Auch in Körle zeigten Ende Januar gut ein Dutzend Landwirte aus der Region ihren Unmut. Unabhängig von dieser Protestaktion fand am 8. Februar ein Meinungsaustausch zwischen Körler Landwirten und dem Bürgermeister statt.
Mit den derzeitigen Bauernprotesten zeigen die Landwirte im ganzen Bundesgebiet ihre Unzufriedenheit. Die Kritik gilt insbesondere den Sparplänen der Ampel-Regierung, die die Landwirte ihrer Meinung nach finanziell zu stark belasten. Auch bei den Landwirten in Körle drückt der Schuh. Und das nicht nur an einer Stelle. Die Probleme und Sorgen der Berufsgruppe sind vielfältig und reichen vom Preisverfall für landwirtschaftliche Produkte über den Flächenverbrauch und die Auswirkungen des Klimawandels bis hin zu den Mautgebühren für Lastwagen. Dies wurde bei einem Gespräch deutlich, zu dem Bürgermeister Mario Gerhold die hiesigen Bauern eingeladen hatte, um zu erörtern, mit welchen Problemen die Landwirtschaft auf einem Dorf zu kämpfen hat und wie eine Gemeinde dazu beitragen kann, die Zukunft der Landwirtschaft positiv zu beeinflussen. Die Landwirtschaft gehöre zu Körle wie die Kirche, sagte Mario Gerhold. Dabei hat sich auch in Körle die Anzahl der landwirtschaftlichen Betriebe massiv verringert. Noch rund 13 Betriebe gibt es in Körle und den Ortsteilen - die meisten dienen lediglich dem Nebenerwerb.
Höhere Kosten
Beim Gespräch im Gasthaus Zur Krone machten die Landwirte deutlich, dass ihre Position zwischen Politik, Handel und Verbraucher derzeit ziemlich misslich sei und sich auch keine Besserung abzeichne. Ein Milchbauer könne keine Rechnung über einen Liter Milch schreiben, die sich danach bemisst, wie hoch seine Kosten für die Produktion seien. „Nein, die Molkereien geben den Preis vor, den sie zahlen. Und wer nicht einverstanden ist, hat halt Pech.“ Dasselbe gelte für den Preis für Getreide. Auch dort spiele es keine Rolle, dass sich die Kosten der Landwirte in den vergangenen zwei Jahren verdoppelt hätten. Daran schuld sei zum Beispiel auch die Erhöhung der Lastwagen-Maut, von der landwirtschaftliche Fahrzeuge zwar ausgenommen sind, jedoch sind die Landwirte indirekt betroffen. Die Preise für Eierpappen beispielsweise seien in die Höhe gegangen, da die höheren Mautgebühren einfach an den Kunden weitergegeben würden. Das Problem für den Landwirt sei jedoch, dass er die höheren Kosten für die Pappen nicht einfach an den Endverbraucher, als an den Kunden, der die Eier im Laden kauft, weitergeben könne. „Denn für fünf Euro kauft keiner zehn Eier.“ Vor allem nicht in einer Zeit, in der ohnehin jeder aufs Geld gucken müsse.
Die Konkurrenz
Insbesondere beim Getreidemarkt sorgen sich die Landwirte um die Entwicklung der Preise. Grund dafür seien die erheblichen Importe aus der Ukraine. Landwirte dort seien an weniger strenge Richtlinien gebunden, die sie beim Anbau einhalten müssen. Sie hätten also geringere Produktionskosten als Landwirte in der EU. Ukrainisches Getreide schwemme den Markt und drücke die Preise. Dies sei ein unfairer Wettbewerb, da die Kosten nicht dieselben seien. Andere Länder wie Polen hätten im Gegensatz zu Deutschland einen Riegel vor die Billig-Importe geschoben, um die einheimischen Märkte nicht zu gefährden. Das verschärfe die Situation weiter.
