenschein oder eisiger Kälte. Auch durch Geldspenden konnten wir die Kosten generieren, um den Inhalt der Care-Pakete einzukaufen. Wir sortierten die Einkäufe systematisch nach u.a. Lebensmitteln, Pflegeartikeln und kleine Schreibutensilien. Ein Großteil der Pakete wurde durch uns gepackt. Auch erreichten uns liebevoll, in Geschenkpapier eingeschlagene Care-Pakete aus Buchenberg von Spendern die auf unser Werben im Blättchen und in der Wlz auf diese Aktion aufmerksam wurden. Innerhalb kurzer Zeit konnten wir so insgesamt 200 Care-Pakete zusammentragen.

Ankunft in Lwiw

Ein Teil der Hilfsgüter wurde an ein Team aus Lettland übergeben, das mit Kleintransportern die Weiterfahrt in die Kampfgebiete im Osten übernahm. Diese Praxis ist notwendig, da Lkw-Transporte häufiger Ziel von Luftangriffen werden. Unterstützt wurden wir beim Entladen von ukrainischen Soldaten der Garnison Lwiw.

Momente der Trauer

Besonders bewegend war der Besuch eines Soldatenfriedhofs. Wir legten einen Kranz nieder und standen vor unzähligen Gräbern – überwiegend junger Frauen und Männer, noch keine 30 Jahre alt, die im Kampf gefallen sind. Bilder trauernder Mütter, Väter, Ehepartner und Kinder werden uns niemals loslassen.

Eindrücke in der Klinik

In einer großen Klinik übergaben wir Sanitätsmaterial und Care-Pakete. Tief erschüttert hat uns die Station für Frühchen: winzige Babys, zum Teil kaum 600 Gramm schwer, geboren von jungen Müttern aus den Kampfgebieten – Geburten, oft ausgelöst durch Trauma und Flucht. Trotz allem schenkten uns diese Mütter ein Lächeln. Jasmin weinte, und auch mich ließen diese Eindrücke nicht unberührt.

Begegnungen voller Dankbarkeit

Auf einem Parkplatz in Lwiw wurden wir von unserer ukrainischen Freundin Uljana unterstützt. Dort verteilten wir Care-Pakete und Lebensmittel an registrierte Bedürftige – Frauen, deren Männer im Kampfeinsatz sind, Witwen, ältere Menschen.

Die Szenen waren unbeschreiblich: Kinder lachten voller Freude über eine Tüte Bonbons. Mütter nahmen mit leuchtenden Augen ihre Pakete entgegen und dankten uns voller Herzlichkeit. Eine ältere Frau, etwa 75 Jahre alt, weinte vor Ergriffenheit über das geschenkte Paket. Wir nahmen sie in den Arm.

Diese Begegnungen – die Dankbarkeit, die gefallenen Soldaten, die Frühchen und ihre traumatisierten Mütter – werden für immer in unserem Gedächtnis bleiben. Nur wer das mit eigenen Augen gesehen hat, kann ansatzweise verstehen, was wir fühlen.

Unser Weg geht weiter

Diese Erfahrungen motivieren uns, weiterzumachen: zu betteln, zu sammeln, zu organisieren – für die nächsten Transporte. In diesem Jahr wird es keinen weiteren Transport mehr geben, doch wir starten eine Vortragsreihe, um über unsere Erlebnisse und die Lage in der Ukraine zu berichten. Auch ein Vortrag mit hochrangigen Referenten zum Thema „Krieg in der Ukraine“ ist in Planung.

Wer Interesse an unserer Arbeit hat, ist herzlich eingeladen, sich bei uns zu melden. Außerdem freuen wir uns über Besuch in unserem Spendenraum in Bad Arolsen – jeden Mittwoch ab 14 Uhr (bitte vorher Kontaktaufnahme unter 01578 419 2389 (Jasmin Schlechter) oder 01575 1175 473 (Jens Nasemann).