Wir „Deutschen“ pflegen auch zur Beruhigung des eigenen Gewissens gerne den Mythos besonders umweltgerecht mit unseren Abfällen zu verfahren.
Bei genauer Betrachtung bekommt dieses Bild aber einige Kratzer.
Spätestens seit der Einführung des grünen Punktes und dem damit verbundenen gelben Sack (gelbe Tonne) trennen wir fleißig unsere Abfälle. Seit der Einführung der Verpackungsverordnung im Jahr 1992 bezahlen Hersteller von Verpackungen Lizenzgebühren auf den „grünen Punkt“. Damit werden die Kosten des Einsammelns und des Sortierens dieser Abfälle bezahlt. Nach dem damals weit verbreiteten Glauben, „dass der Markt es schon richtet“, ging man davon aus, dass die umgelegten Kosten einen Marktanreiz schaffen würden um die Abfallmengen zu reduzieren. Tatsächlich hat das dazu geführt, dass laut Umweltbundesamt mittlerweile ca. 70 % der Haushaltsabfälle stofflich recycelt werden. Das Ziel der verringerten Abfallmengen wurde aber gründlich verfehlt. Tatsächlich sind die Abfallmengen gestiegen.
Allein von 2000 bis 2021 ist laut Umweltbundesamt die Menge an Siedlungsabfall pro Kopf von 458 kg auf 562 kg gestiegen mit Tendenz nach oben. Europaweit gehört Deutschland damit leider zu den führenden Nationen. Die sorgfältige Mülltrennung löst also offenbar nicht das Kernproblem der immer weiter steigenden Abfallmengen.
Zur Wahrheit gehört auch, dass das stoffliche Recycling häufig ein „Downcycling“ zu minderwertigen Produkten wie Zaunpfähle und Banklatten ist und dass ein erheblicher Teil des getrennten Abfalls aus technischen Gründen nur verbrannt werden kann.
Die Abfalltrennung ist trotzdem richtig, weil ohne sie die Recyclingquoten noch schlechter wären und weil dadurch die Entsorgung des Restabfalls für uns Bürger deutlich billiger ist. Wichtiger wäre es aber endlich die anfallenden Abfallmengen zu senken. Diese Entwicklung ist etwas aus dem Blickfeld geraten während wir uns mit Müllsortieren selbst froh machen.
Dass der Müllberg von mittlerweile mehr als 600 kg Hausmüll pro Kopf und Jahr immer größer wird, liegt vor allem am zunehmenden Verpackungsmüll.
Durch geändertes Konsumverhalten lassen vor allem Einwegverpackungen die Müllmengen ausufern. Dazu zählen gerade TakeAway-Produkte wie der morgendliche Coffee to go die sich zunehmender Beliebtheit erfreuen. An diesem Beispiel lässt sich zeigen, dass To go mit Einweg eigentlich ein No Go sein sollte. Für die Anfertigung eines Coffee to go Einwegbechers benötigt man über einen halben Liter Wasser – also in der Regel mehr als für das Aufbrühen des Kaffees in dem Becher verwendet wird. Um die in Deutschland jährlich verbrauchten 2,8 Milliarden Coffee to go-Becher herzustellen, werden 1,5 Milliarden Liter Wasser und 320 Millionen kWh Energie benötigt, soviel wie 21 neue Windräder erzeugen. Durch die Produktion der jährlich in Deutschland verbrauchten Coffee to go-Becher entstehen 83.000 Tonnen CO2-Emissionen. Die Herstellung der dazugehörigen Polystyrol-Deckel verursacht zusätzlich rund 28.000 Tonnen CO2-Emissionen.
Ein Standard-Einwegbecher besteht etwa zu fünf Prozent aus dem Kunststoff Polyethylen. Für die in Deutschland jährlich verbrauchte Menge an Einwegbechern sind 1.500 Tonnen Polyethylen notwendig. Die dazugehörigen Deckel verschlingen 9.400 Tonnen Polystyrol. Für die Herstellung der Polyethylenbeschichtungen der Kaffeebecher und der Polystyrol-Deckel kommen jedes Jahr rund 22.000 Tonnen Rohöl zusammen.
Aufgrund der Kunststoffbeschichtung löst sich in Papierrecyclinganlagen meistens nur ein kleiner Teil der Papierfasern vom Becher. Der überwiegende Teil wird mit den nicht recycelbaren Resten als sogenannte „Spuckstoffe“ abgeschieden und zusammen mit dem Restmüll verbrannt. Viele Becher werden zudem als "wilder Müll" weggeworfen. Ebenso wie Plastiktüten, die in der Umwelt landen, besteht auch bei Einweg-Bechern die Gefahr, dass der Kunststoff des Bechers durch Abrieb zu Mikroplastik (also sehr kleinen Plastikpartikeln) wird. Diese Partikel können dann ins Wasser oder in den Boden gelangen - mit nicht absehbaren Folgen für Mensch und Umwelt.
Kaffeebecher sind nur ein plakatives Beispiel. Was für sie gilt, trifft grundsätzlich auf alle fertigen Mahlzeiten in Einwegverpackungen zu. Einige größerer Städte in Deutschland wie Tübingen erheben inzwischen eine Steuer auf Einweglebensmittelverpackungen. Wenn diese Beispiele sich in der Praxis bewähren, ist auch das eine Möglichkeit Einwegverpackungen unattraktiv zu machen. Einfacher wäre es aber ohne solche negativen Anreize. Am Beispiel des Coffee to go lassen sich auch Alternativen aufzeigen. In größeren Städten gibt es mittlerweile Becherpfandsysteme. Auch in Losheim werden von einzelnen Anbietern bereits Pfandbecher angeboten, allerdings nicht in einem gemeindeweiten System.
Zwei weitere Möglichkeiten bieten sich jedem an. Nehmen Sie sich fünf Minuten Zeit. Kaffee schmeckt besser wenn er in Ruhe zu Hause, im Café oder auf der Arbeit aus einer richtigen Tasse getrunken wird statt aus einem Pappbecher. Wenn es doch mal ein Kaffee für unterwegs sein muss, dann lieber im Mehrwegbecher. Es gibt sie in vielen verschiedenen Größen und ganz unterschiedlichen Materialien. Erhältlich sind Thermobecher aus Edelstahl, Becher aus Glas oder Porzellan sowie leichtere Varianten aus Biokunststoffen oder Verbundwerkstoffen. Gastronomen dürfen die eigens mitgebrachten Becher lebensmittelhygienisch problemlos befüllen.