Am Abend des 7. November 2024 fand in der ehemaligen Synagoge Guxhagen die diesjährige Gedenkveranstaltung anlässlich des 86. Jahrestages der Novemberpogrome statt.
Die Gemeinde Guxhagen, die Gedenkstätte Breitenau, die evangelische Kirchengemeinde und die Integrierte Gesamtschule Guxhagen erinnerten an die Pogrome, die im November 1938 in ganz Deutschland wie auch in Guxhagen stattgefunden haben. Musikalisch wurde die Gedenkveranstaltung von Frank Sommerfeld an der Gitarre und der Sängerin Nicole Jukic unter dem Thema Musik in nationalsozialistischen Konzentrationslagern gestaltet.
Bürgermeisterin Susanne Schneider erinnerte in ihrer Auftaktrede, dass die Pogrome vor 86 Jahren „zu unermesslichem Leid für unsere jüdischen Mitbürgerinnen und Mitbürger führten. Die Ereignisse jener Nacht waren geprägt von Brutalität, Hass und dem brennenden Wunsch, jüdisches Leben in Deutschland zu vernichten.“ Diese Ausschreitungen und die anschließenden Deportationen tausender jüdischer Männer in Konzentrationslager seien ein Mahnmal für uns alle, um in der Gegenwart wachsam zu sein und gegen jede Form von Antisemitismus, Hass und Hetze einzutreten. Gerade angesichts von Kriegen, Konflikten und Gewalt auf der ganzen Welt, sei es wichtiger denn je, sich für Frieden und Menschlichkeit starkzumachen.
Ann Katrin Düben, Leiterin der Gedenkstätte Breitenau, ging in ihrer Rede auf ein konkretes Verfolgungsschicksal ein. Sie erzählte von Alan Echt, der in den USA lebt und sich im Mai dieses Jahres an die Gedenkstätte wandte, um seine Familiengeschichte zu erzählen und einen Stolperstein für seine Familie anzuregen. Seine Großeltern waren Betty, geboren 1894, und Emanuel Mendel Speyer, geboren 1884. Sie lebten mit ihren drei Kindern Rita, Sofie und Sigfried in der Untergasse 7 in Guxhagen. Sofie, Alans Mutter, wurde 1926 geboren. Sie erlebte in den 1930er Jahren den zunehmend aggressiven Antisemitismus. Mit Hilfe ihres Onkels gelangte Sofie im Februar 1938 auf einem Kindertransport in die USA. Hier wurde sie von einer jüdischen Witwe in Obhut genommen und lebte fortan in Columbus, Ohio. Die Eltern Betty und Emanuel sowie ihre Geschwister Sigfried und Rita wurden am 9. Dezember 1941 nach Riga deportiert. Nur die 1923 geborene Rita überlebte den Holocaust. Was genau mit ihren Eltern und ihrem kleinen Bruder passierte, konnte bis heute nicht geklärt werden.
In seiner Ansprache ging Pfarrer Frithjof Tümmler auf die gegenwärtige Bedeutung des Erinnerns an die Verfolgung und Vernichtung jüdischen Lebens ein und zeigte die verschiedenen Erscheinungsformen des Antisemitismus auf. Zugleich trat er für die Verteidigung der Erinnerungskultur gegen Angriffe von rechts ein. Den rechten Forderungen nach einem Ende des „Schuldkults“ hielt Pfarrer Tümmler den Talmud-Spruch entgegen: „Das Geheimnis der Erlösung ist die Erinnerung“.
Auch in diesem Jahr stellten wieder Schülerinnen und Schüler der IGS Guxhagen ihr Projekt vor, bei dem sie sich mit dem jüdischen Friedhof in Guxhagen auseinandergesetzt hatten. Unter der Leitung von Annika Stahlenbrecher, Gedenkstätte Breitenau, sowie ihrem Lehrer Sami Essid sammelten sie dabei Ideen, wie die Informationen über den Friedhof und die hier Bestatteten in Zukunft besser aufbereitet werden könnten. Ihren Vorschlag, einen QR-Code am Friedhofseingang anzubringen oder eine neue Informationstafel aufzustellen, stieß auf großes Interesse.