Extreme Trockenperioden, großflächiger Borkenkäferbefall und Sturmereignisse. Der Klimawandel stellt auch im Jahr 2022 die größte Herausforderung für den Wald als Ökosystem und Wirtschaftsfaktor dar. Eine sichtbare Folge: Der Holzeinschlag in diesem Herbst und Winter hat auch im Gemeindewald von Losheim am See stark zugenommen.
Ganzjährig im Einsatz im Losheimer Gemeindewald: vlnr. Revierleiter Kilian Schäfer mit den beiden Forstarbeiter-Auszubildenden Nils Zierold und Michael Emmerich.
2018 und 2022 fegten starke Stürme über Deutschland, in den Jahren 2018 bis 2020 sowie in diesem Jahr machte Mensch und Natur die extreme Trockenheit verbunden mit hohen sommerlichen Temperaturen zu schaffen. Die Folgen des Klimawandels sind auch in den sonst gemäßigten Zonen Mitteleuropas deutlicher denn je spür- und sichtbar. Das veränderte Klima hat zudem erheblichen Einfluss auf die Stabilität unseres wichtigsten Ökosystems Wald und damit auf die Gesundheit der Bäume. Auch im Gemeindewald von Losheim am See haben die zurückliegenden Jahre Spuren hinterlassen. Während eine seit 2018 anhaltende Massenvermehrung des Buchdruckers und des Kupferstechers zu fundamentalen Schäden in den Fichtenwäldern führt, waren und sind auch die Laubwälder durch diese Wetterextreme in ihrer Vitalität betroffen. Die Ausbreitung von sogenannten Sekundärschädlingen an Buche oder Eiche wurde durch die fortdauernde Trockenheit und Hitzeperiode in diesem Sommer begünstigt. Auch die Trockenheit als solche führt zu erheblichen Schäden in unseren heimischen Laubwäldern.
Rückegasse im Gemeindewald: Die Markierungen an den Bäumen zeigen die Fahrtwege der Erntemaschinen an. Das Forstteam achtet bei allen Rückearbeiten darauf, dass der Waldboden möglichst schonend befahren wird. Fotos: M. Priesnitz.
Zwar führte eine bundesweit verbesserte Waldbrandprävention und Waldbrandbekämpfung in den letzten Jahrzehnten zu einem kontinuierlichen Rückgang der Anzahl der Waldbrände und der Waldbrandfläche. Die Trockenheit und Hitze der vergangenen Jahre macht sich jedoch durch eine erhöhte Brandgefahr bemerkbar. In den trockenen und heißen Jahren 2018, 2019 und im Sommer 2022 gab es in Deutschland vermehrt Waldbrände, hauptsächlich verursacht durch menschliche Aktivität. Auch im Saarland mussten die Feuerwehren ausrücken, um Schlimmeres zu verhindern. Sogar die Schwenker in den heimischen Gärten blieben über Wochen kalt, um das Funkenrisiko zu minimieren.
Für unseren Wald stellen derartige Wetterextreme über mehrere Jahre hinweg eine schwere Belastungsprobe dar. Eine Folge dieser massiven Waldschäden, die man in den vergangenen Wochen beim Spaziergang durch den Wald beobachten konnte, ist die außerplanmäßige Holznutzung. Für die Jahre 2018 bis 2022 wurde bislang ein bundesweiter Kalamitätsholzanfall in Höhe von 245 Mio. Festmetern erfasst (Stand: 30.06.2022). Davon entfallen 225 Mio. Festmeter auf Nadel- und 20 Mio. Festmeter auf Laubhölzer. Damit sind über 20 Prozent des in der Bundeswaldinventur 2012 deutschlandweit festgestellten Fichtenvorrats außerplanmäßig als sogenanntes Kalamitätsholz angefallen. Die wiederaufzuforstende Waldfläche beträgt mehr als 450.000 Hektar. Regionale Schadensschwerpunkte liegen in Nordrhein-Westfalen, Thüringen, Niedersachsen, Hessen und Bayern, aber auch der saarländische Wald und der Gemeindewald in Losheim am See leiden unter Trocken- und Käferschäden. Die Waldzustandserhebung 2021 des Bundesministeriums für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL), die auf einen fast 40-jährigen Beobachtungszeitraum zurückblickt, kommt zu dem Ergebnis, dass mehr als 40 Prozent der Bäume eine deutliche Kronenverlichtung aufweisen. Das Schadgeschehen der Buchen, Eichen und Fichten befindet sich damit weiterhin auf einem hohen Niveau.
