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Vom Kuckuck und Esel (Guxhagen-Körle)
Ausgabe 45/2024
Aktuelles aus Körle
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950 Jahre Körle: Die Polizeistation in Körle

In diesem Jahr feiern wir 950 Jahre Körle. Zeit, zurückzublicken auf Ereignisse, die unser Dorf geprägt haben. Hermann Pawlik erinnert sich an die Polizeistation in Körle:

In früherer Zeit (bis ca. 1960 etwa) hatte Körle eine eigene Gendarmerie, so wurde früher die Polizeistation genannt. Landläufig nannte man Sie auch Schandarmerie. Sie befand sich am Busch in der heutigen Kasseler Straße Ecke Grasweg. Besetzt war Sie zeitweise mit ein bis zwei Polizisten, die abwechselnd und gemeinsam Dienst hatten. Ihre Aufgaben bestanden damals darin, für Ruhe und Ordnung zu sorgen, sowie auf Festen das Jugendschutzgesetz durchzusetzen. So kam es vor, dass zum Beispiel auf der Kirmes, die damals noch zeitgleich in zwei Gasthäusern stattfand, der Eine und die Andere die Säle durchs Fenster verließen, um nicht erwischt zu werden, weil sie noch nicht volljährig waren. Auch wurden die Geschäftszeiten überwacht, was die eigene Ehefrau und die Geschäftsinhaber zu spüren bekamen. Weil am Sonntagmorgen Sahne im Haus des Polizisten fehlte, machte sich die Ehefrau auf den Weg ins nahe gelegene Lebensmittelgeschäft, um selbige zu besorgen. Da am Sonntag keine Geschäftszeiten waren, folgten die Anzeigen auf dem Fuß! Ebenfalls kontrolliert wurden die Fuhrwerke der Landwirte. Es war Vorschrift, dass an den Wagen Schilder angebracht waren, auf denen der Besitzer zu erkennen war. Das Schlittenfahren im Winter war ja „grundsätzlich“ nicht verboten, man durfte sich nur nicht vom Schandarme erwischen lassen.

Zur Geschwindigkeitskontrolle der wenigen Kraftfahrzeuge wurde die Stoppuhr verwendet.

Musste einmal ein nicht gesetzestreuer Mitbürger bzw. Durchreisender in Haft genommen werden, so wurde er im Spritzenhaus, nahe der Kirche, wo sich ein Übernachtungsraum für Durchreisende befand, inhaftiert und am anderem Tag dem Melsunger Gericht überstellt.

Das Revier der Körler Polizeistation reichte weit über die Ortsgrenzen hinaus und ging bis etwa Eiterhagen und Wattenbach. Im Vertretungsfall sogar noch weiter. Ein treuer Begleiter des Schandarmen war der Diensthund Rex. Rex war glücklicherweise nicht so „scharf“ wie sein Herrchen. Er ließ es zu, dass ihn die Nachbarstochter in den Zwinger sperrte, um die ihr entlaufenen Hühner wieder heil nach Hause zu bringen.

So geschah es, dass auf einer auswärtigen Kirmes - wie Augenzeugen berichten, muss es wohl in Günsterode gewesen sein - das mitgeführte Dienstfahrrad des Schandarmen von Körler Kirmesburschen, die sich dort befanden (meist auf Brautschau) erkannt und kurzerhand zur Heimfahrt der Kirmesburschen genutzt. Hund und Herrchen waren nun zu Fuß nach Hause unterwegs. Das Fahrrad hatte seine Besitzer aber gleich am nächsten Morgen wieder.

Der Schandarm kannte ja seine Burschen, Er brauchte nur in die Nachbarschaft zu gehen, wo das Rad im Hausflur stand.

Das Ganze ging glimpflich aus, weil der Nachbar, der sich mit den Schandarmen gut stand, beteiligt war. Später wurde die Station als Wohnhaus für die Familie eines Polizeibeamten genutzt und um 1970 in Privatbesitz verkauft.

Hermann Pawlik