Es kommt nicht so oft vor, dass Schüler öffentlich zu einem Vortrag einladen. Der Vöhler Anton Wensel, Abschlussschüler der Ederseeschule Herzhausen hat es getan. Seine Familie, mehrere seiner Lehrkräfte, Vorstandsmitglieder des Förderkreises und interessierte Bürgerinnen und Bürger waren gekommen, um Anton zu hören und seine Präsentation zu sehen.
Sein Vortrag war professionell aufgebaut; es begann mit einer Gliederung und endete mit einem Verzeichnis der benutzten Quellen. Er meinte, dass bis zum Januar 1933, als Hitler Reichskanzler wurde, das Verhältnis zwischen Nichtjuden und Juden normal gewesen sei. Das habe sich sehr schnell geändert. Viele Juden hätten deshalb Vöhl verlassen. Eine Verschärfung habe die Pogromnacht im November 1938 bedeutet. Seit 1933 habe sich die Zahl der jüdischen Bewohner von 45 auf 13 verringert. Die drei Männer – Alfred Rothschild, Max Mildenberg und Martin Sternberg - seien in das Konzerntrationslager Buchenwald gebracht worden. Erst nach einigen Monaten wurden sie entlassen; Alfred Rothschild starb kurz nach seiner Rückkehr an den Folgen der Misshandlungen.
Die letzten Vöhler Juden wurden 1942 deportiert und ermordet. Die Familie Sternberg, Hermine Rothschild und Beate Frankenthal wurden Anfang Juni in das Vernichtungslager Sobibor deportiert und sofort vergast. Drei alte Frauen – Selma Rothschild, Johanna Frankenthal und Rickchen Katzenstein – mussten so genannte Heimeinkaufsverträge unterschreiben. Sie erklärten den Verzicht auf all ihr Eigentum, und der Staat versprach ihnen dafür lebenslanges kostenloses Wohnen, Nahrungsmittel und ärztliche Versorgung im Altersghetto Theresienstadt. Für den Staat unterschrieb der Vöhler Standesbeamte das Dokument. Die drei Frauen – so Anton Wensel – überlebten den Transport nach Theresienstadt nur für wenige Wochen, der Vertrag sei offensichtlicher Betrug gewesen.
Die Synagogenbesucher anerkannten Anton Wensels Vortrag mit starkem Applaus. Karl-Heinz Stadtler, Vorsitzender des Förderkreises, lobte den inhaltlich kompetenten und korrekt entwickelten Vortrag und überreichte ein kleines Geschenk.