Die beiden Losheimer Revierleiter Ralf Simon und Kilian Schäfer sind mit ihrem Team dementsprechend ganzjährig im Einsatz, machen Ortsbegehungen, um eventuellen Käferbefall frühzeitig zu erkennen und ergreifen Maßnahmen, um geschädigte Flächen wiederaufzuforsten, beispielsweise durch gezielte Pflanzungen mit standortgerechten Baumarten oder Naturverjüngung. „Dieses Jahr haben wir Anfang Oktober bereits mehr Holz eingeschlagen als 2021“, berichtet Kilian Schäfer bei einer Rundfahrt durch den Gemeindewald, auf der er die Durchführung von zwei Erntemaßnahmen durch Spezialunternehmen begutachtet. „Gerade die Fichte leidet unter massivem Trockenstress. Das erkennt man zum Beispiel daran, dass viele Bäume ihre Nadeln bereits im Sommer im grünen Zustand abwerfen.“
Ernteeinsätze an zwei verschiedenen Standorten im Losheimer Gemeindewald, durchgeführt von zwei Spezialunternehmen mit sogenannten Harvestern.
Sein Revierleiterkollege Ralf Simon, der den Losheimer Wald seit vielen Jahren wie seine Westentasche kennt, ergänzt: „Noch erzielen wir auf dem Holzmarkt gute Preise für unser Holz. Was die nächsten Jahre aus wirtschaftlicher und ökologischer Sicht bringen, kann man heute leider schwer abschätzen. Fakt ist, der Waldumbau hin zu einem klimaverträglichen Ökosystem ist in vollem Gange und wir rechnen damit, dass die Belastungen für unsere Wälder auch künftig nicht abnehmen werden. Deshalb gilt es jetzt, Maßnahmen zu ergreifen, um dieses wichtige Ökosystem fit für die Zukunft zu machen und die Waldbestände langfristig zu stabilisieren. Dazu gehört auch die Entnahme geschädigter Bäume, die als hochwertiger Rohstoff u.a. in der Baubranche nach wie vor sehr gefragt sind.“
Das Holz aus dem Losheimer Gemeindewald ist als nachwachsender Rohstoff u.a. in der Baubranche sehr gefragt.
Dass die Entnahme einer größeren Anzahl von Bäumen, oder wie es die Förster nennen, eine so genannte Rückemaßnahme, unter Einsatz von Vollerntemaschienen (Harvester) im ersten Moment auf Spaziergänger und Naturliebhaber beunruhigend wirken kann, wissen auch die beiden Revierleiter. „Wenn wir auf einer Fläche z.B. eine größere Anzahl Fichten ernten, die vom Borkenkäfer irreparabel geschädigt sind, dann sehen die Fahrspuren, die zurückbleibenden Baumstümpfe und die meterlangen Holzpolter am Wegesrand in den ersten Wochen natürlich nicht schön aus“, so Kilian Schäfer. „Erfreulicherweise erholt sich unser Wald oft schneller, als man vielleicht denken mag. Wir setzen hier außerdem sehr häufig auf natürliche Sukzession durch Naturverjüngung mit heimischen Baumarten, die bereits auf der Fläche vorhanden sind. So wird aus einem einstigen Fichtenwald mit der Zeit ein klimaresistenterer Mischwald, der auch viel weniger anfällig für Schädlinge und Sturmereignisse ist und an dem wir uns hoffentlich langfristig als grüne Lunge und Lebensraum vieler Tier- und Pflanzenarten erfreuen können.“