Die Außenwirkung
Landwirtschaft habe in der Bevölkerung insgesamt keinen guten Ruf. Landwirte hätten mit vielen Vorurteilen zu kämpfen. „Bei der Nitratbelastung des Grundwassers werden wir als die Hauptschuldigen dargestellt, obwohl es dafür gar keinen eindeutigen Beweis gibt.“ Auch werde die Landwirtschaft als treibende Kraft in Sachen Klimawandel denunziert. Das sei aber zu kurz gedacht. Dass sich etwas ändern müsse, sei auch in der Landwirtschaft nicht unumgänglich und der Wandel bereits im Gange - „aber diese Pauschalverurteilungen nerven“. Während Corona hätten die Landwirte ihre Arbeit weiter erledigt wie bisher, aber der Flugbetrieb stand still. Daraufhin habe sich der Wildbienenbestand erholt, sagte einer der Landwirte. „Unsere Arbeit wird kritisiert, aber in den Urlaub fliegen ist in Ordnung. Da stimmt doch was nicht.“ Zumal die Landwirte selbst Opfer des Klimawandels seien. Es gebe schlicht keine Ertragssicherheit mehr, weil „wir gar nicht mehr wissen, ob es im Mai und Juni genug regnet“.
Auch die bösen Blicke, die man als Landwirt über sich ergehen lassen müsse, wenn man mit dem Güllefass aufs Feld fahre oder gar mit dem umstrittenen Pflanzenschutzmittel Glyphosat die Felder bearbeite. Bei letzterem gab es aber auch im Gasthaus Zur Krone keine Einigkeit unter den Körler Landwirten. Insbesondere die Bio-Landwirte kritisieren den Einsatz, da die Bodenqualität durch die Zerstörung von Flechten und Pilzkulturen massiv leide.
An einem sparsamen Einsatz von Dünge- und Pflanzenschutzmitteln hätten auch die Bewirtschafter selbst größtes Interesse, denn „wir müssen die Dinge ja auch kaufen“.
Der Flächenverbrauch
Was jüngst in Körle zu Kritik der Landwirte geführt hat, war die geplante Ausweitung des Gewerbegebiets An der Eiche. Durch die Erweiterung gehe wertvolle landwirtschaftliche Fläche verloren, die seit Jahrzehnten biologisch bewirtschaftet wird, so die Kritik. „Bei so etwas wünschen wir uns eine bessere Mitsprache.“ Für die Gemeinde sei dieser Schritt jedoch sehr wichtig gewesen, sagte Mario Gerhold. Die Gewerbesteuer sei mit 800.000 Euro jährlich mittlerweile ein wichtiger Baustein im Gemeindehaushalt. Und es wäre töricht, wenn man Firmen, die sich in Körle vergrößern oder neu ansiedeln möchten, ziehen lassen müsste, so der Bürgermeister.
Der Flächenverbrauch macht den Körler Landwirten insgesamt Sorgen. So stelle auch der politisch gewollte Ausbau von Freiflächenphotovoltaikanlagen eine Flächenkonkurrenz zur Landwirtschaft dar. Es sei bis zum Jahr 2030 mit einer zusätzlichen Versiegelung von 36 ha pro Tag allein durch neue PV Anlagen zu rechnen, zitierte ein Landwirt einen Bericht des Thünen-Instituts aus Braunschweig. Die verbrauchte Fläche sei einfach viel zu groß. „Warum hat man nicht bei der Ausweisung des letzten Wohngebietes die Auflage erlassen, dass jeder Neubau mit einer Photovoltaikanlage ausgestattet werden muss?“, lautete eine Frage. Es gebe genügend Bauvorschriften und man wolle als Gemeinde das Bauen nicht weiter verteuern, erläuterte Bürgermeister Mario Gerhold. Ja, für manche rentiere sich die Investition in eine Photovoltaikanlage, für andere wiederum nicht - das sei sehr individuell und solle daher auch jeder individuell entscheiden können.
Das Fazit
Die Belange der Landwirtschaft sollten bei gemeindlichen Planungen einen höheren Stellenwert finden. Dazu könnte auch ein regelmäßiger Austausch zwischen der Landwirtschaft und der Gemeindepolitik dienen. Durch den fehlenden Bezug vieler Einwohner zur bäuerlichen Arbeit fehle oft das Verständnis für betriebliche Vorgänge, hier kann eine bessere Information helfen. Schließlich wurde über Betriebsbesichtigungen durch Kindergartengruppen und Schulklassen gesprochen, um bäuerliches Leben auf dem Dorf hautnah zu vermitteln.
Sie haben Anregungen zum Thema? Schreiben Sie an Bürgermeister Mario Gerhold bgm@koerle.de oder rufen Sie an unter Tel. 05665 9498-12.